Glyphosat-Zulassung ist kurzsichtig, rücksichts- und ahnungslos
Im Juli diesen Jahres erschien eine Studie der Universität Ulm über Glyphosat, die gezeigt hat, dass das gängige Herbizid bereits in niedrigsten Konzentrationen von 0,1 Milligramm pro Liter, wie sie in vielen unserer Gewässern zum Teil mehrfach überschritten wird, bei Kaulquappen-Embryonen bereits zu zahlreichen Defekten an Kopf, Augen und Herz führt.
Wir wissen heute, dass Glyphosat unzählige wichtige Mikroorganismen in den Böden eliminiert; so beispielsweise Bakterien, die für Insektenlarven essentielle Voraussetzung für die Entwicklung ihres Chitinpanzers sind. Das ohnehin schon dramatische Artensterben bei den Kleinstlebewesen wird dadurch massiv beschleunigt.
Glyphosat tötet ein Bakterium im Darm von Honigbienen, ohne das sie kein gesundes Immunsystem entwickeln und folglich durch zahlreiche Parasiten dezimiert werden – mit entsprechenden Folgen für unsere gesamte Ökologie. Bei Mäusen führt Glyphosat zum Abbau von Myelin, einer für die gesunde Gehirn-Entwicklung entscheidenden Substanz. Vergleichbare Wirkungen auf den Menschen sind anzunehmen, aber schwer nachweisbar. Was wir sicher wissen, dass Glyphosat zu einer Fehlzusammensetzungen der menschlichen Darmflora führt mit unabsehbaren Auswirkungen auf unsere körperliche und psychische Gesundheit.
Ein intaktes Boden-Mikrobiom mit seinen 50.000 verschiedenen Mikroben-Arten gilt heute als Garant der Multifunktionalität und damit für die Gesundheit für Pflanzen, Tiere und Menschen im Sinne des One-Health-Konzepts, weil sich der Reichtum und die Qualität des mikrobiellen Stoffwechsels über die Nahrungskette bis in den menschlichen Darm hinein fortsetzt. Mit Substanzen wie Glyphosat vernichten wir nicht nur die Kräuter auf den Äckern, sondern zerstören zahllose Mikroorganismen und greifen damit in elementare Lebensprozesse ein, die wir in ihrer Komplexität durch die Mikrobiom-Forschung gerade erst langsam zu verstehen beginnen. „Nicht krebserregend“ suggeriert „unbedenklich“ und entstammt fragwürdigen Studien der industrieeigenen Forschung.
Für jeden mit der wissenschaftlichen Literatur einigermaßen Vertrauten ist es unfassbar, mit welcher Kurzsichtigkeit, ja Rücksichtslosigkeit und offensichtlicher Ahnungslosigkeit hier die Politik angesichts des weltweiten katastropalen Artensterbens einmal mehr lukrative Geschäftsmodelle der Industrie bedient und langfristig unabsehbare Kollateralschäden in Kauf nimmt und damit das Vertrauen der Bevölkerung immer mehr verspielt. Offenbar wissen sie nicht was sie tun. Es bleibt zu hoffen, dass bei den Landwirten mehr Sachverstand und Verantwortungsbewusstsein regiert.
Dr. med. Thomas Hardtmuth, Steinheim