Selbst wer glaubt, den Wald gut zu kennen, wird nach einem Gespräch mit Leonie Betz ein erweitertes Bild dieses Lebensraums nach Hause tragen. „Wälder sind nicht nur Holz- und Frischluftquelle“, sagt sie, es gebe noch den Riesenaspekt der Erholung. Wanderer und Radfahrer nutzen den Wald, Menschen suchen Pilze, bei manchen geht die Verbindung bis über den Tod hinaus – sie lassen sich in Friedwäldern bestatten. Die Steinheimerin erzählt, wie sie die Jahreszeiten im Wald erlebt, wie es ist, bei der Arbeit unter Bäumen zu sein und danach gleich wieder mit ihren Pferden oder ihrem Hund Odin durch den Wald zu streifen.
Diese Begeisterung wird Leonie Betz ab Sonntag, 14. April, noch deutlich weiter ins Land tragen dürfen. Dann nämlich wird die 23-Jährige bei der Fachmesse „Forst live“ in Offenburg zur neunten baden-württembergischen Waldkönigin gekrönt. Ihre Vorgängerin Eva-Maria Speidel wird ihr die Krone aufsetzen, sie wird mit Schärpe und hölzernem Zepter ausgestattet. Einer ihrer ersten offiziellen Termine wird eine Baumpflanzaktion in Steinheim am 25. April sein.
Die neue Königin hat ein Herrschaftsgebiet von 1,4 Millionen Hektar in Baden-Württemberg
Die Thronfolge einer Waldkönigin hat nichts mit der üblichen Erbmonarchie zu tun. „Normalerweise bewirbt man sich, dann durchläuft man ein Auswahlverfahren“, erzählt Leonie Betz. Bei ihr war es anders: Die gelernte Forstwirtin ist in sozialen Medien aktiv, und als junge Frau, die mit schweren Motorsägen umgehen kann, fällt man da offenbar auf. „Die bisherige Waldkönigin wurde auf mich aufmerksam und schrieb mir: Willst du dich nicht bewerben?“ Sie wollte, und bewarb sich beim Kuratorium, das sich aus dem Verein Waldarbeitsmeisterschaften, der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, dem Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft und der Forstkammer Baden-Württemberg zusammensetzt. Nach anderthalb Stunden Gespräch war klar: Die nächste Waldkönigin heißt Leonie. Und die wird für zwei Jahre ein Herrschaftsgebiet von rund 1,4 Millionen Hektar haben – diese Fläche umfasst der Wald in Baden-Württemberg.
2019 schloss die junge Frau ihre Ausbildung zur Forstwirtin ab, ihre Ausbildungsstätte war der Forstliche Hauptstützpunkt in Bartholomä. „Ich hatte vorher viel ausprobiert“, erzählt sie über ihre Berufswahl, sie habe eine Arbeit gesucht, bei der sie die Jahreszeiten auch mitbekomme. „Und ich wollte mit den Händen arbeiten und am Ende des Tages ein Ergebnis sehen“, fügt Leonie Betz hinzu. Bei der Waldarbeit gebe es immer ein Ergebnis, das man auch anfassen könne. Auch wenn sie noch jung ist, streift sie heute schon mit zahllosen Erinnerungen durch die Wälder der Region: „Ich sehe überall Bäume, die ich gepflanzt habe, Wald, den ich gepflegt habe oder ich erinnere mich daran, einen bestimmten Baum gefällt zu haben.“ Dass sie etwas für ihre Heimat bewirken kann, findet sie ideal.
Im Gespräch mit der angehenden Waldkönigin ist ihre Energie überdeutlich zu spüren. Die braucht sie im Alltag auch. Die 23-Jährige ist als Forstwirtin bei der Gemeinde Böhmenkirch angestellt. Damit übt sie einen Beruf aus, der immer noch als einer der körperlich anstrengendsten und gefährlichsten gilt. Eine Männerdomäne? Leonie Betz winkt ab: „Der Frauenanteil ist zwar immer noch klein, er nimmt aber zu.“ Technische Entwicklungen wie akkubetriebene Fällkeile oder immer leistungsstärkere und zugleich leichtere Motorsägen sorgten dafür, dass reine Körperkraft nicht mehr im Vordergrund steht. Mehrere Unternehmen aus der Forstbranche haben die Forstwirtin mittlerweile auch als Model entdeckt und sie für Werbefotos engagiert.
Du darfst natürlich nicht auf die Gosch gefallen sein.
Leonie Betz, Forstwirtin und Waldkönigin
Sie räumt aber auch ein, dass Männer bisweilen skeptisch seien, ob sie diesen Job denn beherrsche. „Natürlich bin ich auch schon mal schräg angesprochen worden, aber wenn sie dann mal mit mir arbeiten, merken sie, was ich kann“, sagt sie und fügt lachend hinzu: „Du darfst natürlich nicht auf die Gosch gefallen sein.“
Viele Termine für die neue Königin
In ihrer zweijährigen Amtszeit als baden-württembergische Waldkönigin wird Leonie Betz aber nicht nur als Botschafterin für die Forstwirtschaft dienen, sondern den Wald im Südwesten mit allen Aspekten vertreten. Dazu werden auch bundesweite Auftritte gehören, etwa auf der „Grünen Woche“ in Berlin. Ihre Vorgängerin hat in den zwei Jahren rund 70 öffentliche Auftritte absolviert, die künftige Queen geht davon aus, dass es bei ihr mindestens ebenso viele Termine werden. Und sie ist entschlossen, ihre Begeisterung für den Wald ins Land hinauszutragen. Genügend Gelegenheiten wird es geben, die bisherigen Waldköniginnen tauschten sich mit Politikern und Wirtschaftsvertretern, mit dem Naturschutz ebenso wie vor allem mit Bürgerinnen und Bürgern aus.
Infos zur Waldkönigin
Die künftige baden-württembergische Waldkönigin kann für öffentliche Auftritte gebucht werden. Informationen gibt es unter www.waldkoenigin-bw.de.