In das Land der unbegrenzten Möglichkeiten führte der Musikverein Steinheim sein Publikum am Samstagabend in der Albuchhalle Steinheim. „Route 66“ war das Motto des Konzerts, und entlang der legendären Straße unternahm das Blasorchester einen musikalischen Roadtrip, den das Publikum am Ende mit Standing Ovations belohnte.
Die Harley-Davidson stand in der wieder aufwändig dekorierten Albuchhalle bereit, und das Große Blasorchester des Musikvereins Steinheim unter der Leitung von Jan Jäger hatte ein vielseitiges Programm zusammengestellt, um den „American Way of life“ klanglich darzustellen. Zum Beispiel die „Appalachian Overture“, die das beeindruckende Gebirge, einst Begrenzung für weiße Siedler, heute einer der schönsten Fernwanderwege der Vereinigten Staaten, in seiner wechselvollen Prägung eindrucksvoll darstellte. Ein Blues gehört zur amerikanischen Musiklandschaft unbedingt dazu, und der „St. Louis Blues“ erfüllte in dieser Beziehung alle Wünsche: ein wenig düster, ein wenig melancholisch, aber doch betörend anziehend in seiner Dichte und Wärme, in die sich gut einsinken ließ. „Clarinet in motion“ war eine eben solche Attraktion: Solist Wolfgang Mack, von jeher mit dem Musikverein Steinheim verbunden, gab hier ein weiteres Mal ein Beispiel seiner unglaublichen Virtuosität. Schnelle Läufe, unerreichbar scheinende Höhen – es war brillant, wie Mack dieses Stück mit all seinen Wechseln umsetzte, und das Publikum wusste das mit großem Applaus zu würdigen.
Marsch und luftige Höhen
Mit „Funk attack“ wurde ein weiteres Beispiel amerikanischer Musik beleuchtet, und das Publikum ließ sich von dieser energiegeladenen Komposition in der mitreißenden Umsetzung sehr gerne attackieren. Der Marsch spielt eine große Rolle in der amerikanischen Tradition, und das Publikum erlebte diese mit „76 Trombones“ als ein Paradestück für ein Blasorchester, und die Musikerinnen und Musiker des Musikvereins Steinheim parierten dies erwartungsgemäß glänzend. Blasmusik kann aber auch anders, ganz fein, zart und fragil: Zum Schweben gar lud das Orchester das Publikum ein mit der Komposition „Where never lark or eagle flew“, der Vertonung eines Gedichts eines amerikanischen Fliegers über das Gefühl, in luftigen Höhen zu sein. Und das wurde auch zum geradezu himmlischen Genuss: Die Komposition mit fast schon ätherischen Passagen sorgte für andächtige Stille und so manchen Zuhörer mag sie gedanklich dahin getragen haben, wo niemals Lerche oder Adler flogen.
Im Programm waren aber auch Beispiele moderner amerikanischer Musik: Mit Beyoncés „Crazy in love“ versetzte das Blasorchester das Publikum gleich zu Beginn in Partystimmung, die mit Neil Diamonds „Sweet Caroline“ wieder aufgenommen wurde. „Don’t stop believin‘“, längst ein Rockklassiker geworden, holte das Publikum nach der Pause sehr schmissig wieder ab. Und das Orchester überzeugte auch mit Rock und Pop durchweg, zwei Sparten, die den Roadtrip trefflich ergänzten, der damit eine ganze Bandbreite amerikanischer Musik abdeckte. Und sollte sich das Publikum auf dem genussreichen Trip über die Route 66 noch gefragt haben, ob das nicht auch der Weg nach Amarillo sei, dann wurde diese Frage auch vom Blasorchester aufgenommen: Bei Tony Christies Evergreen als Zugabe geriet das Publikum vollends aus dem Häuschen, und wenn es auch nicht die Antwort auf die Frage im Titel wusste, so doch, wo die „Schalalas“ kommen und an welchen Stellen zu klatschen ist. Am Ende hielt es niemanden mehr auf seinem Stuhl: Es gab langen Beifall im Stehen – der Roadtrip der Extraklasse mit den exzellenten Musikern hatte voll und ganz überzeugt.
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