Vernissage

Lichterringe, Walgesänge, Spiegeldecken: Das Heidenheimer Lichtkunstfestival auf Schloss Hellenstein ist eröffnet

Auf Schloss Hellenstein wurde das zweite Heidenheimer Lichtkunstfestival eröffnet. Was das Festival zu bieten hat und ob sich ein Besuch lohnt:

Der zweite Anlauf ist der schwerste. Das wissen Musiker, deren Debütalbum ein – insbesondere unerwarteter – Triumph war. Und das wissen Serienmacher, die eine grandiose erste Staffel fabriziert haben und diesen Erfolg nun zwangsläufig fortführen müssen. „Sophomore slump“, sagt man dazu im Englischen, ein Einsturz im zweiten Jahr, in der zweiten Runde. In dieser Hinsicht stand der Whild Stage in diesem Jahr eine Herkulesaufgabe bevor. Die erste Auflage des Lichtkunstfestivals auf Schloss Hellenstein war nicht nur ein zurecht hochgelobtes Unterfangen gewesen, sondern auch sehr gern gesehener frischer Wind für die hiesige Kulturszene. Am Freitag wurde nun das zweite Lichtkunstfestival mit einer Vernissage eröffnet. Und? „Slump“ oder „no slump“?

Ganz klar und vorweg: „no slump“. Trotz Regenkulisse erstrahlte das Schloss in den Abendstunden einmal mehr in völlig neuem Glanz. Man muss sich schon anstrengen, um einen Schlosswinkel zu finden, der ganz und gar im Schatten liegt. „Licht am Ende des Tunnels“ lautet das diesjährige Motto des Festivals. Und wer, wenn nicht die jungen Leute, könnten dieses Licht anknipsen und der Bevölkerung Hoffnung machen, attestierte Bürgermeistern Simone Maiwald in ihrer Eröffnungsrede.

Das Lichtkunstfestival hat dazu geführt, dass sich in Heidenheim etwas verändert hat, dass man wieder stolz auf seine Stadt und dessen Wahrzeichen sein kann.

Florian Görlitz, Whild Stage

„Das zweite Mal ist das schwerste“, wusste auch Maiwald. „Aber ihr habt euch in gewissem Maße professionalisiert“, sagte sie an die Whild Stage gerichtet. Musste der Verein auch, wie Mitglied Florian Görlitz anmerkte. Mit Erfolg: „Das Lichtkunstfestival hat dazu geführt, dass sich in Heidenheim etwas verändert hat, dass man wieder stolz auf seine Stadt und dessen Wahrzeichen sein kann“, so Görlitz. „Wir wollen euch staunen sehen und dass ihr euch faszinieren lasst“, lautete sein Appell an die Besucherinnen und Besucher.

Faszinieren lassen kann man sich bereits vor Betreten des Schlosses. Mittels Mapping wird das Braungrau der Mauern durch intensive und sich stetig transformierende Farben und Muster ersetzt. Das Künstlerkollektiv Arche Goah, welches diese Disziplin aus dem Effeff beherrscht, sorgt nicht nur dafür, dass die Schlossmauern und -wände täglich anders aussehen – jeder Besuch soll demnach anders sein als der andere. Arche Goah hat zudem die große Linde im „Zwetschgagärtle“ mit Licht-Lianen versehen, welche wie pulsierende Adern in die Baumkrone hinaufwachsen.

Bei dem Werk „Body Line“ ist die Künstlerin Sanna Sand regungslos und dauerhaft präsent. Foto: Rudi Penk

Rund ein Dutzend Beamer kommen im Rahmen des Lichtkunstfestivals zum Einsatz. Einer davon strahlt ein Gemälde im Schlosshof an, welches der Künstler laut eigener Aussage in gerade mal einem Arbeitstag erstellt hat. Dank Mapping verwandelt sich das Werk in ein permanent mutierendes Erlebnis, das einem LSD-Trip gleichen möchte.

Freilich nutzt das Festival auch die Innenräume des Schlosses, oftmals bewusst in Verbindung mit der Architektur. Die Franzosen von Collectif Scale, die bereits im vergangenen Jahr eines der Ausstellungs-Highlights präsentiert haben, zeigen nun ihre wohl poetischste Installation. Bei der kinetischen Show „Hulahoop“ tanzen und drehen sich mehrere Leuchtringe im Takt der Musik. Das Logo der Olympischen Spiele mag über fünf Ringe verfügen, Collectif Scale setzt da locker einen drauf.

Walgesänge und Spiegeldecken auf Schloss Hellenstein

Besonderes Augenmerk liegt darüber hinaus auf den Eigenkreationen der Whild Stage. Dazu zählt etwa „Die Wahl des Wals“, eine Installation von Florian Görlitz und Jan Schulz alias Padajan im Torbogen des Schlosses. Gesänge von Buckelwalen begleiten eine Woge aus blauen Laserstrahlen, welche einer Meeresdecke gleichkommt und das Festival kurzerhand auf eine Reise in die Untiefen der See verfrachtet.

Der Marstall, der nicht zuletzt als Dancefloor für die beiden Raves dient, erhält eine Art temporäre Decke. Mittels Traversen haben Hagen Sablotny, Fabian Tauer, Robin Peichl und Frederic Balle Spiegelelemente über den Köpfen der Besucher angebracht, die wiederum von LED-Lichtern umrahmt werden. Ein Blick nach oben lohnt sich also allemal. Und ein Besuch auf dem Lichter-Schloss sowieso.

Infos zu Programm und Öffnungszeiten

Das Lichtkunstfestival kann täglich von 18 bis 24 Uhr besucht werden. Am Mittwoch, 30. April, findet ab 18 Uhr ein musikalischer Abend mit Martin Sörös statt, am Donnerstag, 1. Mai, gibt es ab 12 Uhr einen Familientag, und am Samstag, 3. Mai, findet das Festival ab 19 Uhr seinen Abschluss bei einem Finissage-Rave.

Der Eintritt zur Ausstellung erfolgt auf Spendenbasis. Tickets für den Abschluss-Rave sowie den musikalischen Abend sind unter lichtkunst-festival-heidenheim.de erhältlich. Am 30. April sowie am 3. Mai ist der Eintritt zum gesamten Ausstellungsgelände kostenpflichtig. Während des Festivals kann das Schloss nur über den südlichen Eingang von der Schloßhaustraße aus betreten werden. Weitere Infos zu Line-up, Führungen, Programm und Tickets gibt es auf Instagram unter @lichtkunst_festival sowie unter lichtkunst-festival-heidenheim.de.

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