Der 2:0-Heimerfolg gegen den 1. FC Union Berlin wurde von den Spielern des 1. FC Heidenheim auch vor der Osttribüne der Voith-Arena gefeiert. Dabei versuchte Niklas Dorsch seinen neuen Mitspieler Frans Krätzig immer wieder näher Richtung der Fans auf der Tribüne zu ziehen. Damit brachte Dorsch zum Ausdruck, welch großer Anteil des Sieges seiner Meinung nach dem Torschützen des erlösenden 1:0 gebührte (17. Minute).
Ich bin nicht der Typ, der da vorne jetzt eine Party veranstaltet.
Frans Krätzig
Krätzig allerdings riss sich immer wieder los und blieb lieber ein Stück weiter im Hintergrund. Wollte er nicht als Matchwinner gefeiert werden? „Na, na“, winkte der gebürtige Nürnberger auf Fränkisch ab. „Es ist ein Mannschaftssport, da kann man einmal kurz applaudieren vorne. Ich bin aber nicht der Typ, der da vorne jetzt eine Party veranstaltet“, so Krätzig, der scherzend anfügte: „Das kann vielleicht der Dorschi besser.“
Der 21-Jährige stand, im Gegensatz zu Budu Zivzivadze, nach seiner Verpflichtung in der Winterpause (Leihe vom FC Bayern München) durchaus überraschend in der Heidenheimer Startelf. „Für die meisten war es sicherlich unerwartet, auch, was die Position betrifft“, erklärte Frank Schmidt, der Krätzig auf der linken Seite im offensiven Mittelfeld aufbot. Und das aus einem bestimmten Grund: „Wir haben gesehen, dass Union den rechten Verteidiger oft sehr hoch spielen lässt. Da habe ich mir gedacht, ihn (Krätzig) da spielen zu lassen, da er auch in Offensive seine Stärken hat“, so der FCH-Trainer.
Die Idee ging auf. Während sich Zivzivadze teilweise noch schwertat, aber sowohl an der Roten Karte für Berlins Tom Rothe und am 2:0 beteiligt war (83. Minute/Adrian Beck), vermittelte Krätzig den Eindruck, dass er schon länger beim FCH spielt. Das 1:0 spielten die Gastgeber auch mustergültig heraus. Nach einem Pass von Paul Wanner bediente Leo Scienza Krätzig im Berliner Strafraum, der wiederum mit links vollendete. Von Schmidt gab es ein „Riesenlob“ für den Treffer. „Das war überragend, wie er da reinläuft und den Raum besetzt und eiskalt abschließt. Der Ball war schwer zu nehmen.“. Krätzig selbst sagte: „Ich habe mir das Tor noch einmal angeschaut. Das sah wirklich nicht schlecht aus.“
Ich darf wieder in der Bundesliga spielen. Es ist Freude und Vorfreude genug, da auflaufen zu dürfen und zu zeigen, was ich drauf habe.
Frans Krätzig
Dabei sollten er und Zivzivadze ein Stück Unbekümmertheit in die Mannschaft bringen, da sie mit dem Negativlauf des FCH nichts zu tun gehabt hatten, erklärte FCH-Coach Schmidt seine Hoffnung. Krätzig, der durchaus gespürt habe, dass der FCH unter Druck stand, hatte zuvor allerdings auch keine leichte Phase gehabt. Er war an den VfB Stuttgart verliehen – kam dort allerdings auf kaum Einsatzzeiten. Sein Premierentor in der Bundesliga habe auch bei ihm „nach einer lehrreichen, vielleicht auch schwierigen Zeit“, viel gelöst, räumte er ein. Auf jeden Fall hat er den besonderen Treffer sehr laut gefeiert. Er betonte aber auch, dass er sich freue, beim FCH spielen zu dürfen, ein Tor gemacht zu haben, „und dem Team und dem Verein einfach ein bisschen zu helfen“. Und: „Ich darf wieder in der Bundesliga spielen. Es ist Freude und Vorfreude genug, da auflaufen zu dürfen und zu zeigen, was ich drauf habe.“
Die Phase seiner Verpflichtung habe er als „turbulent“ wahrgenommen. Krätzig flog zunächst ins Trainingslager nach Algorfa nach und trainierte vor dem Spiel gegen Union Berlin nur einmal am Freitag, 10. Januar, in der Voith-Arena. An diesem Tag war aber auch klar, dass er von Beginn an auflaufen wird dürfen. Und zwar unter anderem mit Paul Wanner, der ebenfalls vom FC Bayern ausgeliehen ist. „Es ist sicherlich ein Vorteil, wenn du jemanden kennst, der dich, lieb gesagt, an die Hand nimmt. Das ist besonders“, so Krätzig.
Toll trifft’s ganz gut, ich mag das Wort.
Frans Krätzig über seinen Einstand
Insgesamt stand er 72 Minuten auf dem Platz – mehr als in der gesamten Vorrunde bisher. War es also ein toller Tag? „Toll, trifft's’s ganz gut, ich mag das Wort“, so Krätzig. Ein Sieg, erstes Bundesligator. Das war schon besonders heute.“ Allerdings sei nicht alles gut gewesen, reflektierte der 21-Jährige. „Mit der ersten Halbzeit war ich zufrieden, auch wenn wir ein, zweimal Glück hatten und Mü (Torhüter Kevin Müller) gut rettet. Wir hatten gute Ballbesitzphasen, die wir vielleicht ein bisschen besser zu Ende spielen können“, fand Krätzig auch verbesserungswürdige Sachen. „Die Rote Karte hat uns in die Karten gespielt, aber irgendwie dann auch nicht. Die zweite Halbzeit war wilder, es gab viel Hin und Her. Da konnten wir in Überzahl nicht so unseren Stempel aufdrücken.“ Den Sieg habe der FCH aber „gut über die Bühne“ gebracht.
War es denn keine Last, als Neuzugang gleich eine tragende Rolle zu übernehmen? „Man kann das als Last interpretieren, aber für mich war’s mehr eine Aufgabe, die Spaß macht. Wenn man es als Last sieht, ist es mehr belastend, als man das gut ummünzen kann in Freude“, erklärte Krätzig. „Du bist ja als Neuzugang gekommen, um ein bisschen frischen Wind reinzubringen, Unbekümmertheit an den Tag zu legen, ein bisschen wieder ein Lachen reinzukriegen.“
Das Trikot wird auf jeden Fall behalten.
Frans Krätzig zu seinem Premierentor in der Bundesliga
Premierentor in der Bundesliga („das Trikot wird auf jeden Fall behalten“, so Frans Krätzig), entscheidender Spieler beim 2:0-Sieg – muss man da trotzdem bodenständig bleiben? „Ich glaube, das muss man nicht. Aber ich glaube, so bin ich als Person, ich versuche das einfach in die nächsten Wochen mitzunehmen. Natürlich war es heute wunderschön. Das muss man heute noch genießen. Aber dann richtet sich der Blick auf Mittwoch.“
Dann nämlich tritt der FCH beim SV Werder Bremen an (20.30 Uhr). Krätzig ist sich sicher, dass der Sieg gegen Union viel auslösen kann. „Das bringt dich ins langsame Anfahren. Aber das müssen wir weiter befeuern.“ Und er sagt: „Es freut mich umso mehr, dass da etwas entsteht. Vielleicht passiert da noch etwas mehr.“
Wenn’s nach den Fans – und auch Niklas Dorsch geht – darf Frans Krätzig weiter so auftreten und „schlau spielen“, das er wie folgt erklärt: „Mit Finesse spielen, Gespür für Räume haben, Fußball verstehen und versuchen Situationen zu kreieren, die besonderer sind und da einfach meinen Stempel aufzudrücken.“