Joerg, Edgar Joerg. In feinem Zwirn lässt der 64-Jährige an der Seite von Sohn Michael seinen Blick lässig über die schottischen Highlands gleiten. Eine Szene, die einigen Filmenthusiasten ziemlich bekannt vorkommen dürfte. An gleicher Stelle, im Glen Etive, standen gut 13 Jahre zuvor der James-Bond-Darsteller Daniel Craig und Judi Dench (in der Rolle als „M“) bei den Dreharbeiten von „Skyfall“, dem 23. Film der Agentenreihe.
Für ein Foto ging es fünf Stunden durch die Highlands
Doch wie so häufig taucht auch in der grünen, hügeligen Landschaft die FCH-Fahne auf, die die dreiköpfige Reisegruppe im Gepäck hat. Der Grund der Reise war nicht – oder besser gesagt: nicht nur – der Besuch des Drehorts, sondern das dritte internationale Auswärtsspiel des 1. FC Heidenheim. Doch ganz ohne Programm geht es für Edgar und Michael Joerg sowie Uwe Mauch nicht. „Ich bin auch Mitglied im James-Bond-Fanclub Deutschland“, sagt Edgar Joerg, der mit dem Motorrad schon mehrfach in Schottland unterwegs war. Deshalb sei Heart of Midlothian bei der Ziehung der Gegner Ende August ein Traumlos gewesen, so Joerg. Trotz einer kurzen Nacht und den leichten Nachwirkungen eines Pub-Abends stieg das Trio in den Mietwagen und fuhr am Spieltag zweieinhalb Stunden in Richtung Loch Leven – und zurück. „Mein Vater und ich haben ein Faible für Drehorte, bei ihm ist das James-Bond-Thema natürlich etwas größer“, erzählt Michael Joerg, „aber schon die Fahrt durch die Highlands war ein Erlebnis.“
Doch die Reminiszenz an den britischen Geheimagenten blieb nicht der einzige Programmpunkt. Am Mittwoch vor der Conference-League-Partie in Edinburgh gab es bereits am Flughafen ein großes Hallo. Eine halbe Stunde nach der Reisegruppe landete die Heidenheimer Mannschaft und wurde herzlich empfangen. „Für Patrick Mainka gab es Glückwünsche zum Geburtstag und wir haben uns mit ein paar Spielern unterhalten“, erzählt Edgar Joerg.
Viel Zeit blieb dafür nicht. Nach dem Check-in im Hotel ging es auf eine Tour durch die landestypischen Ess- und Trinkbräuche. „Wir probieren alles aus“, erläutert Uwe Mauch das kulinarische Motto. Die erste Station war die Teatime. Neben dem Tee mit Milch aßen sich die drei durch eine Etagere, die mit typischen Speisen gefüllt war. Haggis sei auch dabei gewesen, so Michael Joerg. „Eine Gabel davon hat mir aber gereicht“, verrät er über die Kostprobe des mit Innereien gefüllten Schafsmagens.
Nach der Teatime gab es Whisky und Live-Musik
Deutlich besser schmeckte ihm die Spezialität beim zweiten Stopp. Zusätzlich zu einigen geschichtlichen Hintergründen des schottischen Whiskys kamen die drei dem goldbraunen Nationalgetränk bei der Verköstigung an der dortigen Prachtstraße, der Royal Mile, auch geschmacklich näher.
Nach Tee und Whisky war Zeit zum Feiern: In einem urigen Pub wurde noch über die Feinheiten des regionalen Biers gesprochen und die aktuelle Form des FCH diskutiert. „Es war ein richtig schöner Ausklang des ersten Tages mit toller Live-Musik“, sagt Uwe Mauch.
Dass die drei Tage in Schottland reibungslos verliefen, daran hatte Michael Joerg einen großen Anteil. „Ich bin da Perfektionist und habe eine Vorliebe für Flüge und die Reiseplanung“, verrät er. Und das tat er nicht zum ersten Mal. Bereits beim zweiten Spiel der Ligaphase hatte er die Organisation in die Hand genommen. Dass der FCH bald noch einmal international spielt, werde wohl nicht so schnell wieder passieren, so der Böblinger.
Die Reiseplanung startete mit der Auslosung
„Deshalb haben wir nach der Auslosung gleich die Flüge gebucht“, erzählt Joerg. Und damit die historischen Ausflüge der Heidenheimer unvergesslich bleiben, wird für jede Reise der passende Rahmen geschaffen. „Wir haben eine größere Whatsapp-Gruppe, dort schreibe ich die Flugdaten für die besten Verbindungen rein, und wer mitmöchte, kann dann buchen“, erzählt der Böblinger, der für alle Teilnehmer einen genauen Zeitplan mit allen Programmpunkten von der An- bis zur Abreise zusammenstellt.
Nach Zypern reiste ein Sextett – darunter auch Volker Beck, Vater von FCH-Profi Adrian – der Whatsapp-Gruppe „Lebe deinen Traum“, die nach und nach bis auf 26 FCH-Fans angewachsen ist. Zuvor wurde auch schon in Göteborg mitgejubelt. Während es in Edinburgh ins Hotel ging, teilte man sich auf der Mittelmeerinsel eine Villa mit Pool. „Das Gemeinschaftliche dort war auch besonders, es war in der Nähe des Strandes und wir haben tolle Tage erlebt“, sagt Uwe Mauch, der quasi der Gründungsvater der gut gelaunten Reisegruppe ist.
Per Zufall entstand die Reisegruppe vor acht Jahren beim FCH-Sieg in Stuttgart
Am 9. September 2016 traf er Edgar Joerg am Rand des 2:1-Sieges des FCH in Stuttgart. „Er war damals noch VfB-Fan und wir sind an der S-Bahn-Station in Böblingen ins Gespräch gekommen“, blickt der Heidenheimer zurück. Und nach Spielende gab es am Bahnsteig das Wiedersehen. Nach einem zwischenzeitlichen Treffen folgte im Rückspiel der Gegenbesuch in Heidenheim. „Da war ich das erste Mal auf dem Schlossberg, und es war unglaublich“, erinnert sich Edgar Joerg, der fortan den VfB-Schal gegen das Heidenheimer Trikot tauschte, Mitglied und Dauerkartenbesitzer blieb. Sohn Michael wurde beim historischen Pokalviertelfinale in München zum FCHler „bekehrt“. Und die kleine Gruppe wurde immer größer und geht seit dieser Saison auf große Europareise.
Der nächste Stopp ist Istanbul: Wenn der 1. FC Heidenheim am 12. Dezember beim Stadtteilclub Basaksehir spielt, wird wohl eher eine kleinere Gruppe Frank Schmidt und Co. an den Bosporus begleiten. Michael Joerg und Uwe Mauch haben bereits gebucht, Vater Edgar grübelt noch. Auf jeden Fall fehlt ein Fanutensil der Gruppe. Die Fahne, die das Cockpit beim Hinflug und die Highlands schmückte, hat den Weg zurück bis nach Deutschland nicht geschafft.
Sie hängt fortan in einem der Pubs unweit des Stadions von Heart of Midlothian. „Wir haben nach dem Spiel dort noch lange mit einigen Heimfans gefeiert“, erzählt Edgar Joerg, bei dem die drei Tage in Schottland als „unvergesslich“ in Erinnerung bleiben werden. „Neben dem Aufstieg in Regensburg war das schon das absolute Highlight“, fügt Sohn Michael hinzu. Und der Dritte im Bunde, Uwe Mauch: „Es war unglaublich mit den vielen FCH-Fans, wir waren sehr gute Botschafter für Heidenheim.“