Welche Sprache ist das bloß? Das fragte sich Adrian Beck, als er im September 2019 den Worten seines neuen Trainers Brian Rice bei einer Videoanalyse lauschte. Oder besser gesagt: Er versuchte es. „Da dachte ich mir: Ich kann doch Englisch, aber das hatte nichts mit Englisch zu tun“, blickt der 27-Jährige auf die Verständigungsprobleme in seinen ersten Tagen beim schottischen Erstligisten Hamilton Academical zurück. Der Dialekt blieb nicht die einzige schottische Eigenheit, an die er sich gewöhnen musste. Vor dem Auswärtsspiel des 1. FC Heidenheim in der Conference League bei Heart of Midlothian am Donnerstag, 7. November, um 21 Uhr spricht der Mittelfeldspieler über seine Erlebnisse in Schottland und die kommende sportliche Aufgabe.
Kurze Hosen bei fünf Grad und verschmähte Innereien auf dem Teller
So schwer ihm die Verständigung anfangs fiel, es brachte den damals 22-Jährigen, der auf Leihbasis vom belgischen Club Union Saint-Gilloise gekommen war, in seiner persönlichen Entwicklung weiter. „Es gab dort kaum jemanden, der Deutsch gesprochen hat, und dadurch war ich gezwungen, den Kontakt zu den anderen zu suchen“, so Beck. Und das ging nur in dem Englisch, das in der 50.000 Einwohner großen Stadt eben gesprochen wurde. Doch die sprachliche Hürde war nicht die einzige, die es zu überwinden gab. Markant war auch das typisch britische Wetter. „Wenn es fünf Grad hatte und mal nicht geregnet hat, kamen einige Mitspieler noch in kurzer Hose zum Training, während ich schon an Winterjacke und Mütze gedacht habe“, sagt Beck mit einem Lachen. „Für sie war es schönes Wetter.“ Gewöhnungsbedürftig waren für den gebürtigen Crailsheimer auch die Eigenheiten der schottischen Küche. Mit dem dort üblichen Reis mit Bohnen kam er noch zurecht, beim traditionellen Nationalgericht winkte er jedoch ab. „Meine Mitspieler wollten mir Haggis andrehen, aber ich habe abgelehnt“, erzählt er über sein abgewendetes kulinarisches Erlebnis mit dem gekochten Schafsmagen, der mit Innereien gefüllt ist.
Es ist sehr friedlich, jeder geht ins Stadion, um sein Bier zu trinken und mitzusingen.
FCH-Profi Adrian Beck
Deutlich mehr ins Schwärmen gerät Adrian Beck, wenn er über die Eigenheiten des schottischen Fußballs spricht – und dessen Fans. „Der Fußball ist dort sehr physisch geprägt“, sagt er. In seinen gut fünf Monaten im Norden Großbritanniens konnte er in der Scottish Premiership die Intensität bei sechs Spielen am eigenen Leib erfahren, mit einigen Highlights: Sowohl im Stadion von Serienmeister Celtic Glasgow als auch bei dessen Erzrivalen Glasgow Rangers erlebte er die besondere Stimmung auf dem Rasen. „Die Menschen leben den Fußball. Auch wenn die Qualität der Liga nicht so hoch ist, sind die Stadien meist voll, und die Fans sind sehr emotional dabei“, so Beck.
Heart of Midlothian: Viel Tradition und Titel in der Vergangenheit
Die Atmosphäre rund um ein Derby bekam er damals ebenfalls hautnah mit: „Ich war einmal in Edinburgh, als Hearts und Hibernian gegeneinander gespielt haben. Da gibt es eine große Rivalität, beide Vereine haben sehr viele Fans.“ Besonders im Gedächtnis geblieben ist dem FCH-Profi die Stimmung in den Arenen, wenn nicht gerade ein hitziges Derby anstand. Die Stadien seien sehr voll gewesen, erinnert sich Beck. „Aber es ist sehr friedlich, jeder geht ins Stadion, um sein Bier zu trinken und mitzusingen“, sagt er.
Sie haben Qualität, ich erwarte deshalb ein enges Spiel.
FCH-Profi Adrian Beck
Darauf dürfen sich die über 800 Heidenheimer Fans, die den FCH begleiten, am Donnerstag freuen. Beck spielte zwar nicht in der ersten Liga im Tynecastle Park, kennt das Stadion der Gastgeber aber aus seinem Einsatz bei der Hamilton-Reserve. „Als ich dort gespielt habe, waren zwar nur wenige Zuschauer da, aber es ist ein cooles Stadion mit steilen Tribünen, die eigentlich immer voll sind“, erzählt er. Die großen Erfolge liegen bei Heart of Midlothian, die eigentlich nur „Hearts“ genannt werden, schon einige Jahre zurück. Die letzte der vier Meisterschaften datiert auf das Jahr 1960, und vor zwölf Jahren feierte der Hauptstadtclub seinen achten Finalsieg im schottischen Pokal. In der Gegenwart dümpelt der Dritte der Vorsaison jedoch im Tabellenkeller herum.
„Sie haben vor kurzem ihren Trainer gewechselt, seither läuft es besser“, berichtet Beck. Seit dem Dienstantritt von Coach Neil Critchley sammelten die „Hearts“ sieben Punkte in vier Spielen und arbeiteten sich auf den vorletzten Rang vor. Deutlich besser läuft es in der Conference League: Wie der FCH haben die Schotten ihre ersten beiden Spiele gewonnen. „Es ist kein Gegner, bei dem man so einfach drei Punkte holt“, sagt der 27-Jährige. „Sie haben Qualität, ich erwarte deshalb ein enges Spiel.“
Ganz sicher ist Beck in einer Sache: Dass sich die Heidenheimer Fans in Edinburgh pudelwohl fühlen werden. „Ich war an freien Tagen oder wenn ich Besuch hatte häufig dort“, blickt er zurück. „Es ist eine schöne Stadt, mir hat es sehr gefallen.“ Und auch in Sachen Essen gibt Adrian Beck Entwarnung: „Dort gibt es viele gute Restaurants und Pubs.“
undefinedundefined