Am gestrigen Montag „feierte“ Michele Lampariello Geburtstag, allerdings nicht den Tag seiner Geburt vor etwas mehr als 70 Jahren im süditalienischen Calitri, sondern den seiner Rettung. Bei einem Schiedsrichtereinsatz beim Hallenturnier in Sontheim war der Herbrechtinger am 13. Januar 2024 im gewissen Sinne dem Tod von der Schippe gesprungen. Mitten im Spiel erlitt er einen Herzinfarkt, wurde nur dank der spontanen Wiederbelebungsmaßnahmen von zwei Spielermüttern gerettet (wir berichteten).
Richtig gefeiert wurde bei den Lampariellos am Montag natürlich nicht. „Man macht sich so seine Gedanken“, erklärt der gebürtige Italiener und fügt an: „Man denkt immer, mir kann das nicht passieren, aber so ist es nicht.“ Als Nichtraucher und Sportler, der auch familiär nicht gesundheitlich vorbelastet ist, gehörte er kaum zur Risikogruppe, eine wirkliche Erklärung für den Infarkt hatten auch die Ärzte nicht.
Dankbarkeit und Humor nach dem Herzinfarkt
Doch es ging alles gut, dank der Ersthilfe und der guten Betreuung im Krankenhaus konnte Lampariello am Abend dieses Tages schon wieder die Sportschau ansehen. Seinen Humor hat er nicht verloren. „Jetzt habe ich halt eine Fußballmannschaft drin“, kommentiert der sportaffine Senior die elf Stents, die Implantate, die ihm in die Gefäße gesetzt wurden. Alle Nachuntersuchungen verliefen gut und so blickt Lampariello, der jede Woche zum Koronarsport geht, optimistisch in die Zukunft.
Und er dankt weiter seinen Retterinnen Bianca Lang und Nicole Kugler, zu denen er immer wieder mal Kontakt hat und die auch vom 1. FC Heidenheim am letzten Spieltag der vergangenen Bundesligasaison (4:1-Sieg über Köln) geehrt wurden. Beim FCH ist man froh, dass der Schiedsrichterbetreuer schnell wieder am Start war. Schon im Jahr 2010 hatte Lampariello dieses Amt übernommen, seither kaum ein Heimspiel verpasst.
Ehrenamtliches Engagement in vielen Bereichen
Nachdem er in früheren Jahren selbst Fußball gespielt hatte, absolvierte er dann auch schon früh die Schiedsrichterausbildung. „Ich hatte schon immer ein Faible für das Ehrenamt“, sagt Lampariello, der bis 2023 sage und schreibe 49 Jahre Dienst mit der Pfeife leistete, sich zudem bis heute im Ausländerbeirat um die Integration von Zugereisten kümmert. In Söhnstetten, wo er viele Jahre lebte, war er auch in der freiwilligen Feuerwehr. „Als ich mit 14 Jahren herkam, konnte ich kein Wort Deutsch. Mir hat das alles geholfen, man muss sich auch integrieren wollen“, sagt Lampariello, dem längst nicht mal mehr ein Akzent anzuhören ist.
Und sein Engagement geht noch weiter: Schon 2001 wurde er Staffelleiter, ist seit 2006 für den Bezirkspokal der Junioren und seit 2019 auch für die B-Junioren-Landesstaffel zuständig. „Da hat sich einiges verändert, früher kam ich jeden Montag mit einem großen Stapel an Briefen von der Post, heute geht alles online“, berichtet der Funktionär.
Freundschaften unter Schiedsrichtern
Auch die Tätigkeit als Schiedsrichterbetreuer macht er ehrenamtlich – und voller Überzeugung. „Die sind alle top, es haben sich einige Freundschaften entwickelt und nach meinem Infarkt haben auch viele von den Schiedsrichtern nachgefragt“, berichtet Lampariello, der schon im Vorfeld der Spiele Kontakt zu den Teams aufnimmt, für den Transfer und die Betreuung im Stadion zuständig ist.
Vergangenen April musste er eingreifen, als beim Spiel zwischen dem FCH und Bayern München Schiedsrichter Robert Schröder Kreislaufprobleme bekam, im Team gewechselt und schließlich ein 4. Offizieller als Ersatz gefunden wurde. Bei einem Milliardengeschäft wie dem Fußball stehen auch die Männer an der Pfeife im Blickpunkt und bei der Betreuung ist Fingerspitzengefühl gefragt. „Man braucht schon etwas Hintergrundwissen“, sagt Lampariello.
Gibt es da manchmal auch Konflikte, wenn Fans oder Spieler nicht mit den Leistungen der Unparteiischen zufrieden sind? „Nein, das gab es nie“, betont Lampariello, der die Schiedsrichter nicht kritisiert und auch erklärt, warum das so ist: „Ich sage immer: Von außen sieht man es anders. Auf dem Platz müssen die Schiedsrichter ihre Entscheidungen treffen und die passen eben nicht jedem.“
„Schiri schenk' mir dein Trikot“
Es gab schon auch mal Unparteiische, die nicht so „Lust auf die Provinz“ hatten, die allermeisten treten laut Lampariello aber sehr sympathisch auf. Und sie haben durchaus ihre Fans, die auf der Jagd nach Selfies mit den bekannten „Schiris“ vor dem Hotel lauern. „Bei Christian Dingert stand mal ein junger Mann mit einem Schild da, auf dem er um ein Trikot bat“, erinnert sich Lampariello und war von der Reaktion des Unparteiischen begeistert: „Der hat ihn gefragt, ob er auch pfeift und als er das bejahte, gab es ein Originaltrikot mit Unterschrift.“
Seine Aktivitäten hat er nach dem Vorfall vor einem Jahr wieder aufgenommen, ohne Engagement könnte man sich den 70-Jährigen auch nicht vorstellen. „Es bringt ja nichts, sich im Wohnzimmer einzuschließen. Das Leben geht weiter – vielleicht auf eine etwas andere Art und Weise“, sagt Lampariello. Das Thema beschäftigt ihn natürlich, unter anderem hat er mit seiner Frau einen DRK-Rettungskurs absolviert. Und eine Erkenntnis führt zum gleichen Appell, den vor einem Jahr schon seine Retterin Bianca Lang ausgesprochen hat: „Man soll nicht wegsehen. Nichts tun, ist das Schlimmste.“