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Einst Heidenheim, nun FC Barcelona: Warum Marcus Sorg einst beim HSB für Furore sorgte

Er hat’s geschafft: Marcus Sorg gehört zum Trainerteam des FC Barcelona und ist Co-Trainer von Hansi Flick. Vor 20 Jahren war daran nicht zu denken, als Sorg die Heidenheimer Fußballer trainierte. Wieso dieses Kapitel auch für Unmut sorgte und warum Holger Sanwald mal sprachlos war:

Heidenheim. Fußball. Frank Schmidt. Frank Schmidt. Fußball. Heidenheim. Die Erfolgsgeschichte der Fußballer von der Brenz ist eng mit Frank Schmidt verbunden. Allerdings gab es vor der Ära Schmidt einige Trainer in Heidenheim, die ein eigenes Kapitel im Geschichtsbuch der Heidenheimer Kicker haben. So auch Marcus Sorg.

Dieser ist seit Sommer 2024 Teil des deutschen Trainerteams beim FC Barcelona. Hansi Flick, einst Coach des FC Bayern München und der deutschen Nationalmannschaft, hat das Ruder bei dem katalanischen Traditionsklub übernommen. Mit dabei sind Heiko Westermann (einst Schalke 04) und eben Marcus Sorg. Dieser war Flicks Co-Trainer bei der Nationalmannschaft. Im Sommer 2004 war Sorg noch weit vom FC Barcelona entfernt. Denn da schlug Sorg zunächst in Heidenheim auf. Damals war er 38 Jahre alt und bereits lizenzierter Fußballlehrer.

Aufbruchstimmung dank Marcus Sorg

Die Heidenheimer Fußballer, damals noch als HSB aktiv (Vorgänger des heutigen 1. FC Heidenheim), waren gerade in die Oberliga (damals die vierthöchste deutsche Spielklasse) aufgestiegen. „In dieser Stadt hat Fußball Tradition“, sagte Sorg damals. Allerdings blieb der gebürtige Ulmer weiterhin in seiner von Heidenheim knapp 40 Kilometer entfernten Heimatstadt wohnen. Ein alter Fußballerfreund hatte Marcus Sorg dazu geraten, die Trainerlaufbahn einzuschlagen. „Ich kam eigentlich dazu wie die Jungfrau zum Kinde“, erzählte Sorg 2004 der Heidenheimer Zeitung.

Nach einer Anfangseuphorie kamen die Heidenheimer Fußballer ins Straucheln, im November 2004 schrieb die Heidenheimer Zeitung: Es fehlt an Qualität.“ Trainer Sorg kritisierte das Abwehrverhalten seines Teams und vermisste einen Führungsspieler. Nach einer Niederlage in Crailsheim stellte die Heidenheimer Zeitung am 22. November 2004 in Bezug auf Marcus Sorg: Der Trainer-Sunnyboy (Sorg) sei auch ein wenig dünnhäutiger geworden.

Beim Gespräch mit den HZ-Sportredakteuren Werner Czernecki (rechts) und Franz Oszfolk (Zweiter von rechts): Marcus Sorg (links) mit Holger Sanwald, damals Abteilungsleiter beim HSB. Foto: Rudi Weber/HZ-Archiv

Ende November 2004 folgte der große Knall: Marcus Sorg verließ den HSB und wechselte mit sofortiger Wirkung zum Ligakonkurrenten SSV Ulm. „Schweren Herzens habe ich gestern Abend der Mannschaft
meine Entscheidung mitteilen müssen
, so Sorg damals gegenüber der HZ. „Es war eine rationale und nicht eine emotionale Entscheidung. Ich habe den HSB gefragt, ob er mir im Sommer eine hauptamtliche Trainerstelle bieten kann. Das konnte man mir nicht garantieren. Ich brauche aber eine Stelle, von deren Geld ich leben kann. Die hat mir Ulm jetzt geboten. Ich bin für die nächsten zweieinhalb Jahre abgesichert, und das ist mir wichtig.“

Holger Sanwald über den Abgang von Marcus Sorg

Holger Sanwald, heute Vorstandsvorsitzender des 1. FC Heidenheim und damals HSB-Abteilungsleiter, erklärte: „Ich bin sprachlos.“ Und weiter: „Zwei Herzen schlagen in meiner Brust. Als Mensch mit einem
rationalen Verstand kann ich die Entscheidung von Marcus Sorg verstehen. Das Angebot war einfach zu gut, als dass er es hätte ausschlagen können. Als Abteilungsleiter Fußball dagegen bin ich sehr enttäuscht. Wir hatten eine Zusammenarbeit über ein Jahr vertraglich vereinbart. Und jetzt geht Sorg schon vor der
Winterpause. Auf die nächsten zwei Spiele bezogen muss ich sagen, dass er die Mannschaft im Stich lässt.“ Werner Czernecki, HZ-Sportredakteur, kommentierte: „Der Lockruf des Geldes.“ Angeblich soll es für Sorg ein fünfstelliges Monatsgehalt gegeben haben.

Da fällt einem beim morgendlichen Lesen des HZ-Sportteils
fast die Kaffeetasse aus der Hand.

Ein Leser der HZ in einem Leserbrief

Es folgten auch Leserbriefe mit dem Tenor: „Da fällt einem beim morgendlichen Lesen des HZ-Sportteils
fast die Kaffeetasse aus der Hand.“ Sorgs Abgang wurde generell als unrühmlich bezeichnet. Allerdings bemerkenswert: Bei einer Umfrage der Heidenheimer Zeitung wurde die Frage gestellt: Verstehen Sie die Entscheidung von Marcus Sorg den HSB Richtung Ulm zu verlassen? Knapp 60 Prozent der HZ-Leser antworteten mit Ja.

Marcus Sorg zu Besuch im Heidenheimer Stadion im April 2011. Foto: tog

Kurios auch: Beim SSV Ulm musste Dieter Märkle seinen Stuhl für Marcus Sorg räumen. Beim HSB übernahm zunächst Axel Grimmeisen, im Januar 2005 folgte allerdings eben der in Ulm geschasste Märkle. Im September 2007 wiederum folgte Frank Schmidt als Trainer des 1. FC Heidenheim (Abspaltung vom HSB) auf Märkle. Zunächst interimsweise, später als fester Trainer.

Marcus Sorg kehrte immer mal wieder nach Heidenheim zurück. Zunächst noch in der gleichen Oberliga-Saison 2004/05 mit dem SSV Ulm, später als angehender Trainer des SC Freiburg, den er im Sommer 2011 übernahm. Damit war er der erste ehemalige Heldenleimer Fußballtrainer, der den Sprung in die Bundesliga geschafft hatte. Im April 2011 wurde Sorg während eines Besuchs im Heidenheimer Stadion gefragt, ob er seinen Wechsel vom HSB nach Ulm im Nachhinein bereue. „Nein, das bereue ich nicht. Ich hatte ja damals keine andere Möglichkeit. Für mich ging es darum, meine berufliche Existenz zu sichern“, erklärte Sorg gegenüber der Heidenheimer Zeitung.

Wiedersehen im März 2016: Marcus Sorg (rechts), als Vertreter des DFB, mit Holger Sanwald (links) und Bernhard Ilg, damals Oberbürgermeister Heidenheims. Foto: Markus Brandhuber

Später ging es für Sorg zur deutschen Nationalmannschaft. Mal sehen, wann sich die Wege mit den Heidenheimer Fußballern wieder kreuzen werden. Eventuell bei einem Spiel zwischen dem FC Barcelona und dem 1. FC Heidenheim. Sowieso ist „Barças“ Gründung ja eng an Otto Maier geknüpft. Und der kam bekanntlich ja aus Heidenheim …

Marcus Sorg als Fußballer

Als gebürtiger Ulmer bestritt Marcus Sorg 34 Zweitligaspiele für den SSV Ulm. Später spielte er für die Amateure des VfB Stuttgart, Ditzingen und den VfR Mannheim. Nach Trainertätigkeiten bei den Stuttgarter Kickers und den TSF Ditzingen kam Sorg 2004 nach Heidenheim.

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