3:2 gegen Rekordmeister

1. FC Heidenheim schreibt schon wieder Geschichte: Diese Bedeutung hat der Sieg gegen Bayern München

Die Superlative beim 1. FC Heidenheim gehen einfach nicht aus. Was bedeutet der 3:2-Sieg gegen den FC Bayern München und warum darf man die Truppe von Trainer Frank Schmidt bald in die 0:2-Spezialisten umtaufen?

3. Liga, 2. Liga, Bundesligaaufstieg, erster Punkt im Oberhaus, erster Sieg, erster Auswärtssieg – Heidenheims Fußballer haben in den haben in den vergangenen Jahren viele Kapitel Heidenheimer Sportgeschichte geschrieben. Nun kommt ein weiteres hinzu, ein Pflichtspielsieg über den großen FC Bayern München.

Das 3:2 vom Samstag ist ein historischer Erfolg, einer, von dem die Heidenheimer noch in vielen Jahren reden werden. Es war kein Freundschaftsspiel, keine Pokalpartie mit ihren oft so besonderen Vorzeichen, es ging um Bundesligapunkte. Sicher sind die Bayern um ihren scheidenden Trainer Thomas Tuchel derzeit angeschlagen sind, vielleicht (bei München ist das oft auch Taktik) haben sie die Meisterschaft abgehakt, vielleicht das Champions-League-Spiel am Dienstag in London im Hinterkopf – trotzdem waren sie in diesem Spiel der haushohe Favorit.

Auch die Ausfälle beim Rekordmeister zählen nicht als Ausrede, schließlich standen da, wie es der neue Sportvorstand Max Eberl in den Interviews nach der Partie betonte, „immer noch elf Nationalspieler“ auf dem Platz.

Prophetische Fans: Tatsächlich wurden den Bayern am Samstag in der Voith-Arena „die Lederhosen ausgezogen“. Eibner/Roger Buerke

Und diese Truppe hat der FCH, nach zugegeben schwacher erster Halbzeit, am Ende mit unglaublicher Leidenschaft verdient besiegt. Letztlich waren es drei Punkte für den Klassenerhalt, aber nicht nur. Der Sieg brennt den 1. FC Heidenheim auf der Karte von Fußball-Deutschland, auf der er längst seinen festen Platz hat, noch ein bisschen mehr ein. Und dies nicht zuletzt durch die Art und Weise wie er zustande kam.

Die 0:2-Spezialisten

Die Heidenheimer werden mehr und mehr zu 0:2-Spezialisten und Holger Sanwald fühlte sich in fast schon unheimlicher Weise an die bisher größte Stunde des Vereins erinnert, den Sieg zum Bundesligaaufstieg. „Das war wie in Regensburg, großartiges Wetter, wir liegen 0:2 zurück und drehen das Ding noch“, so der Vorstandsvorsitzende des FCH. Erst die Woche zuvor gelang dem FCH in Stuttgart das Kunststück aus einem 0:2 ein 3:2 zu machen, allerdings hieß es am Ende 3:3. Ebenso reichte es in der Hinrunde in Dortmund bei vermeintlich aussichtlichslosem Rückstand noch zu einem Unentschieden. Damit holte der FCH bisher neun Punkte gegen die Top-Five-Teams, fehlt noch ein Erfolg gegen Leipzig in zwei Wochen.

Vielleicht sollte Frank Schmidt seinen Schützlingen ja künftig vor Spielbeginn sagen, dass es schon 0:2 steht. Der Heidenheimer Trainer ärgert sich freilich über die anhaltenden Anlaufschwierigkeiten und bleibt auch in der Stunde des großen Triumphs fokussiert. „Wir sind heute ganz anders aufgetreten, wie wir uns das vorgestellt haben und wie ich es von meiner Mannschaft erwartet habe", so Schmidt zur ersten Halbzeit gegen München. Dabei wunderte es ihn weniger, dass die Bayern in Zweikampfführung und Intensität besser waren, am Ball sowieso.

„Wir haben komischerweise schon etwas ängstlich agiert, ohne Mut. Das sind Dinge, die gehen einfach nicht. Wir haben Fehler gemacht, nicht aus Leidenschaft oder weil wir etwas versucht haben, sondern weil wir zu passiv und ängstlich waren“, betont der Heidenheimer Trainer, der in der Halbzeitpause etwas lauter wurde, auch mit einem Dreifachwechsel ein Zeichen setzte.

In der Pause wurde es lauter

Während wohl viele gedacht hätten, dass es nur noch um die Höhe des Ergebnisses geht, sah der FCH-Coach die Chance. „Nur habe ich das in der Halbzeit nicht nett verpackt, sondern sehr deutlich“, berichtet Schmidt und erklärte: „Ich habe Schuhgröße 47, die habe ich heute auch benutzt.“ Es hat geholfen, er sah dann ein ganz anderes Auftreten seines Teams, schon in der ersten Minute „viermal so viele Aktionen vor dem Tor, wie in der ganzen ersten Halbzeit“.

Kevin Sessa und zweimal Tim Kleindienst sorgten für die Wende und der Trainer hatte ein Déjà-vu: „Danach habe ich mich lange gefragt: Letzte Woche, als wir in der 95. Minute in Stuttgart mit 3:2 führen und das 3:3 bekommen, für was soll das gut sein? Heute weiß ich es.“ Dieses Mal brachte seine Mannschaft den „Dreier“ ins Ziel, holte geschickt haben Eckbälle und Einwürfe heraus.

Ein bisschen Feiern ist drin

Wie nicht anders zu erwarten, wollte sich Schmidt nicht lange mit dem historischen Aspekt aufhalten. „Natürlich ist es etwas Besonderes, wir werden das genießen, aber man sieht ja, wie die anderen Spiele ausgegangen sind. Es ist schon wichtig, dass wir heute gepunktet, den Abstand gehalten haben. Es gibt noch viele Punkte zu verteilen“, warnt der Trainer. Mainz feierte einen hohen Sieg über Darmstadt und hat ein relativ leichtes Restprogramm, auch Köln ist weiter im Rennen.

Auf der anderen Seite könnten noch mehr Klubs in den Abstiegsstrudel geraten, so auch der nächste Gegner Bochum. Zwei, drei Punkte wird der FCH wohl noch brauchen, bei Leistungen wie am Samstag sollten die aber möglich sein. Und so wurde die Aufnahme in den Klub der Bayern-Bezwinger sicher noch gebührend gewürdigt, oder wie es Schmidt noch spaßeshalber sagte: „Wer heute nicht auf die Piste geht, den schmeißen wir raus.“

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