Vor acht Wochen war die Operation, wie geht es Ihnen jetzt, Herr Schmidt, haben Sie noch Schmerzen?
Frank Schmidt: Hatte ich noch nie seit der OP, Schmerzen hatte ich zuvor jahrelang. Trotzdem braucht man Geduld, das war klar von Anfang an. Nächste Woche ist die erste richtige Kontrolle mit Bildgebung und dann hoffe ich, dass ich nach und nach belasten kann und die Krücken schnellstmöglich wegkommen.
Bei den Einheiten mit den Spielern nicht auf dem Platz stehen zu können, war für Sie vermutlich schwierig …
Ich habe ja ein gutes Trainer-Team, das darf man nicht vergessen. Und eine neue Perspektive schadet auch mal nicht. Aber gewöhnen möchte ich mich nicht daran. Es gibt ja viele Trainer – auch in der Bundesliga – die das von Haus aus so machen, die hauptsächlich trainieren lassen, aber das bin nicht ich.
Die Vorbereitung läuft schon wieder knapp zwei Wochen, das Athletik-Trainingslager in Südtirol ist absolviert, wie sind Ihre bisherigen Eindrücke?
Zunächst bin ich froh, dass wir – als eine der wenigen Mannschaften – zwei Trainingslager haben. Vergangenes Jahr war es gut nach dem Aufstieg, dieses Jahr ist es gut, weil wir neun Neuzugänge im Kader haben. Das hilft einfach, die Spieler schnell zu integrieren. Zuvor haben wir eine Leistungsdiagnostik gemacht. Die Werte sind auf dem Niveau vom vergangenen Jahr, der Mittelwert ist sogar etwas höher. Und jeder weiß, wie wir marschiert sind. Von daher bin ich mit dem Start der Vorbereitung richtig zufrieden.
Gab es bisher Verletzungsprobleme?
Marnon Busch ist leider noch nicht bei 100 Prozent, er war lange raus aus dem Mannschaftstraining, er kann am Wochenende noch nicht eingesetzt werden. Auch Thomas Keller ist nach seinem Kreuzbandriss im letzten Jahr noch nicht so weit, dass er voll mittrainieren kann. Paul Tschernuth und Denis Thomalla haben kleinere Blessuren. Aber sonst haben alle Spieler praktisch alle Einheiten mitgemacht. Julian Niehues arbeitet nach seinem Kreuzbandriss natürlich noch in der Reha.
Und Natz/Schabs hat sich als Trainingsort bewährt?
Wie die Menschen sich dort bemühen, was die alles auf die Beine gestellt haben, ist top. Wir gehen da nicht nur zum Trainieren hin, wir präsentieren uns auch, tun somit auch was für den örtlichen Verein und die Gemeinde. So wie beim Sommernachtsfest, als viele Touristen kamen, viele Kinder da waren und die Spieler Autogramme gegeben haben. Das hat allen Spaß gemacht.
Wie ist die Stimmung in der Mannschaft?
Absolut gut, die Neuzugänge haben sich schnell integriert, haben alle einen top Charakter. Sie brennen alle, die wollen wissen, wie es jetzt wirklich ist, in Heidenheim zu sein und versuchen, sich ihren Platz zu erkämpfen. Für mich ist es auch wichtig, dass wir abseits auch darüber sprechen, wie wir miteinander umgehen, dass sich keiner wichtiger nehmen darf als er ist, weil das Team immer an erster Stelle steht.
Auf der anderen Seite fehlen jetzt viele Spieler, merkt man das auch?
Klar haben wir viele Leistungsträger verloren, aber ich bin kein Freund davon, in der Vergangenheit zu wühlen oder zu vergleichen. Es ist jetzt eine Art Neuanfang, aber ich schaue nicht zurück, ich schaue nach vorn. Für mich sind die Spieler am wichtigsten, die da sind. Ich als Trainer bin dazu da, Lösungen zu finden, damit wir als Mannschaft weiter erfolgreich sind.
Trotzdem: Nachdem sich nun auch noch Niklas Beste verabschiedet hat, fehlen die vier besten Torschützen, die drei besten Scorer. Das bringt Veränderungen mit sich, da geht es ja aber auch um Qualität. Wie sehen Sie nach Aufstieg und Klassenerhalt die jetzt anstehende Aufgabe?
Es ist eine noch größere Herausforderung, weil ein großer personeller Umbruch stattgefunden hat im Vergleich zum vergangenen Jahr. Wir müssen zeigen, dass wir Leistungsträger ersetzen können. Auch die Hierarchie in der Mannschaft verändert sich dadurch. Ein Spieler wie Tim Kleindienst beispielsweise, der Vizekapitän war und im Sturm seinesgleichen sucht, ist natürlich nicht eins zu eins ersetzbar. Gleiches gilt für Niklas Beste und Eren Dinkci.
Genauso hatten alle anderen Spieler, die weg sind, ihren Anteil am Erfolg. Es wäre eine wahnsinnige Leistung, noch einmal in der Bundesliga zu bleiben. Wir dürfen nicht Platz acht als Maßstab nehmen, normalerweise erreichst du den mit 42 Punkten auch nicht.
Oft heißt es ja, das zweite Jahr nach dem Aufstieg ist das schwerere – was rein statistisch aber nicht stimmt. Könnte es dennoch ein Faktor sein, dass die Euphorie nicht mehr ganz so groß ist und die Gegner sich besser auf den FCH eingestellt haben?
Normalität sollte keinesfalls einkehren, das wäre Gift. Ich bin auch überzeugt: Die Euphorie wird anhalten. Mich fragen nach wie vor immer wieder Menschen nach Karten, denen sage ich dann: Ich brauche auch noch welche, vielleicht können sie mir helfen. (lacht)
Dass die Gegner besser auf uns eingestellt sein werden, glaube ich allerdings schon. Vor allem aus einem Grund: Viele Vereine, viele Spieler waren zuvor noch nicht in Heidenheim. Jetzt wissen sie, wie es ist, hier unserer Voith-Arena spielen zu müssen.
Was stimmt Sie dennoch positiv?
Wir sind ja auch weiter, wir haben in unserem ersten Bundesliga-Jahr auch einiges erlebt. Und Erfahrungen sind – nicht nur im Fußball – sehr wichtig.
Die athletische Komponente spielt beim FCH schon immer eine besonders große Rolle. Musstet ihr durch die zusätzlichen Spiele in der Conference League jetzt nochmals draufsatteln?
Nein, insgesamt bleiben wir unseren Inhalten treu. Alles andere wäre Blödsinn, wir waren ja schon als einzige Mannschaft in den Kategorien Sprints, Kilometer und intensive Läufe jeweils unter den besten drei. Es wird strapaziöser für uns, der Start auf jeden Fall. Aber wenn wir uns für die Ligaphase der Conference League qualifizieren sollten, nehmen wir das auch an. Trotzdem gibt es eine klare Priorität und das ist der Klassenerhalt in der Bundesliga!
Was Trainer Schmidt zu den neuen Spielern im Kader sagt
Nach überwiegend Konditionsarbeit und nur einem Testspiel gegen einen unterklassigen Gegner, kann der Heidenheimer Trainer natürlich noch kein tiefergehendes Urteil zu seinen Neuzugängen abgeben, will auch nicht über Chancen oder Positionen sprechen. Auf jeden Fall bescheinigt Schmidt allen großes Engagement. Ein paar Eindrücke konnte er aber doch schon sammeln:
Luca Kerber ist athletisch schon sehr weit, mit einer Pferdelunge ausgestattet, aber auch ein guter Fußballer, ein Box-to-Box-Spieler. Er passt mit seiner Intensität sehr gut zu uns.
Mathias Honsak auf der linken Seite hat mit seiner Schnelligkeit, seinen Flanken, aber auch Standards gezeigt, dass dieser Wechsel so eine Art Neuanfang ist. Er ist mit einem sehr guten Schuss ausgestattet, da ist richtig Dampf dahinter.
Leo Scienza kann auf vielen Positionen im offensiven Mittelfeld spielen. Er hat immer wieder kreative Lösungen mit Ball, Überraschungsmomente – das erhoffen wir uns von ihm.
Paul Wanner ist für sein Alter unheimlich weit, vor allem technisch, aber auch bei der Handlungsschnelligkeit, der Kreativität. Er ist sicher nicht nach Heidenheim gekommen, um das zu lernen, da geht es mehr um Tempohärte, Umschalten, Pressing, Gegenpressing, auch Widerstandsfähigkeit, das sind die Punkte, wenn er die dazu nimmt, glaube ich, kann er ein richtig großer Fußballer werden.
Sirlord Conteh ist extrem schnell, sehr guter Antritt. Erinnert natürlich von seinen Voraussetzungen ein wenig an Eren Dinkci, ist aber trotzdem ein anderer Spielertyp. Er war bislang keiner, der jedes Jahr zweistellig getroffen hat, aber das hat Eren auch nicht, bevor er zu uns kam.
Maximilian Breunig hat im Freundschaftsspiel in Natz gleich die meisten Tore gemacht, stand oft da, wo der Abpraller hinkommt. Aber das ist natürlich noch kein Maßstab gewesen. Er ist für seine Größe technisch gut, man kann ihn auch mit dem Rücken zum Gegner anspielen.
Bei Mikkel Kaufmann bin ich sehr froh, dass es geklappt hat, wir hatten es bei ihm ja schon früher probiert. Er hat ein Anforderungsprofil, das zu uns passt, ist für seine Größe schnell, läuft viel, hat ein ordentliches Kopfballspiel. Und er hat die dänische Mentalität, ist einer, der nie aufgibt. Aber er braucht nun Spielpraxis, braucht wieder Selbstvertrauen.
Dazu kommen der noch verletzte Julian Niehues – ich hoffe, dass er zur Rückrunde wieder so weit ist – und Chris Negele aus der eigenen Jugend. Er hatte eine Talsohle, zuletzt in der U19 noch einmal die Kurve bekommen, wichtige Tore gemacht, sich in den Dienst der Mannschaft gestellt. Er war zuletzt ein Unterschiedsspieler in der U19, deshalb bekommt er jetzt die Chance.