"Ich musste mir vieles erarbeiten": Warum Norman Theuerkauf beim 1. FC Heidenheim immer noch eine wichtige Rolle spielt
Nicht nur 500 Kilometer Luftlinie trennt die Spielstätten des 1. FC Heidenheim von der des SV Werder Bremen. In der Bundesliga-Historie beider Klubs scheint die Distanz auf den ersten Blick noch viel größer zu sein. Die Bremer sind aktuell Dritter der ewigen Tabelle, haben in 59 Spielzeiten 1971 Partien in der höchsten deutschen Spielklasse absolviert. Der FCH liegt in diesem Ranking auf dem letzten Platz, hat 1968 Spiele weniger zu verzeichnen. Trotzdem löst die bloße Nennung des Vereins aus dem Norden besondere Emotionen bei den Fans und auch den Verantwortlichen des FCH aus.
Gegen den vierfachen deutschen Meister hat die Schmidt-Elf bereits mehrere intensive Partien hinter sich gebracht. Zwei der sechs Duelle blieben dabei schmerzhaft in Erinnerung. Leidenschaftlich boten die Heidenheimer dem dreifachen deutschen Meister in den zwei Relegationsspielen im Sommer 2020 die Stirn. Nur wegen der mittlerweile abgeschafften Auswärtstorregelung verpasste der FCH nach zwei Remis (0:0, 2:2) den Aufstieg. An diesem Sonntag, 17. September, (15.30 Uhr/Voith-Arena) folgt das siebte Aufeinandertreffen - das erste in der Bundesliga.
Fußballerische Lehrjahre bei Werder Bremen
Norman Theuerkauf hat beide Relegations-Partien auf dem Rasen miterlebt. Mit Werder Bremen verbindet ihn aber noch viel mehr. Der Traditionsverein war die fußballerische Lehrstube des flexibel einsetzbaren Defensivspielers. Rund zwei Jahrzehnte ist es her, als sich der damals 16-Jährige Theuerkauf der Bremer Nachwuchsabteilung anschloss. Seine Mitspieler während der viereinhalb Jahren an der Weser, in denen er für die U17, die U19 und Werders Reserve spielte, waren mitunter prominent. Mit den Nationalspielern Aaron Hunt, Max Kruse und Martin Harnik teilte er die Kabine. „Sie haben ihre Spuren in der Bundesliga hinterlassen“, sagt Theuerkauf, dessen Frau aus Bremen stammt. Sein bester Freund - Björn Dreyer - trainiert die U-17-Talente der Werderaner.
Der Weg des gebürtigen Nordhäusers in die Bundesliga verlief nicht so geradlinig. „Ich musste mir vieles erarbeiten in meiner Fußballerlaufbahn“, sagt er rückblickend, „Ich habe nicht das Talent von Leroy Sané und anderen, denen es in die Wiege gelegt wurde.“ Das war bei Werder so und blieb auch bei den weiteren Stationen unverändert. Nach eineinhalb Jahre bei Eintracht Frankfurt II zeigte er seinen Kampfgeist in Braunschweig. Mit dem BTSV schaffte er den Sprung aus der dritten in die Bundesliga.
Seit Sommer 2015 beim 1. FC Heidenheim
Beim FCH hat er seit Sommer 2015 fast die gesamte Entwicklung in der 2. Liga mitgemacht - samt der Krönung Bundesliga-Aufstieg. Und so spielt der 36-Jährige - anders als die ehemaligen Teamkollegen in Bremen – in dieser Saison Erstliga-Fußball. Kruse steht mittlerweile beim Zweitligisten SC Paderborn unter Vertrag, Harnik kickt in der Oberliga und Hunt hat seine Karriere beendet. Ein Thema, das auch bei Norman Theuerkauf vor einigen Monaten nicht ausgeschlossen schien, erst wenige Tage nach der Meisterfeier ging der Daumen für ein weiteres beim FCH Jahr nach oben. „Wir waren uns einig, dass wir noch zusammen weitermachen wollen. Die Vertragsverlängerung war dann keine große Sache. Wie immer eigentlich“, sagt der Familienvater.
Denn FCH-Trainer Frank Schmidt schätzt den Musterprofi, der in seinen acht Jahren auf dem Schlossberg stets mit Leistung statt großen Worten auffällig wurde. „Immer, wenn er gebraucht wird, ist er da“, sagt Schmidt über seinen Vize-Kapitän. Auch die Transferplanung des FCH unterstrich, dass auf „Theuer“ weiter gesetzt wird. Auf seiner Linksverteidigerposition wurde kein weiterer Vertreter für Stammkraft Jonas Föhrenbach verpflichtet. „Ich habe da vollstes Vertrauen in ihn, deshalb lasse ich ihn auch spielen“, so Schmidt.
"Starke Leistung" gegen den Borussia Dortmund
Am 1. September zahlte er das in ihn gesetzte Vertrauen zurück. Beim spektakulären 2:2 bei Borussia Dortmund ersetzte er den erkrankten Föhrenbach und lieferte die Torvorlage für den ersten Heidenheimer Treffer. „Er hat wirklich eine starke Leistung gezeigt“, lobt Frank Schmidt.
Damit hat Theuerkauf auch überzeugende Argumente für einen Startelfplatz gegen seinen Ex-Klub aus Bremen gesammelt. "Es wird ein harte Partie. Werder hatte einen holprigen Start", blickt der 36-Jährige auf den kommenden Gegner, der zuletzt gegen den FSV Mainz 05 einen 4:0-Sieg feierte. "Vor der Länderspielpause haben sie bewiesen, dass sie Qualität haben", so Theuerkauf.
Und egal, ob er gegen die Bremer auf dem Platz stehen wird oder zunächst auf der Auswechselbank sitzen wird, Emotionen werden bei Norman Theuerkauf beim Wiedersehen gegen seinen Ex-Klub in der Bundesliga einige dabei sein.
So viel Werder Bremen steckt im FCH
Norman Theuerkauf ist nicht der einzige FCHler mit Bremer Vergangenheit. Neuzugang Eren Dinkci steht noch bei Werder unter Vertrag und ist lediglich in dieser Saison von der Weser an die Brenz ausgeliehen. Marnon Busch entstammt ebenfalls der Jugend der Hansestädter, Niklas Beste und Patrick Mainka spielten für Werders Zweite.