Nicht nur die Defensive macht beim 1. FC Heidenheim Sorgen
Wenn jemand Frank Schmidt und den Spielern beim 1. FC Heidenheim vor der Saison prophezeit hätte, dass sie nach acht Spieltagen auf dem elften Platz stehen würden, hätte es wohl nur wenige Einwände gegeben. Dieses Szenario ist nun Realität geworden, mit sieben Punkten liegt der FCH ein Stück weit von der Abstiegszone entfernt. Und die Stimmung bei Schmidt und Co? Die war am Sonntag nahe des Tiefpunkts. "Es ist eine Scheißstimmung", wurde FCH-Kapitän Patrick Mainka deutlich. Und auch Frank Schmidt war bei der Pressekonferenz anzusehen, dass er ziemlich angefressen war.
Schuld an dem emotionalen Tief war nicht nur das deutliche Ergebnis bei der 2:5-Niederlage gegen den FC Augsburg, sondern vor allem das Zustandekommen der fünften Saisonpleite des FCH. Wie schon gegen die TSG Hoffenheim und Werder Bremen gaben die Heidenheimer eine 2:0-Führung aus der Hand, zum zweiten Mal mündete der zwischenzeitliche spielerische Einbruch in einer Niederlage. Diese wiederkehrende Schwachstelle droht zu einem Muster zu werden. Der FCH hat aber gleich mehrere Punkte, an denen er arbeiten muss, damit sich der Tabellenplatz nicht der Stimmungslage nach der Pleite gegen den FCA annähert.
Das Defensivverhalten beim 1. FC Heidenheim
In der vergangenen Saison freute sich FCH-Keeper Kevin Müller nicht nur über Siege, sondern auch über viele Partien ohne Gegentreffer. Dass die Zahl der "weißen Westen" - wie die Zu-Null-Spiele für Keeper genannt werden - in der Bundesliga kleiner werden würde, war zu erwarten. Mit 20 Gegentreffern weist der FCH aber die viertschlechteste Abwehr der Liga auf, im Schnitt lässt die Defensive 2,5 Tore pro Partie zu. "Wir können nicht in jedem Spiel zwei oder drei Tore schießen, um etwas mitzunehmen", merkte Frank Schmidt passend dazu an.
Besonders eklatant war gegen die Augsburger aber das Verhalten bei Standardsituationen. Das 1:2 und das 2:4 fielen direkt nach Eckbällen und die Torschützen durften relativ unbedrängt einschießen. "Beim ersten Tor weiß ich nicht, woran es lag", analysierte Patrick Mainka, "Beim zweiten Tor hat die Übergabe nicht gestimmt." Lösungsansätze lieferte der Abwehrchef dann gleich mit. Die Gründe für die seien die fehlende Aufmerksamkeit gewesen, so Mainka. Zudem hapert es in den Verteidigungsaktionen an der Cleverness. Zwar war der Ausburger Treffer zum 2:5 nicht mehr entscheidend, die Genese passte aber gut ins Bild. Es war bereits der sechste Strafstoß, den die Heidenheimer im Saisonverlauf verursacht hatten. Ligahöchstwert.
Das Verteilung der Tore in der Bundesliga
Während es beim Toreverhindern merklich hakt, läuft es in der Offensive gut. Bereits zwölfmal konnte ein Treffer gejubelt werden. Ein zweiter Blick offenbart aber ein weiteres Problem. Die Tore verteilen sich auf das Offensivquartett Niklas Beste (4) , Eren Dinkci (4), Tim Kleindienst (3) und Marvin Pieringer (1). Die weiteren Spieler im Kader tun sich - anders als in der 2. Liga - merklich schwer im Abschluss. In der Partie bei Eintracht Frankfurt hatte Adrian Beck die Möglichkeit zum zwischenzeitlichen 1:1, vergab aber. Am Sonntagabend tauchte Lennard Maloney frei vor Finn Dahmen auf, ließ sich aber noch entscheidend stören.
Doch nicht nur die Spieler hinter der ersten Angriffsreihe waren bisher glücklos, auch die frischen Kräfte von der Bank hatten kaum eine Wirkung. Die Bilanz der Einwechselspieler des FCH in dieser Saison: Null Tore. Die Topklubs der Liga können dabei bereits mit sieben Joker-Treffern aufwarten. Nach der Einwechslung von Stefan Schimmer, Marvin Pieringer und Marnon Busch passierte in der Offensive auch am Sonntag nicht mehr viel, das erhoffte Aufbäumen blieb aus.
Die mentale Stärke in schwierigen Situationen
Grund zum Schwarzmalen gibt es beim FCH aber nicht. In der ersten halben Stunde hatte der FCH seinen Gegner unter Kontrolle und führte verdient mit 2:0. "Alles schien in unsere Richtung zu gehen", blickte Frank Schmidt zurück. Die Heidenheimer können also mit den meisten Gegner mithalten. Zum wiederholten Male zeigte der Aufsteiger aber, dass er die Leistung nicht über 90 Minuten auf den Rasen abrufen kann und sich von Rückschlägen aus dem Konzept bringen lässt. Mit dem Anschlusstreffer des FCA sei es wieder in den Köpfen seiner Spieler losgegangen, so Schmidt. "Wir geben wieder eine Führung her und liegen dann sogar mit 2:3 zurück", sagte der FCH-Trainer.
Die Aufgabe wird es nun sein, die richtigen Lehren zu ziehen. Dass die Frequenz der Rückschläge in der Bundesliga größer sein würde, war den Akteuren beim FCH durchaus bewusst. Entsprechend zeigten sich Frank Schmidt und Patrick Mainka nach dem bitteren Ausgang gegen den FCA vorbereitet. "Wir müssen das Gespür füreinander haben, dass wir jetzt nicht auseinanderfallen", so Mainka, "Es geht alleine nicht."
Frank Schmidts Marschroute nach dem Rückschlag war indes deutlich pragmatischer: "Nicht jammern, sondern arbeiten", sagte der 49-Jährige, "Wir wollten in die Bundesliga und da gehört das dazu."