Mit Vertragsverlängerung

Rückhalt und Identifikationsfigur: Kevin Müller setzt beim 1. FC Heidenheim ein starkes Zeichen

Mit seinem Treuebekenntnis setzt Kevin Müller ein wichtiges Zeichen im Kampf gegen den Abstieg: Der Torhüter bleibt dem 1. FC Heidenheim bis mindestens Sommer 2027 erhalten. Der 33-Jährige spielt beim FCH aber nicht nur sportlich eine herausragende Rolle.

Der war doch immer da! Einen 1. FC Heidenheim ohne Kevin Müller, das können sich viele junge Fans des Fußball-Bundesligisten gar nicht vorstellen. Über mehrere Monate mussten die jungen und älteren Anhänger des FCH das Szenario zumindest in Betracht ziehen. Der 33-Jährige, der seit Sommer 2015 auf dem Schlossberg nach jedem Ball hechtet, hatte das erste Angebot für die Verlängerung seines im Sommer auslaufenden Vertrags abgelehnt und seine sportliche Zukunft noch offengelassen.

Das große Durchatmen folgte am Donnerstag: „Mü“ bleibt. Der Torhüter hütet noch bis mindestens zum Juni 2027 das Heidenheimer Tor. Solange läuft das neue Arbeitspapier des gebürtigen Rostockers. „Was wir in den vergangenen knapp zehn Jahren gemeinsam hier erreicht haben, ist außergewöhnlich und historisch“, sagt Müller, dessen Vertrag auch in der zweiten Liga gültig ist.

Was wir in den vergangenen knapp zehn Jahren gemeinsam hier erreicht haben, ist außergewöhnlich und historisch.

FCH-Keeper Kevin Müller

„Es ist ein großartiges Zeichen für die gesamte FCH-Familie, das ‚Mü‘ damit gesetzt hat“, sagt Vorstandschef Holger Sanwald. Ein Zeichen, das in der angespannten sportlichen Situation des 1. FC Heidenheim der Mannschaft und den Fans im Kampf gegen den Abstieg neue Energie geben kann. „Alle FCH-Fans können sich darauf verlassen, dass wir in den kommenden Wochen und Monaten alles geben werden, damit wir auch in Zukunft weiter Bundesliga in Heidenheim spielen werden“, verspricht Müller. Die Vertragsverlängerung mit seinem dienstältesten Profi (gemeinsam mit Norman Theuerkauf) hat für den FCH aber nicht nur sportlich einen großen Wert, Müller ist während seiner neuneinhalb Jahre an der Brenz in viele Rollen hineingewachsen.

Der Leistungsträger: Ein sicherer Rückhalt für den FCH in der Bundesliga

Wie viele Punkte Kevin Müller dem FCH schon gerettet hat, lässt sich wohl schwer genau bestimmen. Sicher ist: Es waren in seinen 312 Pflichtspielen für den FCH einige. Nach seinem Wechsel von der Zweitvertretung des VfB Stuttgart entwickelte sich Müller vom Ersatzkeeper zur unangefochtenen Stammkraft. Über mehrere Spielzeiten gehörte er zu den Top-Torhütern der zweiten Liga. Und in der Bundesliga? In puncto Athletik und Reflexe gehört Müller zur Spitze.

Gegen RB Leipzig bestritt „Mü“ im März 2016 sein erstes Ligaspiel für den FCH. Foto: Eibner

Obwohl einige andere Konkurrenten auf seiner Position fußballerisch versierter sind, glänzte Müller in seiner Premierensaison. Dank seiner konstant starken Leistung wies er im Fachmagazin „Kicker“ den besten Notenschnitt aller Keeper auf (2,76). In der laufenden Spielzeit konnte er sein überragendes Niveau nicht ganz halten, ist aber weiterhin ein sicherer Rückhalt in einer wackeligeren Defensivreihe.

Die Identifikationsfigur: Auch nach Niederlagen ein kritisches Sprachrohr der Mannschaft

Mit dem Abgang von Vize-Kapitän Lennard Maloney hat der FCH jüngst einen seiner führungsstärksten Spieler verloren. Und Norman Theuerkauf, der zweite Vertreter von Kapitän Patrick Mainka, hat meist nur von der Auswechselbank aus Einfluss auf seine Mitspieler, ein Karriereende im Sommer ist nicht unwahrscheinlich. Die Führungsspieler werden weniger. Entsprechend groß ist der Wert des Torhüters, der großes Vertrauen bei Frank Schmidt genießt. Müller ist Teil des Mannschaftsrats und ein Sprachrohr der Mannschaft.

Mit der Schale: Nach acht Zweitliga-Jahren mit dem FCH ging es für Müller in die Bundesliga. Dennis Straub

Auch nach bitteren Niederlagen geht er voran, stellt sich jeder Frage und spart nicht mit ehrlicher Kritik – auch sich selbst gegenüber. „Seit mittlerweile fast zehn Jahren ist er mit seinen Leistungen zwischen unseren Pfosten ein Garant für unsere Erfolge, der eine ganz entscheidende Führungsrolle innerhalb der Mannschaft innehat“, sagt FCH-Vorstandschef Holger Sanwald.

Der Heidenheimer von Herzen: Auf der Ostalb verwurzelt und von den Fans geliebt

Leicht war die Entscheidung für „Mü“ sicherlich nicht, wie es im Herbst seiner Karriere weitergehen soll. Der 33-Jährige ist großer Amerika-Fan und vor allem Sympathisant der typischen US-Sportarten. Die kurze Winterpause nutzte er für einen erneuten Trip in die USA, wo er fleißig Basketball und American Football schaute. Um den Traum eines Engagements im Ausland machte Müller in der Vergangenheit kein Geheimnis. „England, Amerika, da wird man sehen, was sich entwickelt“, sagte er Anfang Dezember gegenüber dem Bezahlsender Sky. Nicht nur das Abenteuer Ausland reizte, sondern auch das fürstliche Salär, das in der Premier League, aber auch in der Major League Soccer gezahlt wird.

Gefragt für Fotos und Autogramm: Kevin Müller nimmt sich viel Zeit für seine jungen und alten Fans. Foto: Eibner-Pressefoto/Sascha Walther

Dem Reiz des Neuen und des Geldes steht für Müller aber ein großes Pfund gegenüber: die zweite Heimat. Weit weg von der Ostsee sind der Mecklenburger und seine Familie sesshaft geworden, haben ein Haus gebaut. „Dieser Verein ist etwas ganz Besonderes für meine Familie und mich. Wir fühlen uns hier in Heidenheim einfach sehr wohl“, so Müller.

Mit Sohn Pepe im Kader des 1. FC Heidenheim?

Wie der Vater steht sein Sohn Pepe schon beim FCH zwischen den Pfosten – in der C-Jugend. Ein möglicher Ansporn: Vielleicht irgendwann einmal gemeinsam mit dem Filius im Kader stehen. „Dann müsste ich mit 38 Jahren noch spielen“, sagte er in einem früheren HZ-Interview, „Das wäre schon cool.“

In der Conference League brachte Kevin Müller auch die Superstars des Chelsea FC mit seinen Paraden zur Verzweiflung. Foto: Eibner-Pressefoto/Michael Weber

Die Fans hätten sicherlich nichts dagegen einzuwenden. Für sie ist „Mü“ längst ein Heidenheimer und wird das mindestens zweieinhalb Jahre und möglicherweise sogar noch viel länger bleiben.

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