Nach Göteborg, Pafos, Edinburgh, Istanbul und Kopenhagen. Die Route der Europareise des 1. FC Heidenheim in der Conference League würde auch ohne Weiteres als eine etwas seltsam geplante Kreuzfahrt durchgehen. Am Donnerstagabend nahm das internationale Abenteuer des FCH mit der 1:3-Niederlage im Rückspiel der Achtelfinal-Play-offs gegen den FC Kopenhagen ein abruptes Ende. Wie auf den meisten Reisen zur See war die Tour des FCH durch die Küstenstädte – samt der stimmungsvollen Heimspiele – gespickt mit vielen unvergesslichen Momenten, aber auch einigen Turbulenzen.
Sie haben viel Druck gemacht, besser Fußball gespielt und das 1:0 auch verdient gemacht.
Frank Schmidt, FCH-Trainer
Eine wackelige Ankunft: das dramatische Aus in der Verlängerung
Das Ende der Europareise in der heimischen Voith-Arena begann – wie die meisten Heimspiele in der Conference League – spektakulär. Mit einer eindrucksvollen Choreografie feierten die Fans auf der Osttribüne das erste internationale K.-o.-Runden-Heimspiel der Heidenheimer Vereinsgeschichte. Nach einem ordentlichen Start übernahmen aber die Gäste aus Kopenhagen das Ruder.
„Sie haben viel Druck gemacht, besser Fußball gespielt und das 1:0 auch verdient gemacht“, sagt Trainer Frank Schmidt. Das Kommando an Bord übernahm der FCH erst nach dem zweiten Rückschlag – einem Gegentor vom Elfmeterpunkt durch Kevin Diks (53.). Chance um Chance erspielten sich die Gastgeber und belohnten sich schließlich mit dem Anschlusstreffer nach einem Traumfreistoß von Leo Scienza (74.).

Der Ball fällt dem Gegenspieler direkt vor die Füße und wir konnten es am Ende nicht mehr verteidigen.
Frank Feller, Torhüter beim FCH
Und um ein Haar hätte der Brasilianer sein Team wieder vollends auf Kurs Richtung Achtelfinale gebracht: Statt ins Tor zu gehen, landete sein Schuss erst am Pfosten und prallte dann vom Hinterkopf von Gäste-Keeper Diant Ramaj ins Aus. „Wir hatten das Pech, dass wir drei oder vier Chancen hatten und Kopenhagen nur noch eine, aber wir nicht den Ausgleich gemacht haben“, so Schmidt über die Schlussviertelstunde. Und in der Verlängerung genügte dem dänischen Rekordmeister wiederum eine Großchance und eine ordentliche Portion Glück, um selbst den Sprung ins Achtelfinale zu schaffen. „Der Ball fällt dem Gegenspieler direkt vor die Füße und wir konnten es am Ende nicht mehr verteidigen“, beschreibt Torhüter Frank Feller den spielentscheidenden Treffer.
Besondere Erlebnisse: die Party in Edinburgh und der große Kampf gegen den Chelsea FC
Die Fans, die als Gäste die Europareise begleiteten, werden mit den Fotos aus den insgesamt zehn internationalen Spielen gleich mehrere Alben füllen können. Den ersten Halt machte der Heidenheimer Dampfer in Göteborg, als beim BK Häcken mit einem 2:1 der erste Sieg auf europäischer Ebene gelang. Der erste Heimerfolg im Play-off-Rückspiel (3:2) besiegelte den Einzug in die Ligaphase. Nach den Siegen gegen Olimpija Ljubljana und den Pafos FC wurde der perfekte Start in Edinburgh perfekt gemacht.

Vor dem 2:0-Erfolg zogen rund 1000 Heidenheimer Fans friedlich singend und feiernd durch die Straßen der schottischen Hauptstadt, um dann im Stadion der „Hearts“ die Party fortzusetzen. Das positive Bild des 1. FC Heidenheim in Europa bekam noch eine weitere Facette, als der große Chelsea FC auf der Ostalb Quartier bezog. In einer spannenden Partie boten Patrick Mainka und Co. den Superstars aus London lange die Stirn und durften sich trotz der 0:2-Niederlage als Sieger fühlen.
Turbulenzen: das Debakel in Istanbul und die verpasste Chance gegen St. Gallen
Dass der FCH auf seiner Reise überhaupt den Zwischenstopp und schließlich die Endstation Kopenhagen nehmen musste, hat er sich selbst eingebrockt. „Eigentlich wären wir heute alle woanders“, sagt Schmidt. Der Weg zur direkten Qualifikation für das Achtelfinale war eigentlich schon vorgezeichnet: Ein Sieg aus den verbleibenden beiden Spielen der Ligaphase hätte genügt, um in die Runde der letzten 16 Teams einzuziehen. Doch es kam anders.
Eigentlich wären wir heute alle woanders.
Frank Schmidt, FCH-Trainer

„In Istanbul haben wir keine gute Leistung gebracht“, bewertet Schmidt die verdiente 1:3-Niederlage bei Başakşehir. Gleiches gilt für den mäßigen Auftritt beim 1:1 gegen den FC St. Gallen. Im Heimspiel gegen die Schweizer hätte eine normale Leistung genügt, um den Einzug ins Achtelfinale perfekt zu machen, so der FCH-Trainer.
Getrübte Freude und gebremster Stolz nach dem Ausscheiden
Wenn eine schöne Reise vorbei ist, überwiegt häufig ein trauriges Gefühl. Vorbei ist vorbei. Entsprechend gebremst fielen auch die Reaktionen der Heidenheimer Spieler aus. „Wir sind schon ein Stück weit stolz auf diese Reise, vor allem auf das, was wir in den ersten Spielen in der Conference League gezeigt haben“, sagte Frank Feller, der gegen die Kopenhagener sein erstes Pflichtspiel in der Voith-Arena bestritt. Auch Jan Schöppner blickte etwas wehmütig auf die vergangenen Monate zurück.
Es war schon etwas Schönes, mit Heidenheim international zu spielen.
Frank Schmidt, FCH-Trainer
„Es war schon etwas Schönes, mit Heidenheim international zu spielen.“ Frank Schmidt empfand nach dem bitteren Ausscheiden eine gewisse Leere: „Da kann man nicht viel denken, da fällt einem wenig ein, da braucht man sicherlich eine Weile“, sagte er.

Die Fans hingegen feierten den FCH und seine Spieler, als ob sie den Conference-League-Titel gerade eben eingetütet hätten. Mit etwas Abstand wird auch bei Frank Schmidt und seinen Schützlingen die ganze Dimension des Erreichten ankommen. Und wenn sie in ein, zwei Jahren auf ihre Kreuzfahrt durch Europa zurückblicken, wird – neben einer noch größeren Portion Stolz – eine Erkenntnis bleiben: Schön war’s.