Kam für Rekordsumme vom FC Augsburg

Von der Couch auf den Schlossberg: So kurios verlief die Rückkehr von Niklas Dorsch zum 1. FC Heidenheim am „Deadline Day“

Erst am letzten Tag der Transferphase erfuhr Niklas Dorsch vom Interesse des 1. FC Heidenheim. Wie der kuriose Wechsel vom FC Augsburg ablief, wie sich der 26-Jährige bei seinem Ex-Club eingelebt hat und welche Rolle er bei den Heidenheimern einnehmen will:

Wechsel, die an kaputten Faxgeräten, fehlenden Dokumenten oder wegen einiger Sekunden scheiterten. Oder Abgänge und Zugänge, mit denen zuvor eigentlich niemand gerechnet hat. Am letzten Tag der Transferphase, der als „Deadline Day“ bekannt ist, passieren regelmäßig die verrücktesten Wechselgeschichten, sodass Sportportale eigene Live-Ticker einrichten und Sportsender stundenlange Sondersendungen einschieben. Seit dem 30. August, dem diesjährigen Schlusstag der Sommertransferphase, kann Niklas Dorsch seine eigene Deadline-Day-Geschichte erzählen. Am Abend des 29. Augusts schaute der 26-Jährige – wie zahlreiche Fans des 1. FC Heidenheim – im heimischen Wohnzimmer das Play-off-Rückspiel der Conference League zwischen dem FCH und dem BK Häcken.

Ich saß euphorisch auf der Couch, das Spiel hat mich richtig mitgerissen.

Niklas Dorsch über das Heimspiel des FCH in der Conference League.

„Ich saß euphorisch auf der Couch, das Spiel hat mich richtig mitgerissen“, erzählt er. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch Spieler des FC Augsburg war, war die Verbindung zu den Heidenheimern nicht abgekühlt. Dorsch, der von 2018 bis 2020 bei den Heidenheimern zum Leistungsträger aufstieg, hat während der vergangenen Bundesliga-Saison sogar zum Abschiedsspiel von Marc Schnatterer vorbeigeschaut.

Dass der 3:2-Sieg und der Einzug in die Ligaphase Auswirkungen auf seine sportliche Zukunft haben würden, habe er damals nicht geahnt. Mit der Qualifikation für die Hauptrunde des Wettbewerbs füllten sechs internationale Partien den Spielplan des FCH bis zum Jahreswechsel noch einmal ordentlich auf. Und es brachte dem Verein ein Startgeld von über drei Millionen Euro ein, wodurch die Einnahmen, die dank der vorherigen Verkäufe von Leistungsträgern schon üppig waren, noch weiter stiegen.

Transferphase für Dorsch eine große Belastung

Statt das Geld aufs Konto zu legen, entschied man sich auf dem Schlossberg dazu, noch einmal in frische Beine zu investieren. Die Wahl der Verantwortlichen fiel dabei eben auf Niklas Dorsch, der am Morgen des 30. Augusts erfuhr, dass sein Ex-Club ihn gerne wiederhaben würde. Für den gebürtigen Franken war es ein Glücksfall – nach einer schwierigen Rückrunde bei den Augsburgern, mit vielen Verletzungen und wenig Einsatzzeit, war der Wunsch nach einer Veränderung groß.

„Es war mir klar, dass ich einen Tapetenwechsel brauche“, so Dorsch, an dem in den Wochen zuvor schon andere Clubs Interesse gezeigt hatten, eine Einigung kam aber nicht zustande. Der zentrale Mittelfeldspieler befand sich in einem Schwebezustand, der sich über die gesamte Transferphase zog. „Ich wusste nicht, wie es weitergeht“, blickt er zurück, „das war sehr belastend.“ Und wie es in guten Transfergeschichten so ist, kam doch noch das Happy End. „An dem Tag habe ich erlebt, wie verrückt der Fußball ist“, so Dorsch.

Gegen Borussia Dortmund trug Niklas Dorsch erstmals wieder in einem Pflichtspiel das Trikot des FCH. Foto: Eibner/Fabian Friese

Denn mit dem Interesse des FCH war es nicht getan. Der Spieler musste auch wollen, beide Vereine mussten eine Einigung über die Transfermodalitäten finden, ein Medizincheck musste durchgeführt und die Verträge mussten rechtzeitig unterschrieben werden – damit der Wechsel bis zur Frist um 20 Uhr perfekt sein konnte. Und es klappte.

Auch weil die Heidenheimer tief in die Tasche griffen und laut übereinstimmenden Berichten die Rekordsumme von 3,5 Millionen Euro ausgaben. Im Eiltempo arbeiteten Spieler und die beiden Vereine die notwendigen Punkte ab, und keine 24 Stunden nach seinem Daumendrücken aus dem eigenen Wohnzimmer lächelte Niklas Dorsch in die Kamera, als er beim FCH vorgestellt wurde. „Dass sich noch einmal so eine Chance ergibt, da gehört Geduld, aber vielleicht auch etwas Glück dazu“, sagt Dorsch über das Zustandekommen des Last-Minute-Transfers, „das war auf meiner Seite.“

Dass sich noch einmal so eine Chance ergibt, da gehört Geduld, aber vielleicht auch etwas Glück dazu.

Niklas Dorsch über das Zustandekommen des Wechsels zum FCH

Die Wechselgeschichte hatte aber noch ein weiteres Kapitel parat. Am Tag nach dem Transfer stand für den FCH und Neuzugang Niklas Dorsch das erste Bundesliga-Heimspiel der Saison an. Der Gegner: natürlich der FC Augsburg. „Die Vereine hatten aber vereinbart, dass ich in der Partie nicht spiele“, so der frühere U-21-Nationalspieler.

Nachdem er kurz zuvor noch mit den Augsburgern trainiert hatte, sei er froh gewesen, nicht gleich gegen die Ex-Kollegen auf dem Platz stehen zu müssen. „Das wäre für meinen Kopf und mein Gewissen nicht richtig gewesen“, sagt Dorsch, der dann erneut mit dem FCH mitfieberte – jetzt aber als Teamkollege auf der Tribüne und nicht auf dem Sofa.

Comeback im FCH-Trikot gegen Borussia Dortmund

Der Schritt auf den Rasen folgte dann in der zweiwöchigen Länderspielpause, in der Dorsch in den ersten Einheiten seine neuen Mitspieler besser kennenlernte. „Ich habe nicht lange gebraucht, um mich zurechtzufinden“, sagt Dorsch, der sich gut aufgenommen fühlte. Da er den Trainerstab um Frank Schmidt noch bestens kennt, fiel ihm die Anpassung an die Anforderungen in dem gewohnten Umfeld leicht.

„Das war auch ein Grund, warum ich das hier unbedingt machen will“, sagt er. Ein anderer Grund war, dass der Rechtsfuß weiter in der Bundesliga spielen kann.

Das durfte er dann schon beim Auswärtsspiel des FCH in Dortmund. „Es war schön und aufregend, wieder das FCH-Trikot zu tragen“, blickt Dorsch auf seinen 25-minütigen Auftritt gegen den BVB zurück – der bei Dorsch Lust auf mehr gemacht hat. Am besten schon im Heimspiel gegen den SC Freiburg an diesem Samstag, 21. September (Anpfiff 15.30 Uhr). Mit den Augsburgern hatte Dorsch in der Vorsaison am eigenen Leib erlebt, wie schwierig es ist, auf dem Schlossberg zu punkten.

Jetzt ist die Voith-Arena wieder sein Stadion und er fühlt sich wieder voll und ganz zu Hause. „Hier sind wir sehr stark und haben uns eine Festung aufgebaut“, sagte Dorsch, „ich habe richtig Lust, wieder vor den Heimfans zu spielen.“

Vorfreude auf die Conference League

Dass für Niklas Dorsch neben dem Verbleib in der Bundesliga nun auch noch internationale Spiele hinzukommen, käme noch „on top“, so der Mittelfeldspieler, der bereits Erfahrungen im Europapokal gesammelt hat. Nach seinem Wechsel vom FCH nach Belgien zu KAA Gent im Sommer 2020 kam er in der Champions-League-Qualifikation und in der Europa League zum Einsatz. „Jeder will auch mal international spielen“, sagt Dorsch, „die Champions League ist zwar das Höchste, aber auch die anderen Wettbewerbe sind attraktiv und die Spiele unter Flutlicht sind für jeden Spieler ein Highlight.“ Seine Erfahrungen im Europapokal und in der Bundesliga möchte er fortan auch an seine jüngeren Mitspieler weitergeben. „Wie der FCH habe auch ich mich weiterentwickelt und will jetzt mehr Verantwortung übernehmen“, so Dorsch.

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