„Erst da habe ich gemerkt, wie total erschöpft und leer ich war“
Entspannt sein? Das kann er! Die Vorfreude auf die erste Bundesligasaison der Vereinshistorie ist auch Holger Sanwald anzumerken. Der Vorstandsvorsitzende des 1. FC Heidenheim machte nach dem Testspiel des FCH in Mergelstetten jeden Scherz mit und ließ es sich auch nicht nehmen, in ein Interview mit Frank Schmidt verbal „reinzugrätschen“. Spaß muss sein und ist dem „FCH-Boss“, wie Sanwald in Medien auch gerne bezeichnet wird, vergönnt.
Doch die aufreibende Meistersaison hat auch enorm viel Kraft gekostet, wie Sanwald einräumt. „Ich musste auch lernen, mir bewusst Auszeiten zu nehmen. Nach dem Aufstieg war ich mit meiner Familie zweieinhalb Wochen im Urlaub. Erst da habe ich gemerkt, wie total erschöpft und leer ich war“, erklärt der FCH-Vorstandsvorsitzende. „Wenn ich nicht weggegangen wäre, wäre ich vielleicht in einem Erschöpfungszustand die Sachen für die kommende Saison angegangen.“
Holger Sanwald: Auch im Urlaub viele E-Mails und Telefonate
Urlaub. Abschalten. Nichts vom Job wissen wollen. So einfach? Natürlich nicht! Bei Holger Sanwald war es ein Mix aus Urlaub und Arbeit. Natürlich habe er dennoch pro Tag „weit über 100 E-Mails zu beantworten und Telefonate zu führen gehabt“. Aber er habe auch Zeit nur für seine Tochter und seine Frau gehabt. „Wir konnten auch mal in Ruhe zu Abend essen. Weit weg, sodass uns keiner stört. Und ich konnte im Urlaub Kraft tanken und gleichzeitig die Dinge, die wichtig sind, vorantreiben.“
Holger Sanwald kennt es eigentlich gar nicht anders – wenn auch in verschiedener Intensität. Seit 28 Jahren ist er für die Heidenheimer Fußballer verantwortlich. Und gibt’s, durch den Aufstieg in die Bundesliga, jetzt noch mehr Fußball in seinem Leben? „Es ging vorher schon, glaube ich, gar nicht mehr Fußball“, sagt er. Dank seiner großen Erfahrung wisse er aber: „Man muss das Maß finden, damit man nicht überpacet (übertreibt). Das wäre am Schluss kontraproduktiv. Die Saison ist lang, da braucht man viel Kraft und muss sehr gut organisiert sein.“
Und Sanwald streicht, wie er es schon seit Jahren macht, die „DNA“ der Heidenheimer Fußballer heraus. „Wir möchten auch in der Bundesliga als geschlossene Einheit auftreten. Wenn das jetzt die Grenze ist, dass wir in der Bundesliga nicht mithalten können, dann werden wir es akzeptieren. Dann geht‘s halt nicht weiter.“ Aber: „Ich glaube, es gibt gerade dafür, für diesen Weg, den wir gehen, einen Platz und eine Chance in der Bundesliga“, betont der Vorstandsvorsitzende. Das Ziel sei es, die nächste Sensation zu schaffen. Denn es sei „mindestens die gleichgroße, wenn nicht sogar die größere Leistung, den Klassenerhalt zu schaffen“.
1. FC Heidenheim: Funktioniert der Weg auch in der Bundesliga?
Dafür sei eins die Voraussetzung: „Wir sind wahnsinnig froh, dass unsere Leistungsträger alle dageblieben sind. Hoffentlich bleibt es auch so“, betont Sanwald. Dazu kämen „spannende und hochinteressante“ Neuzugänge. „Wir wollen die Euphorie mitnehmen. Seit der Landesliga haben wir immer versucht, die Leistungsträger mit ihrer Aufstiegserfahrung zu halten. Das Eingespieltsein ist ein Pfund. Uns wurde immer vorausgesagt, in jeder Liga, dass wir mit diesem Weg unsere Grenze erreicht haben. Und das seit der Oberliga. Ob das in der Bundesliga funktioniert, weiß keiner. Aber es wäre ein großer Fehler, wenn wir jetzt darauf hören würden. Wir müssen uns treu bleiben“, betont Sanwald.
Und so entspannt der FCH-Vorstandsvorsitzende auch sein kann, weiß er auch, dass sehr viel Arbeit auf den Verein, der mit Mit-Aufsteiger SV Darmstadt das kleinste Budget der Bundesligisten hat, zukommen wird: „Es geht nur über Zusammenhalt und Leidenschaft, und dass wir wieder wie verrückt laufen. Wir haben in der 2. Liga mit Abstand die meisten Kilometer abgespult. Mehr als jeder Erstligist. Das müssen wir weitermachen, uns auf unsere Stärken besinnen. Der Klassenerhalt ist unser Ziel. Und den trauen wir uns zu, wir schaffen das.“
Holger Sanwald schaut auf jeden Euro
Der DFB-Pokal (und damit auch das Erstrundenspiel beim Oberligisten Rostocker FC am 13. August, 13 Uhr) ist für den FCH enorm wichtig. „Das sind wichtige Einnahmen, die uns Handlungsspielräume verschaffen“, sagt Holger Sanwald. „Es geht für uns darum, jeden einzelnen Euro, wenn es irgendwie geht, nicht auszugeben oder dazuzuverdienen.“
Am Mittwochabend, 19. Juli, bestreitet der FCH ein Freundschaftsspiel beim TSV Crailsheim (18.30 Uhr). Am Samstag, 22. Juli, testen die Heidenheimer beim Drittligisten FC Ingolstadt (15 Uhr).