Bundesliga

„Als Zugabe spielen wir gegen den Tabellenersten – schwerer kann’s nicht sein“: FCH-Trainer Frank Schmidt mit Blick auf das Bayern-Spiel

Der kriselnde 1. FC Heidenheim tritt am Samstag, 7. Dezember, beim übermächtig wirkenden Tabellenführer FC Bayern München an. Eine fast schon ausweglose Situation? FCH-Trainer Frank Schmidt wählt deutliche Worte und erklärt, worauf es beim 1. FC Heidenheim jetzt ankommt:

Der Dax hat mal wieder einen Höchststand erreicht. Ja, der mit dem x am Ende. Das deutsche Börsenbarometer kennt, so wirkt es, nur eine Richtung: die nach oben. Die Entwicklung des 1. FC Heidenheim verläuft konträr zu der des Dax. Es geht immer weiter runter in der Bundesligatabelle. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Gemeinhin heißt es im Börsenjargon, dass man vorsichtig werden muss, wenn die Euphorie zu groß wird. Und umgekehrt: Wenn die Stimmung so negativ ist, dass alles Schlechte eingepreist ist, kann es wieder nach oben drehen.

Was den FCH angeht, kippt die Stimmung, zumindest was die Bundesliga angeht, in den Angstbereich. Genau das könnte dem Verein in die Karten spielen. Und das, obwohl es am Samstag zum schier übermächtigen Gegner geht (15.30 Uhr). Der FC Bayern München hat bislang noch kein Spiel in der Bundesliga verloren (neun Siege, drei Unentschieden) und musste zu Hause in bislang fünf Spielen erst ein Gegentor hinnehmen. Auf der anderen Seite die Gäste, die in den letzten drei Ligapartien zwölf Gegentreffer kassierten.  

Wir stehen mit dem Rücken zur Wand.

Frank Schmidt, Trainer des 1. FC Heidenheim

Frank Schmidt hat unter der Woche seinen Spielern die Situation wie folgt verbildlicht: „Dass wir ein Stück weit unsere Knautschzone aufgebraucht haben oder den Puffer“, so der FCH-Trainer. Dem 50-Jährigen entfuhr während der Pressekonferenz auch ein markanter Satz: „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand.“ Schmidt betont aber auch: „Es gehört dazu, dass man solche Situationen und Phasen annimmt und versucht, sie zu meistern.“

Der Heidenheimer Coach lässt durchblicken, dass er mit der Einstellung seiner Mannschaft zuletzt nicht zufrieden gewesen ist. Die 0:4-Niederlage gegen Frankfurt – explizit der Auftritt in der zweiten Halbzeit – sei ein bitterer Moment gewesen. „Ich hätte erwartet, dass wir uns insgesamt anders präsentieren“, betont Frank Schmidt. Die Art und Weise in der zweiten Halbzeit sei „nicht hinnehmbar“ gewesen. Er sagt aber auch: „Ich möchte sehen, dass eine Mannschaft auf dem Platz steht, die wirklich alles aus sich rausholt. Die auch einen gewissen Glauben an sich hat und nicht bei einem Gegentor oder wie bei einer Situation wie der Verletzung von Marvin Pieringer (in Leverkusen) auf einmal ihr Leistungspotenzial nicht mehr abruft.“

Engagiert: FCH-Trainer Frank Schmidt beim Auswärtsspiel beim FC Bayern München in der Saison 2023/24. Foto: Eibner/Sascha Walther

Ausgerechnet in dieser Phase tritt der FCH als verunsicherter David bei Goliath in der bayerischen Hauptstadt an. Es liege auf der Hand, „dass wir jetzt nicht nach München fahren und sagen, wir spielen Hurrafußball“, sagt Schmidt. Aber er hat ganz klare Vorstellungen: Der FCH soll als Mannschaft kompakter stehen, die Spieler sollen sich mehr gegenseitig auf dem Platz helfen und Klarheit im Spiel gegen den Ball haben. Schmidt spricht von der DNA, die den FCH so stark gemacht habe. „Da müssen wir wieder zurückfinden. Diese Mentalität wieder entwickeln, nicht nur 20 Minuten, nicht nur eine Halbzeit, sondern über 90 Minuten, auch ein unangenehmer Gegner zu sein. Gegen den es schwerfällt, Chancen herauszuspielen oder Tore zu erzielen.“ In der Fußballersprache heißt es gemeinhin: „Den Laden hinten dichthalten.“

Kampf um den Ball zwischen Serge Gnabry (links) vom FC Bayern München und Omar Traore vom FCH. Foto: Eibner/Heike Feiner

Und nach vorne? Auch die Effektivität müsse sich der FCH zurück erarbeiten, sagt Frank Schmidt. Er macht aber auch deutlich: „Bei aller Kritik, dass wir zu wenig Torchancen kreiert haben und zu wenig Tore gemacht haben: Mit so vielen Gegentoren hast du einfach keine Chance.“ In München sei es klar: „Wenn du ein Tor schießen kannst, vielleicht. Das muss dann auch reichen.“

In dieser schwierigen Phase wird es darauf ankommen, wie sich die Mannschaft des FCH beim großen Favoriten präsentieren wird. „Jetzt als Zugabe spielen wir gegen den Tabellenersten – schwerer kann’s nicht sein“, sagt Schmidt. „Und trotzdem möchte ich sehen, dass jeder, der auf dem Platz steht oder ein paar Meter nebendran auf der Auswechselbank ist, mit jeder Faser seines Körpers, mit jeder Energie aus dem Kopf, dieses Spiel spielt, um und dann zu gucken, was für uns möglich ist.“

In der Saison 2023/24 waren sogar 8.000 FCH-Fans beim Spiel in München dabei. Foto: Eibner/Heike Feiner

Wird der FCH in München punkten können? „Man kann nicht davon ausgehen, obwohl es nie ausgeschlossen ist im Fußball“, sagt Frank Schmidt. „Wenn alles schon klar wäre, wenn alles schon vorgezeichnet wäre, dann müssten wir dieses Spiel nicht spielen und dann würden auch keine 75.000 (davon 5.000 aus Heidenheim) in die Allianz-Arena kommen.“ Niemand könne voraussagen, was passiert. Dies habe man in der vergangenen Saison „bei unseren Spielen gegen München auch gesehen“. Bei den Bayern musste sich der FCH mit 2:4 geschlagen geben, zu Hause gab’s aber einen 3:2-Erfolg.

Geschichte: Der 1. FC Heidenheim bezwang in der Bundesligasaison 2023/24 in der Voith-Arena den FC Bayern München mit 3:2. Foto: Eibner/Sascha Walther

Den Gastgebern fehlt mit Harry Kane der Top-Torjäger (14 Tore, neun Vorlagen). Ist es also ein guter Zeitpunkt, gegen die Bayern zu spielen? „Was bringt es uns das, über einen guten oder einen schlechten Zeitpunkt zu sprechen? Dann müsste ich ja sagen, es wäre der perfekte Zeitpunkt gegen uns zu spielen“, kontert Schmidt diese Frage. Es sei ohnehin egal, wer bei Bayern spiele. „Es wird viel Dominanz auf uns treffen, viel Variabilität im Spielaufbau. Es ist die Mannschaft mit den meisten Torabschlüssen, mit den meist geschossenen Toren. Wir brauchen nicht darüber zu reden, dass wenn ein Spieler fehlen wird, es sich gravierend ändern wird, was die Leistungsfähigkeit dieser Mannschaft betrifft“, so der FCH-Trainer über die enorme Qualität des FCB.

Für den FCH sei es eine neue Situation: „Am Anfang waren wir wie im Rausch. Euphorie war zu spüren, wir haben das Spielglück gehabt, viele Dinge liefen in unsere Richtung. Irgendwann ist das Pendel umgeschlagen.“ Das Spiel beim FC Bayern könnte nun eins werden, über das rückblickend gesagt wird: Das war wichtig. Für den Punktestand oder aber die Moral. Natürlich geht auch beides.

Wer darf für den 1. FC Heidenheim stürmen?

Neben Julian Niehues muss der FCH in München auch auf Marvin Pieringer verzichten. Mikkel Kaufmann hat sich am Donnerstag im Training verletzt und könnte auch ausfallen (Diagnose steht noch aus). Womöglich wäre das die Chance für Maximilian Breunig, als wahrscheinlich einzige Sturmspitze aufzulaufen.

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