Dass der Ball rund ist und ein Spiel 90 Minuten dauert, hatte einst Fußball-Bundestrainer Sepp Herberger festgestellt. An diesem Sonntag, 11. Februar, werden die Sportfans in der ganzen Welt gebannt auf einen Ball schauen, der eiförmig ist. Wie lange der Super Bowl – das Finale der amerikanischen Profiliga im American Football – zwischen den San Francisco 49ers und den Kansas City Chiefs in Las Vegas dauern wird, lässt sich nicht genau sagen. Was sich dagegen genau sagen lässt: In Heidenheim fiebern nicht nur die Footballer der Hellenstein Rascals und der Ostalb Highlanders auf das größte Einzelsport-Ereignis überhaupt hin, sondern auch einige Bundesliga-Profis des 1. FC Heidenheim.
Wie groß der Wirbel rund um ihren Sport geworden ist, hat selbst die aktiven Footballer überrascht. „Es ist schon verrückt, ich habe sogar im Kinderfernsehen gesehen, dass Football dort für die ganz Jungen erklärt wurde“, sagt David Marra, Abteilungsleiter der Hellenstein Rascals. Die große Entwicklung betrachten die HSB-Footballer aber durchweg positiv. Gleichermaßen wohlwollend schauen die Verantwortlichen der Ostalb Highlanders auf das gewachsene Interesse. „Es wird immer größer in Deutschland. Dass die Spiele zur besten Sendezeit im Fernsehen übertragen werden, sagt schon einiges“, betont Bastian Jost, Präsident der Highlanders – die auf personeller Ebene von dem Sportevent profitieren. „In den Wochen danach kommen jedes Jahr Leute auf uns zu“, sagt Jost. Entsprechend nutzen beide Vereine den Super Bowl, um auf sich aufmerksam zu machen.
Ostalb Highlanders und Hellenstein Rascals feiern Super-Bowl-Partys in Heidenheim
Die Rascals feiern ihre Party gemeinsam mit Football-Fans im Kino-Center Heidenheim (Siemensstraße 79). Das Vorprogramm und das Spiel (Beginn 0.30 Uhr) werden ab 23 Uhr im Kino-Saal auf großer Leinwand übertragen. „Wir sind als Kooperationspartner involviert und können uns da präsentieren“, sagt David Marra. Der Eintritt für das gemeinsame Football-Schauen ist kostenlos, Getränke und Hotdogs werden vor Ort angeboten (hier geht's zur Platzreservierung). Ebenfalls stimmungsvoll wird es auf dem Moldenberg. Im Vereinsheim der TSG Schnaitheim werden auch zahlreiche Spieler der beiden Aktiven-Teams (Flag und Tackle Fooball) dabei sein und „Wir freuen uns auf einen tollen Abend“, blickt Bastian Jost voraus. Beim gemeinsamen Mitfiebern vor der Leinwand ab 20.15 Uhr werden die Highlanders und die Football-Fans mit typisch amerikanischem Essen wie Burger und Chicken Wings versorgt (Reservierung unter 07321.7545992 erbeten).
Die Lust auf Football ist bei beiden Teams derzeit ohnehin groß. Sie können es kaum erwarten, im Frühjahr in den Ligabetrieb einzusteigen. Für die Highlanders ist es in der Aufbauliga eine Rückkehr nach einer Football-Pause, die Rascals stehen damit in der Kreisliga vor einer Premiere nach ihrer Gründung im Vorjahr. Wenn die Trainer beider Vereine noch Kicker für ihre Kader benötigen würden, könnten sie bei den vielen Fußballern im Landkreis anklopfen. „Die sportliche Kondition ist ja schon da“, sagt Bastian Jost mit einem Lächeln. „Es ist zwar eine Art des Tretens, aber die Fußballer sind da schon prädestiniert dafür“, sagt David Marra.
FCH-Profis schwärmen vom American Football
Vielleicht lohnt sich auch eine Anfrage beim 1. FC Heidenheim. Denn auch beim Bundesliga-Aufsteiger ist das Football-Fieber schon seit längerer Zeit ausgebrochen. Auf ihren Instagram-Auftritten zeigten sich mehrere FCHler beim Spiel der amerikanischen Profiliga in München auf der Tribüne. Die WM-Pause im vergangenen Winter nutzten unter anderem Kevin Müller, Tim Kleindienst sowie Patrick Mainka und schauten in den USA in den Football-Stadien vorbei. „Der physische Aspekt ist sehr beeindruckend beim Football. Dabei haben die verschiedenen Positionen alle auch verschiedene Anforderungen“, erklärt Mainka seine Begeisterung. Tim Kleindienst sieht Football derweil als gute Abwechslung für den Fußball-Alltag. „Ich kann deshalb dabei gut abschalten“, sagt er. Keeper Müller faszinieren die vielfältigen Aspekte des Sports. „Die Tatsache, dass alles über Spielzüge läuft, macht es besonders“, sagt er, „es ist ein athletischer, aber auch hochgradig taktischer Sport – mit vielen Anforderungen für jeden Spieler.“
Deshalb wird das Trio am Sonntag ebenfalls am Fernseher mitfiebern. „Wir werden wahrscheinlich wie jedes Jahr den Super Bowl mit ein paar Mannschaftskollegen schauen“, sagt Tim Kleindienst, der auch schon das Menü für den Abend verrät. Es werde auf Pizza oder Burger hinauslaufen, so der Angreifer. Zum perfekten Super-Bowl-Abend gehört für Kevin Müller aber nicht nur typisch amerikanisches Essen, auch der Dresscode muss stimmen. „Den Super Bowl sollte man immer im Trikot schauen, das ist ein absolutes Muss“, sagt er 32-Jährige.
Patrick Mainka und Kevin Müller tippen auf einen Sieg der Kansas City Chiefs
Bei der Frage, wer am Sonntag den Titel mit nach Hause nehmen wird, herrscht weitgehend Einigkeit. „Ich denke, die Chiefs werden gewinnen, da sie einfach eine Sicherheit in großen Momenten haben“, prophezeit Patrick Mainka. Ähnliche Vorteile schreibt Kevin Müller den Chief zu. „Sie haben einfach mehr Super-Bowl-Spiele bestritten und bringen somit mehr Erfahrung in dieser entscheidenden Phase mit“, sagt der Torhüter, der wie seine Teamkollegen das Megaevent einmal live im Stadion sehen will. Da sich der Termin mit der Bundesliga-Saison überschneidet, müsse das bis zum Karriereende warten, so Müller. „Es steht aber definitiv ganz oben auf meiner Bucket-List“, sagt er. Tim Kleindienst stimmt seinem Mitspieler zu. „Als Football-Fan ist das ein Event, welches man auf jeden Fall einmal erleben möchte“, sagt der 28-Jährige, der selbst noch eine kleine Hürde sieht. „Ich weiß aber nicht genau, wie man überhaupt an die Tickets rankommt“, sagt Kleindienst. Wenn das mit Tickets klappen würde, wäre Patrick Mainka auf jeden Fall mit dabei: „Den Super Bowl mal live zu erleben, wäre wirklich ein Traum.“
Auf dem Rasen geblieben: erst Fußballer, dann Footballer
Die Idee, dass die FCHler sich als Footballer versuchen könnten, ist gar nicht so abwegig. In der Vergangenheit starteten gleich mehrere frühere Fußball-Profis in ihrer zweiten Karriere im American Football durch. BVB-Legende Manfred Burgsmüller agierte von 1996 bis 2002 als Kicker des Düsseldorfer Profiteams Rhein Fire. Sein Nachfolger wurde der frühere Schalke-Mittelfeldspieler Ingo Anderbrügge. Den größten Erfolg feierte aber ein Österreicher. Toni Frisch holte in den 1960ern mit Rapid Wien drei österreichische Meistertitel. 1971 wurde er dann aber von den Dallas Cowboys als 26-Jähriger in die US-Profiliga NFL gelotst. 16 Jahre spielte er dort als Kicker und gewann mit den Cowboys 1971 den Super Bowl.