Warum die Fans ihren 1. FC Heidenheim trotz der Niederlage gegen Bayern München zurecht feierten
Das Gros der Zuschauer in der Allianz Arena verstummte, doch im Gästebereich stieg der Lärmpegel plötzlich gen Maximum, es mischte sich positive Fassungslosigkeit mit purer Euphorie. Erst der Anschlusstreffer von Tim Kleindienst gefolgt vom Ausgleichstor von Niklas Beste. Der FCH hatte es wieder getan und wie im Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund Anfang September einen 0:2-Halbzeitrückstand egalisiert. Auch die Erinnerungen an das 4:5 im Viertelfinale des DFB-Pokals bei den Bayern im April 2019 kamen auf.
„Leider haben wir nur zwei Minuten dafür sorgen können, dass etwas Nervosität hier in München aufgekommen ist. Das 3:2 kam dann einfach zu schnell“, sagte FCH-Trainer Frank Schmidt nach der 2:4-Niederlage am Samstagnachmittag.
Fans des 1. FC Heidenheim sorgen in München phasenweise für Heimspielstimmung
Die Feierstimmung setzte aber nicht erst zwischen der 67. und 70. Minute ein, als die FCH-Tore fielen. Mit dem Ertönen des Anpfiffs wurde der Stimmungsschalter umgelegt und trotz der zahlenmäßigen Unterlegenheit in der mit 75.000 Zuschauern ausverkauften Allianz Arena waren es die Gästefans, die streckenweise den Ton angeben. „Das war wirklich Wahnsinn, wir sie uns unterstützt haben“, sagte Kapitän Patrick Mainka und schickte ein Dankeschön: „Hut ab für jeden, der den Weg auf sich genommen hat.“
Rund 8.000 Heidenheimer hatten sich nach München aufgemacht. Auf der Autobahn A8 reihte sich Auto an Auto mit Heidenheimer Kennzeichen, dank der rot-blauen Schals und Fahnen in den Fenstern ließen sich auch einige Busse ausmachen, die ein offensichtliches Ziel ansteuerten.
Viele Fans waren bereits Stunden vor dem Spielbeginn am imposanten Fußball-Tempel angekommen und fieberten dem Einlass entgegen. Und die Spieler des Aufsteigers? Die schienen die Botschaft schon während des Aufwärmens verstanden zu haben, dass die Partie nicht nur sportlich großen Wert hat, sondern auch für ihre Anhängerschaft keine gewöhnliche ist. Und das Zusammenwirken zwischen Fans und Mannschaft funktionierte. „Das ist etwas ganz Besonderes für unsere Fans“, sagte Torschütze Tim Kleindienst, "wir konnten sie 90 Minuten lang hören, das hat uns nach vorne gepeitscht und uns den Rücken gestärkt.“
FCH-Trainer Frank Schmidt: "Die Richtung stimmt"
Die Energie, die von den Blöcken wirkte, diente wohl auch ein Stückweit als Wachmacher. Anders als bei den beiden Auswärtsspielen in Mönchengladbach verschlief der FCH den Start nicht und war sofort präsent und stemmte sich gegen den klar favorisieren Rekordmeister. Andersherum ließen sich die Fans von dem Mut und der Widerstandskraft ihrer Mannen auf dem Feld anstecken und strapazierten ihre Stimmbänder noch mehr.
Die Heidenheimer Symbiose führte dazu, dass der FCH wohl sein bestes Auswärtsspiel in dieser Spielzeit über 90 Minuten ablieferte und zudem unter Beweis stellte, dass sich das kleine Heidenheim vor keinem Team der Liga verstecken muss. Auch das Punktekonto liest sich mit zehn Punkten nach elf Spielen immer noch ordentlich. „Die Richtung stimmt, wir müssen aber gegen andere Mannschaften die Punkte holen“, sagte Frank Schmidt, „Wir haben immer eine gute Körpersprache und glauben an uns, selbst wenn wir mit 0:2 gegen Bayern München zurückliegen.“
Enttäuschung über Niederlage in der Allianz Arena überwiegt
Nach dem Sieg gegen den drittplatzierten VfB Stuttgart hat es der FCH dank einer starken Leistung geschafft, dass sich die Spieler nach dem Schlusspfiff sogar ärgern durften, weil die durchaus mögliche Überraschung nicht Realität wurde. „Wir haben immer noch daran geglaubt, dass wir noch einmal zurückkommen können“, sagte Kapitän Patrick Mainka, „Direkt nach dem Spiel ist die Enttäuschung größer als der Stolz über die Leistung.“
Der zweite Aufsteiger SV Darmstadt 98 hatte an gleicher Stelle mit 0:8 verloren, der VfL Bochum mit 0:7. Der FCH eben nicht. Die Heidenheimer zeigten sich wehrhaft und obwohl der 4:2-Sieg der Münchener letztlich verdient war, verließen die Spieler die Allianz Arena mit breiter Brust – und können nun mit selbiger die nächsten Aufgaben angehen. „Wir haben ein super Spiel gemacht, das kannst du mitnehmen“, sagte Tim Kleindienst und zeigte sich auch mit dem bisherigen Saisonverlauf zufrieden: „Es ist nicht so, dass wir nicht mithalten können. Wir holen unsere Punkte und ich hoffe, dass noch einige dazukommen.“
Nach Länderspielpause folgt Heimspiel gegen den VfL Bochum
In der Länderspielpause haben Patrick Mainka, Tim Kleindienst und Co nun ein paar Tage Zeit, das erste Saisondrittel noch einmal Revue passieren zu lassen. Womöglich dreht sich dann beim Heidenheimer Kapitän auch die Gefühlslage, sodass dann doch der Stolz über das Erreichte dominiert. Und die Fans: Die können nun ihre Stimme schonen, damit sie beim nächsten Heimspiel am Sonntag, 26. November, gegen den VfL Bochum ihre Spieler lautstark unterstützen können.
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