„Tante Anni“ drückt die Daumen

Welcher Wunsch des wohl ältesten FCH-Fans in Erfüllung ging

Eine offizielle Statistik gibt es nicht, aber viel spricht dafür, dass Anna-Luise Kitzig der älteste Fan des 1. FC Heidenheim ist. Zu ihrem 102. Geburtstag erhielt die in der Nähe von Ulm lebende Seniorin ein ganz besonderes Geschenk: ein Trikot mit allen Unterschriften der FCH-Spieler.

Kitzigs Liebe für Heidenheims Fußballer kommt nicht von ungefähr, denn sie wurde 1921 als Anna-Luise Keck in Heidenheim geboren, wuchs in der Degenhardstraße auf. „Ein Nachbar von uns hat Fußball gespielt, seither interessiere ich mich dafür“, erzählt die mit ihren 102 Jahren immer noch körperlich und geistig fitte Dame, die jeden Tag die Zeitung liest und auch mit dem Handy umgehen kann.

In ihrer Kindheit führte bei den Spaziergängen mit den Eltern der Weg oft an einem Fußballplatz vorbei. „Dann hab ich mich immer hingesetzt und gesagt: Holt mich nachher wieder ab“, erinnert sich Anna-Luise Kitzig, die selbst immer gerne Sport machte – wenn auch nie im Verein.

Lieber den Fußballern zugeschaut

Einigen Heidenheimern ist ihr 2007 verstorbener Mann Paul Kitzig noch ein Begriff. Ihn hatte es nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Ostalb verschlagen, dabei war er zunächst als Dolmetscher für die Militärregierung tätig. Nach seinem Lehramtsstudium baute Paul Kitzig dann die erste Heidenheimer Mittelschule auf – die damals noch Albert-Schweitzer-Realschule hieß. Nach sieben Jahren nahm er eine Stelle als Schulrat in Ludwigsburg an, wurde schließlich zum Direktor des damaligen staatlichen Schulamtes Ulm berufen.

Seither lebt Anna-Luise Kitzig im Ulmer Land, ihr Herz schlägt aber weiterhin für die Fußballer ihrer Geburtsstadt. Deren Entwicklung hat sie immer verfolgt, ganz besonders dann den sensationellen Weg des FCH bis in die 1. Bundesliga. Und so wünschte sie sich zu ihrem 102. Geburtstag im vergangenen November auch ein Trikot des 1. FC Heidenheim mit Unterschriften der Spieler. Dieses hat nun einen Ehrenplatz in ihrem Wohnzimmer.

„Ich genieße den Moment“

Im Lauf der Jahre beeindruckte sie so mancher Heidenheimer Spieler, wenn sie sich auch nicht mehr an die Namen erinnert. „Mein Gedächtnis ist ein Sieb, ich genieße einfach den Moment“, sagt die 102-Jährige mit einem Schmunzeln. Einen kennt sie aber genau: „Den Frank Schmidt finde ich wirklich großartig. Der ist immer so gelassen, er stellt die Mannschaft gut auf und ich denke mal, seine Spieler werden auch zufrieden sein. Die wirken jedenfalls so“, sagt Anna-Luise Kitzig. Ins Stadion schafft sie es natürlich nicht mehr, aber wann immer möglich, verfolgt sie die FCH-Spiele im Fernsehen. „Dann lege ich mir das Trikot über die Brust und bin irgendwie auch dabei“, berichtet sie.

Über den Stand des FCH ist sie bestens informiert und in Sachen Klassenerhalt guter Dinge. „Ich wünsche es ihnen von Herzen und drücke fest die Daumen. Das ist ein guter Verein, mit bodenständigen Leuten, die einfach arbeiten und kein großes Tamtam machen“, so Anna-Luise Kitzig.

Eine fußballbegeisterte Familie

Die FCH-Termine schickt ihr Sohn Götz immer aufs Handy – der ist übrigens großer Dortmund-Fan. Tochter Carola hält es dagegen mit dem SC Freiburg, ein Enkel ist Anhänger des FC Augsburg und über den 1. FC Heidenheim wird sie unter anderem von ihrem Neffen Hans-Günter Ocker und dessen Frau Sabine auf dem Laufenden gehalten. So wird mit „Tante Anni“ immer wieder eifrig über Fußball geredet. „Wir tauschen uns aus, aber da gibt’s keine Rivalität, die mögen den FCH auch alle“, sagt Anna-Luise Kitzig, die sich nun auf Samstag freut. Dann wird sie das Spiel des FCH gegen Wolfsburg im Fernsehen anschauen – natürlich mit Trikot und fest gedrückten Daumen.

Als der Fußball nach Heidenheim kam

Im Jahr 1921, dem Geburtsjahr von Anna-Luise Kitzig, war die Sportart Fußball in Heidenheim noch ganz jung. Erst elf Jahre zuvor hatten Ingenieure einen VfB Heidenheim gegründet, 1911 gab es dann auch erstmals eine Fußballabteilung im großen Turnverein Heidenheim.

Dagegen war 1846 die Sportart noch gar nicht bekannt, nicht einmal im Fußball-Mutterland England. Erst zwei Jahre später verfassten Studenten der Universität Cambridge ein erstes Regelbuch, 1857 wurde der erste Fußballverein gegründet und erst so ab 1874 fasste das Spiel in Deutschland Fuß. Aber 1846 ist eben das Gründungsdatum der Turngemeinde Heidenheim, aus der letztlich die aktuell so erfolgreichen Fußballer hervorgingen.