Verblüffendes Comeback eines Baseballers
Der Schock erfolgte vor zehn Wochen im Spiel gegen Mainz. “Ich habe den Ball gefangen, bin danach auf dem Knie gelandet und hab sofort gemerkt, dass etwas passiert ist”, beschreibt Simon Liedtke die verhängnisvolle Szene. Der in diesem Spiel als Shortstop eingesetzte Spieler der Heideköpfe musste vom Feld und erhielt schnell die Diagnose: Riss des hinteren Kreuzbandes. Diese Saison, so prognostizierten es nicht nur die Ärzte, sei für den 22-Jährigen gelaufen. Doch es kam anders.
Die erste Woche mit Schiene
“Zunächst war ich schon sehr niedergeschlagen, lag die erste Woche auch nur mit einer Schiene im Bett”, berichtet Liedtke, der sich für die Saison so viel vorgenommen hat, immer vor Ehrgeiz brennt. Doch dann lief der Heilungsprozess ganz erstaunlich. Das Knie wurde nicht operiert, der junge Sportler startete schon früh mit Physiotherapie. “Ich habe eine günstige Kniestellung, generell wird bei einem Riss des hinteren Kreuzbandes inzwischen meist konservativ behandelt”, sagt Liedtke.
Nahezu jeden Tag ging er zum Physiotherapeuten, fuhr viel mit dem Rad, begann langsam das Krafttraining zu steigern. “Die Muskulatur übernimmt die Funktion des Bandes, dabei muss das Knie aber auch beweglich bleiben”, erklärt Liedtke, der Sport und Mathematik auf Lehramt studiert und schon von daher mit der Materie nicht ganz unvertraut ist.
Nach sechs Wochen schon wieder auf dem Platz
Von ärztlicher Seite wurde ihm ein Trainingsstart nach frühestens sieben bis acht Wochen in Aussicht gestellt, zu diesem Zeitpunkt stand er aber schon wieder auf dem Platz. “Nach sechs Wochen wurden Tests gemacht und es zeigte sich, dass das Knie wieder stabil ist”, sagt Liedtke. So spielte er auch schon wieder in der zweiten Mannschaft der Heideköpfe im Feld und am Schlag, im Bundesligateam reichte es zu einem Kurzeinsatz als Werfer.
Bei 100 Prozent ist er trotzdem noch nicht. “Ich kann noch nicht voll sprinten und schnelle Richtungswechsel sind auch schwierig”, sagt der vielseitige Sportler, der mit seinem Verein aus der Not eine Tugend machte. Denn Liedtke ist nicht nur ein guter Infielder und schneller Schlagmann, er wurde dank seines guten Wurfes auch schon in der Vergangenheit immer wieder als Pitcher eingesetzt.
Und darauf setzen die Heideköpfe nun in den Play-offs, sind damit in diesem wichtigen Bereich noch breiter aufgestellt. “Es läuft gut, durch das Training ist mein Wurf noch härter geworden. Trotzdem hoffe ich, in diesem Jahr auch noch im Feld spielen zu können”, sagt Liedtke.
In den Play-offs erwartet er gleich am Wochenende gegen die Dohren eine schwere Aufgabe, auch wenn die Wild Farmers in der Nordgruppe nur Vierter (13:17 Siege) wurden. “Die werden sicher mit Selbstvertrauen hier antreten, sind gegen uns hoch motiviert”, sagt Liedtke, ist aber insgesamt zuversichtlich und hat ganz klar den Einzug in die Finalserie im Visier: “Wir haben haben einen breiten Kader, junge und erfahrene Spieler, alles was ein Team braucht.”
Liedtkes zweites große Ziel
Sein anderes großes Ziel in diesem Jahr ist die U-23-Europameisterschaft in Wien, für die er trotz der Verletzung nominiert wurde. “Ich bin super stolz, dass ich mit darf, dafür spiele ich Baseball”, sagt Liedtke und hofft auf eine Medaille mit dem deutschen Team, das er vermutlich auch als Pitcher unterstützen wird. “Es ist sicher etwas drin, es kommen auch die guten Leute, die derzeit aufs College gehen”, sagt der Heidekopf, den seine ebenfalls nominierten Vereinskameraden Luca Hörger und Kilian Redle begleiten.
Durch die Verschiebung der Viertelfinalserie gegen Dohren waren zunächst Probleme befürchtet worden, doch jetzt können die drei Heidenheimer am übernächsten Wochenende in Dohren noch spielen, reisen dann der U-23-Auswahl hinterher und sind rechtzeitig zum Turnierstart am 8. August in Wien.
Noch ein paar Titel mit den Heideköpfen
Auch in den nächsten Jahren liegt Liedtkes Fokus neben dem Studium ganz klar auf dem Baseballsport. Als 15-Jähriger wechselte der Stuttgarter von den Reds zu den Heideköpfen, mit denen er bereits drei deutsche Meisterschaften gewann. “Da sollen noch ein paar dazu kommen”, so Liedtke schmunzelnd. Dass er dafür weiterhin die Fahrerei zwischen Stuttgart und Heidenheim auf sich nimmt, ist da kein Thema. “Das ist hier ein super Verein, das Umfeld ist klasse, da mache ich das gerne”, sagt Liedtke und sieht auch bei den Heidenheimer Baseballern die besten Bedingungen dafür, seinen großen Traum zu erfüllen: In der Herren-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft zu spielen.
Auftakt gegen Dohren am Wochenende
Eine Woche nach der Konkurrenz starten nun auch die Baseballer auf Heidenheim und Dohren in ihre Viertelfinalserie. Dabei gastieren die Wild Farmers zunächst am Samstagabend (18 Uhr) und Sonntag-Nachmittag (13 Uhr) im Hellensteinenergie Ballpark der Heideköpfe. Weiter geht’s am 5. August in Dohren, wer zuerst drei Siege hat steht im Halbfinale (gegen den Sieger aus Regensburg gegen Hamburg).
Die Heideköpfe gehen als Favorit ins Duell mit dem Viertplatzierten aus dem Norden, allerdings war Dohren bis zuletzt im Spielbetrieb, während die HSB-Baseballer seit dem 9. Juli kein offizielles Spiel mehr bestreiten konnten und somit etwas aus dem Spielrhythmus sind. Mit den Wild Farmers kommt eine relativ unbekannte Mannschaft nach Heidenheim, einzig in den Interleague-Spielen 2017 spielten die Teams gegeneinander, die Heideköpfe gewannen zwei hochdramatische Spiele knapp mit 4:3 und 9:8.