AC Milan Heidenheim: Warum Torhüter Ibrahim Tandjigora wieder da ist
Da blutet das Fußballerherz: Nach einer desaströsen Saison stieg der AC Milan Heidenheim aus der Bezirksliga ab. Letzter Tabellenplatz, 164 Gegentore in 30 Spielen (knapp 5,5 pro Partie, wobei die Heidenheimer zu zwei Spielen nicht angetreten waren und diese „nur“ mit 0:3 gegen sie gewertet wurden) sprechen eine deutliche Sprache.
Die Fußballfloskel „sang- und klanglos abgestiegen” trifft aber nicht zu. Es gab viel Wirbel beim AC Milan. So traten Trainer Dusko Cuckovic und Kapitän Darko Cuckovic während der Saison zurück. Und Torhüter Aladji Ibrahim Tandjigora erklärte nach dem Doppelspieltag über Ostern, dass er auch nicht mehr spielen wolle.
Doch die Heidenheimer setzten auch ein Ausrufezeichen: Unter Trainer Ümit Meral spielten sie die Saison zu Ende – auch wenn es an jedem Spieltag wehtat. Und sie wagen zur neuen Saison unter einem neuen Trainer einen Neuanfang. „In den letzten zwei Jahren wussten wir nicht, wie es weitergehen soll“, erinnert sich Maurizio Villani. Und jetzt, knapp einen Monat, nachdem es neben dem neuen Coach Salvatore Di Gregorio (kam vom TV Gundelfingen) auch ein neues Konzept gibt? „Ganz ehrlich, ich bin selbst sprachlos“, sagt Villani über die neu entfachte Euphorie rund um den kleinen Verein. „Wir sind mehr als zufrieden, wie es läuft. Und ich bin begeistert, dass wir so viele Spieler haben“, so der Milan-Vorsitzende.
Zunächst wollte der AC Milan Heidenheim nur eine Mannschaft melden. Aber da bis zu 40 Spieler im Training seien, wurde kurzfristig doch noch eine Reservemannschaft (und somit ein zweites Team) gemeldet. „Es weht ein frischer Wind, uns geht es so gut wie schon lange nicht mehr“, schwärmt Villani.
Ein wichtiger Baustein ist Aladji Ibrahim Tandjigora. Der Torhüter, der nach dem Osterwochenende völlig frustriert seinen überraschenden und sofortigen Rückzug erklärt hatte. Der Spielerpass des 28-Jährigen war aber die ganze Zeit beim AC Milan Heidenheim. Tandjigora ist zurück, dabei war er nie wirklich weg. Geht das so einfach?
„Damals war ich schon enttäuscht, als er uns verlassen hat“, sagt Maurizio Villani über den Weggang des Keepers. „Ich hatte aber auch Verständnis für seine Situation. Für ihn war das alles sehr deprimierend.“ Wenn es um Tandjigora geht, fällt eine Beschreibung immer: ehrgeizig. Villani sagt: wahnsinnig engagiert. „Menschlich schätze ich ihn sehr. Und er ist ein Toptorhüter. Wer kann es uns verübeln, dass wir ihm eine zweite Chance geben?“ sagt Villani. „Jeder Verein möchte so einen Torwart haben.“
Viele Angebote für Aladji Ibrahim Tandjigora
In der Tat, Tandjigora stand dem Vernehmen nach auch bei höherklassigen Vereinen hoch im Kurs. Auch Landesligist SV Neresheim oder Bezirksligist TSG Nattheim zeigten Interesse. Tandjigora selbst bestätigt, dass er mit sechs, sieben Vereinen im Kontakt gestanden habe. „Eigentlich wollte ich eine Pause einlegen. Aber viele haben gesagt: Ibrah, du bist zu jung. Warum willst du aufhören?“, sagt der umworbene Torhüter.
Dabei hätten ihm die Anfragen auch gutgetan. „Ich war deswegen schon etwas überrascht, da wir mit Milan sehr viele Tore bekommen haben“, erzählt Tandjigora über aufkommende Selbstzweifel. Das Interesse der anderen Vereine habe ihm bewusstgemacht, dass er nicht an den vielen Gegentoren schuld gewesen sei.
Und er sagt, dass er durchaus mit anderen Vereinen Gespräche geführt habe. Ob finanzielle Aspekte eine Rolle gespielt hätten, möchte der Vater zweier Kinder nicht kommentieren, sagt aber auch, dass „Fußball ein Business“ sei.
Letztlich habe ihn aber der erhöhte Aufwand in höheren Ligen und den teilweise weiten Fahrten zu Auswärtsspielen abgeschreckt. Und er betont, dass er wisse, was er am AC Milan Heidenheim habe. „Herr Villani kennt mich gut und der neue Trainer ist ein guter Typ. Er ist motivierend und kann streng sein. Aber er ist ein sehr guter Mensch“, sagt Tandjigora über den neuen Coach Di Gregorio.
Und wie ordnet dieser den Rückkehrer ein? „Er hatte ja nicht wegen den schlechten Ergebnissen aufgehört, sondern weil es im Team nicht mehr gepasst hat“, zeigt Di Gregorio Verständnis. Der Coach habe sich mit den Vereinsverantwortlichen und Kapitän über Tandjigora ausgetauscht. „Alle schätzen ihn als Menschen. Und er ist im Umkreis einer der besten Torhüter“, sagt der 43-Jährige.
Aladji Ibrahim Tandjigora sei wieder herzlich aufgenommen worden. „Wir haben ihn gefeiert“, erklärt Di Gregorio. Und das ohne finanzielle Anreize? „Bei uns bekommt keiner auch nur einen Cent“, betont der Milan-Trainer, der ebenfalls von der Euphorie rund um den Verein sehr angetan ist.
Nach nur wenigen Monaten ist Torhüter Aladji Ibrahim Tandjigora also zurück beim AC Milan. „Es gibt bestimmt viele Menschen, die denken: Warum kommt er zurück?“, fasst Tandjigora zusammen. „Ich gehe dahin, wo es gut für mich ist. Und ich möchte dem Verein helfen“, sagt er. Dabei gefällt ihm die neue Stimmung, die herrsche. Zu dieser wolle er beitragen, schließlich gelte er auch als Spaßvogel.
Allerdings ein ehrgeiziger. Zwar sei es in der Kreisliga ruhiger, sagt der Keeper. „Aber man muss immer Ziele und Vertrauen haben“, so der Maschinenanlageführer (Hüttenwerke Königsbronn). „Mit Milan möchte ich am liebsten oben mitspielen.“
Selbst Trainer Salvatore Di Gregorio ist überrascht
Milan zurück zu guten Zeiten zu führen sei das Ziel, sagt Salvatore Di Gregorio. Der Trainer ist selbst angetan von der Größe des Kaders. „Ich dachte, dass es sich nach der siebten oder achten Trainingseinheit zeigen wird, wer mitzieht und wer nicht. Aber die Spieler wurden nicht weniger, sondern mehr.“ Die Folge: Milan hat wieder zwei Mannschaften im Spielbetrieb (in der Winterpause der vergangenen Saison wurde die zweite Mannschaft aufgrund Spielermangels abgemeldet).