Zu gerne wäre er im Freundschaftsspiel gegen die Traditionsmannschaft des 1. FC Heidenheim für den FV Sontheim aufgelaufen und sich womöglich mit Marc Schnatterer Laufduelle geliefert. Mit 299 Spielen für den FVS hätte Tobias Hörger im Sontheimer Kader gestanden. Allerdings kam dem 28-Jährigen an dem Wochenende zum einen ein Junggesellenabschied dazwischen, zum anderen wäre ein Einsatz noch zu früh gewesen.
Hinter Hörger, der von Trainer Sebastian Knäulein als „absoluter Führungsspieler“ bezeichnet wird, liegt eine medizinische Odyssee. Im Sommer 2022 bekam er Probleme mit dem Knie, die er auf eine mögliche Überbelastung zurückführt. Fast ein Jahr lang spielte er unter Schmerzen, ehe ihm August Edis Yoldas bei einer lockeren Laufeinheit im Sommer 2023 ins Gewissen redete. „Wir kannten uns ja da noch nicht so gut, Yolz (Spitzname von Yoldas) war ja erst neu dabei bei uns, aber er hat mir den Anstoß von außen gegeben, mich richtig untersuchen zu lassen“, erinnert sich Hörger.
Anfangs wurde ein Knorpelschaden vermutet, das Hauptproblem war aber eine Verletzung, die einst auch Weltmeister Bastian Schweinsteiger umtrieb: ein Patellaspitzensyndrom. Tobias Hörger suchte viele Ärzte auf, versuchte es mit einer Stoßwellen- und einer Eigenbluttherapie. Nichts konnte ihm helfen. Fast schon aus purer Verzweiflung, wie er sagt, suchte er Anfang 2024 auf Instagram nach dem Begriff Patellasyndrom – und wurde auf einer Seite eines Trainers fündig. Dieser empfahl exzentrisches Training. Während einer exzentrischen Phase einer Krafttrainingsübung wird ein Muskel unter Belastung gestreckt, um in seine Ausgangsposition zurückzukehren (der Muskel geht auf).
Hörger profitierte davon deutlich und hatte im letzten Heimspiel der vergangenen Saison im Juni 2024 sogar einen achtminütigen Kurzeinsatz. Allerdings hatte er bereits einen Operationstermin ausgemacht. „Klar, manche haben sich gewundert, warum jetzt doch die OP ansteht. Aber das Knie soll ja nachhaltig besser werden“, erklärt er. Bei einem neuen Verfahren („Tenex Health“) wurde ein nur kleiner Schnitt am Knie vorgenommen. Über einen Stab wurden anschließend Ultraschallwellen an die betroffene Stelle gesendet. Das kaputte Gewebe im Knie wurde auf diese Weise abgelöst (es regiert auf eine bestimmte Wellenlänge) und mittels eines Schlauchs abgesaugt.
Anfang Juni konnte Hörger bereits Fahrradfahren, zudem ging es ins Fitnessstudio. Zuletzt war er auch wieder im Mannschaftstraining und konnte bestimmte Passübungen oder Spielformen mitmachen. „Allerdings muss ich aufpassen, da sich das Knie schon noch meldet“, sagt er. Es sei ein schmaler Grat zwischen richtiger Be- und Überbelastung.
Aber ich war ja nicht für meine Technik bekannt, sondern fürs Laufen.
Tobias Hörger nimmt sich selbst auf den Arm
Auf ein konkretes Ziel für sein Comeback möchte er sich nicht mehr festlegen. „Anfangs habe ich das gemacht und mir zum Beispiel einen Zeitraum von acht Wochen gesetzt. Und als es nicht geklappt hat, war ich frustriert“, erklärt Tobias Hörger. Allerdings hofft er, in der Hinrunde der neuen Saison wieder für den FV Sontheim auflaufen zu können. „Ich weiß aber nicht, ob ich an das Leistungsniveau von früher anknüpfen kann“, sagt Hörger und schiebt einen Scherz nach: „Aber ich war ja nicht für meine Technik bekannt, sondern fürs Laufen.“
Mit dieser lockeren Art fehlt er natürlich auch in der Kabine. Auch deswegen freuen sich seine Mitspieler darauf, wenn Tobias Hörger sein Comeback in seinem 300. Spiel für den FV Sontheim feiern wird. „Das wäre schon etwas Besonderes“, sagt er selbst.