Die Sache ist ernst. So ernst, dass die Fußballerinnen des TV Steinheim an sie mit viel Humor rangehen. „Davon kann man echt Augenkrebs bekommen“, witzelt Aynur Demir über das erste Promovideo der Albuch-Kickerinnen. „Es war echt informativ. Aber es ging so schnell, ich konnte gar nicht so schnell lesen. Vielleicht liegt es daran, weil ich etwas älter bin“, scherzt die 45-Jährige über schnelle Videoschnitte und Einblendungen, die in einem Clip auf dem Steinheimer Instagram-Kanal zu sehen sind, in dem die Fußballerinnen für Neuzugänge werben.
So manch einer würde das Wort „Legende“ in Bezug auf Demir fallen lassen. Schließlich ist die Mergelstetterin, die im damaligen Kreiskrankenhaus (Vorgänger des Klinikums) auf dem Schlossberg geboren wurde, seit 2001 dabei. Sie kennt die Entwicklung bei den Steinheimer Fußballerinnen wie kein anderer. Das Problem: Ein Großteil der älteren Spielerinnen möchte nach dieser Saison aufhören. Nicht so Demir, die an ihrem 45. Geburtstag mit der Mannschaft im Sommer vergangenen Jahres den Aufstieg in die Regionenliga feiern durfte. Und auch in der kommenden Saison dabeibleiben möchte. „Wenn es eine Mannschaft gibt“, sagt Demir, die die erste ist, die in der Kabine tanzt. „Wenn die Jüngeren Musik auflegen, bin ich sofort dabei. Die haben richtig gute Musik, die mir gefällt. Das hält mich jung“, lobt sie.
Nun geht’s für den TV Steinheim wohl wieder zurück in die Bezirksliga. Kein Problem am Albuch, wo langfristig gedacht wird. Und so schob Vanessa Lindner ein Video nach. Und was für eins. Mit Witz und Esprit – und reichlich Selbstironie – werden in diesem Clip die Spielerinnen mit ihren Marotten kurz vorgestellt. Die eine ist die ganze Zeit im Urlaub. Eine andere dauerverletzt, manche gehen lieber feiern, als Fußball zu spielen. Oder aber in Bundesligastadien. Oder müssen auf eine Baustelle. Normalität im Amateurfußball.
undefined
Das Ziel liegt auf der Hand: Reichweite und Aufmerksamkeit zu generieren und zu bekommen. „Abends dachte ich mir: Komm‘, schneid noch ein Video. Aber ein lustiges“, sagt Vanessa Lindner. Die 26-Jährige ist seit kurzem für den Instagram-Kanal des TV Steinheim mitverantwortlich und weist auf diesem zum Beispiel auf anstehende Spiele hin. Fotos hatte sie, davon gibt es schließlich reichlich. Dazu ein kurzer Text zu jeder Kickerin. „Mir ist relativ schnell etwas eingefallen. Nach drei Stunden war das Video fertig“, sagt die Königsbronnerin, die sich selbst im Clip als Dauerverletzte auf den Arm nimmt. Bei einer Knie-Operation wurde ihr eine Falte am Knorpel (Plica) entfernt. „Böse Zungen behaupten auch, ich hätte mir umsonst eine Schönheits-OP gegönnt“, sagt Lindner – und lacht.
Alle im Video erwähnten Spielerinnen gaben grünes Licht für die Veröffentlichung. Und von Aynur Demir gab’s krönende Worte: „Geil! Das ist es! Genial!“, sagt die Fachoberlehrerin (Berufsschule in Ellwangen) über den zweiten Clip, den sich bislang über 7.000 Menschen angesehen haben. Sie sei über die Reichweite schon überrascht gewesen, sagt Vanessa Lindner. Daraufhin kamen bereits vier Interessierte ins Probetraining. „Da ist man schon stolz drauf“, so Lindner, die Kindheitspädagogik studiert hat und in Oberkochen arbeitet.
„Ich fand’s richtig gut, es war lustig verpackt und man hat die Mannschaft etwas kennenlernt“, sagt Cora Meck über das Video. Die Heidenheimerin gilt bei „Insidern“ als diejenige, die sich nach einem Zweikampf nicht richtig abrollen kann. Was ihr ebenfalls einen Auftritt im Promo-Clip beschert hat. „Aber darum geht’s ja: Sich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Es ist halt ein Hobby, das Spaß machen soll“, sagt die 20-Jährige.
Spaß stand auch beim Fotoshooting mit der HZ auf dem Programm. Während Cora Meck, die mit einem alten Rasenmäher so tun sollte, als ob sie den „heiligen“ Rasen beim TV Steinheim mäht, ein „Wozu habt ihr mich denn hier überredet?“ entfuhr – und das mehrmals, brachte Vanessa Lindner mit stoischer Gelassenheit ihren Auftritt als Linienzieherin trocken über die Bühne. Artistisch wurde es bei der ältesten im Bunde. Aynur Demir „durfte“ den Rasen mit einer Schere schneiden. „Na klar, habe ich eine Nagelschere dabei“, konterte die 45-Jährige die Anfrage des Fotografen.
Bei so einem Erfolg. Gibt’s womöglich einen weiteren Teil? „Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht“, sagt Vanessa Lindner, schiebt aber nach: „Unser sportlicher Leiter (Frank Kenntner) wollte unbedingt mit ins Video und hat sich beschwert, dass er nicht dabei war.“ Ob’s von ihm lustige Fotos gibt? „Natürlich, auf jeden Fall“, weiß Aynur Demir. Der nächste virale Clip kann also kommen …
Trainingseinheiten mittwochs und freitags
25 Spielerinnen hat der TV Steinheim offiziell im Kader. Dazu kommen vier Interessierte (noch ohne eine Spielberechtigung), von denen zwei wahrscheinlich regelmäßig kommen werden. Aufgrund vieler Verletzten dünnt sich der Kader an Spieltagen auf 13,14 Spielerinnen aus. Zudem möchten einige Spielerinnen aufhören.
Cora Meck bestreitet ihre dritte Saison beim TV Steinheim. Vanessa Lindner ist seit 2018 beim TVS. Aynur Demir kam erst mit 23 Jahren zum Fußball. „Meine Cousine hatte eine Wette am Laufen und sollte ins Training der SG Mergelstetten/Steinheim kommen, wollte da aber nicht allein hin“, erzählt Demir. Sie selbst blieb dabei, ihre Cousine nicht. Beim TV Steinheim erlebte Aynur Demir drei Aufstiege – und einen speziellen Abstieg mit null Punkten. „Es war trotzdem eine witzige Saison“, erinnert sich Demir.
Die Fußballerinnen des TV Steinheim trainieren mittwochs ab 18.45 und freitags ab 18.30 Uhr. Interessierte sind willkommen.
Nach 19 von 22 Spieltagen in der Regionenliga belegt der TV Steinheim den letzten Platz. Auf den ersten Nicht-Abstiegsplatz sind’s vier Punkte Rückstand. Am Sonntag, 12. Mai, bestreiten die Steinheimerinnen ein Heimspiel gegen den Tabellenachten TSV Ruppertshofen (11 Uhr).