Werner hoch zwei: An den beiden Brüdern Denis und Amir von Türkspor Heidenheim führt kein Weg vorbei. Beispiel: Beim 7:2-Heimsieg ihrer Mannschaft gegen die TSG Giengen haben die beiden Brüder sechs der sieben Heidenheimer Treffer vorbereitet. Und sie haben einen entscheidenden Anteil daran, dass Türkspor in der Tabelle auf den dritten Platz vorgerückt ist. Auf den neuen Spitzenreiter, die SG Niederstotzingen/Rammingen, fehlen nur drei Punkte (auf die TSG Schnaitheim sind es zwei) – dafür hat Türkspor Heidenheim bislang ein Spiel weniger absolviert.
Für die Heidenheimer Zeitung sind Denis und Amir Werner die Spieler des Spieltags – obwohl sie selbst keinen Treffer erzielt haben. Normalerweise stehen Torschützen im Fokus, doch beim 7:2 gegen die TSG Giengen stach Denis Werner mit gleich vier Torvorbereitungen heraus. Was wiederum Fußballbeobachter nicht verwundern dürfte, schließlich kommt der 32-Jährige aus der Oberliga (Calcio Leinfelden-Echterdingen). Hier konnte sich Denis Werner allerdings nicht durchsetzen, kam zu wenig Einsatzzeiten – und wechselte in der Winterpause zu Türkspor Heidenheim. Gleich ganze vier Klassen runter in die Kreisliga A3. Ein radikaler Schritt, den er unter anderem mit der Chance auf einen Trainerjob bei Türkspor begründete, aktuell ist er hier spielender Co-Trainer.
Ich sage ihnen, dass es wichtig ist, das eigene Ego hintenanzustellen.
Denis Werner über Tipps an seine Mitspieler
Denis Werner selbst gibt sich zurückhaltend. „Ich bin froh, dass ich meinen Teil zum Sieg beitragen konnte. Das Trainerteam hat in der Halbzeitpause die richtigen Worte gefunden.“ Nach den ersten 45 Minuten hatte es noch 2:2 gestanden, ehe die Gastgeber im zweiten Durchgang regelrecht aufdrehten. Sieben Tore insgesamt, aber kein Treffer von Denis Werner: Was ist da los? Er selbst lacht darüber. „Es ist schwer, auf der ,Sechs‘ Tore zu schießen“, sagt der Heidenheimer im Hinblick auf seine Position im defensiven Mittelfeld und wählt eine Erklärung, die fast schon untertrieben wirkt: „Mir ist es wichtig, so zu spielen, dass ich dem Team helfen kann.“ Er versuche folgendes seinen Mitspielern auf den Weg mitzugeben: „Ich sage ihnen, dass es wichtig ist, das eigene Ego hintenanzustellen. Das eine Mal trifft der eine, ein anderes Mal ein anderer. Gibt es viele verschiedene Torschützen, ist es umso besser. Ich freue mich mehr über einstudierte Spielzüge, die zum Erfolg führen.“
Auch was das Thema Titelrennen angeht, hält sich Denis Werner bedeckt. „Es hört sich vielleicht dumm an, aber wir wollen gar nicht auf die anderen schauen. Klar, lief der Spieltag gut für uns. Aber davon können wir uns auch nichts kaufen.“
An sowas denke ich gar nicht. Vielleicht bin ich aus dem Alter raus.
Denis Werner auf die Frage, ob er seinen Bruder Amir bei den Torvorlagen noch einholt
Aus der Reserve lässt sich Denis Werner auch nicht locken, wenn es um seinen Bruder Amir geht. Dieser hat bereits 16 Tore direkt vorbereitet, Denis bislang vier (allerdings in zwei Spielen). Holt er seinen jüngeren Bruder noch ein? „An sowas denke ich gar nicht. Vielleicht bin ich aus dem Alter raus“, sagt Denis Werner spaßfrei.
Denis Werner möchte seinen Bruder Amir doch einholen
Er habe das Prinzip, wie man erfolgreich Fußball spielt, verstanden. Was dazu gehört? „Auch unangenehme Dinge zu erledigen“, sagt Werner und verweist auf das, was auf ihn auf seiner Position im defensiven Mittelfeld zukommt: Laufarbeit und Zweikämpfe. Hört sich tatsächlich sehr erwachsen an. Brennt da so gar kein kindlicher Ehrgeiz mehr in ihm? Denis Werner gönnt sich dann doch eine Aussage und sagt im Hinblick auf die Torvorlagen seines Bruders: „Ich kann mir gut vorstellen, ihn da doch noch einzuholen.“

Und wie steht dieser dazu? Auch Amir Werner, mit 24 Jahren deutlich jünger als sein Bruder, ordnet die Situation geradezu bodenständig ein: „Es spielt keine Rolle, wer von uns mehr Vorlagen hat. Wir haben alle ein Ziel.“ Den Aufstieg? Bei dieser Frage zögert er kurz – sagt aber dann: „Es ist noch früh in der Saison. Die Spiele gegen die Topmannschaften kommen noch.“
Von mir erwarten viele nur Tore. Dabei bin ich gar nicht der Typ, der Tore schießt.
Amir Werner
Mit 13 Toren und 16 Vorlagen ist Amir Werner der zweitbeste Scorer der Liga (Tore und Assists zusammengerechnet kommt er auf 29 Scorerpunkte). Nur Lars Schmidt vom SV Söhnstetten ist noch erfolgreicher (31 Scorerpunkte/20 Tore und elf Vorlagen). Interessant dabei: Amir Werner überrascht mit einer Aussage. „Von mir erwarten viele nur Tore. Dabei bin ich gar nicht der Typ, der Tore schießt.“ Warum das so ist? Ähnlich wie sein älterer Bruder Denis, hat auch Amir Werner höherklassig gespielt, zum Beispiel in der Landesliga (zwei Klassen höher als die Kreisliga A3) beim SV Neresheim und beim Donzdorfer JC. Bei beiden Stationen zusammen mit Bruder Denis.
Denis Werner spielt hinter seinem Bruder Amir
Beim Donzdorfer JC lief Amir Werner vor zwei Jahren allerdings als Rechtsverteidiger auf (und erzielte drei Treffer). Nun spielt er bei Türkspor Heidenheim direkt vor seinem Bruder auf der deutlich offensiveren Achter- oder Zehnerposition. „Es ist perfekt, wenn er hinter mir spielt“, sagt Amir Werner über seinen Bruder Denis. Warum? „Läuferisch ist er auf einem ganz anderen Level. Er macht die Wege und bringt sehr viel Tempo rein.“ Zudem: „Denis ist ein Leader, ich bin eher der ruhigere.“
Klar ist, dass Denis Werner in der Kreisliga mit seiner Routine und seinem Spielverständnis herausragt und einfach auffällt, während Amir Werner mit seiner Schnelligkeit den gegnerischen Abwehrspielern Probleme macht, allerdings auch keineswegs auf den Mund gefallen ist. Gelingt es Türkspor-Trainer Semih Köksal, die beiden feinen Techniker in die auch sonst mit äußerst starken Individualisten gespickte Mannschaft zu integrieren, wird Türkspor Heidenheim ein ernstzunehmender Titelkandidat sein. Dabei muss sich zeigen, ob die Heidenheimer sich die nötige Konstanz erarbeiten können.
Es wäre schön, wenn er mich überholt.
Amir Werner im Hinblick auf die Anzahl der Torvorlagen seines Bruders Denis
Unabhängig davon, ist offen, ob sich Amir Werner von seinem Bruder Denis noch einholen lässt, was die Anzahl der Torvorlagen angeht. „Es wäre schön, wenn er mich überholt“, überrascht Amir Werner mit seiner Antwort. Und womöglich legen sich die Werner-Brüder auch mal gegenseitig Tore auf? „Das wird schwer, wenn er hinter mir spielt. Aber das kommt bestimmt noch vor“, so Amir Werner. Werner trifft nach einer Werner-Vorlage. Werner hoch zwei eben.
Türkspor Heidenheim bei der SG Hohenmemmingen/Burgberg
Während es am Sonntag, 23. März, zum Topspiel zwischen dem Tabellenzweiten TSG Schnaitheim und Spitzenreiter SG Niederstotzingen/Rammingen kommt (15 Uhr/Spiel ist noch für den Kunstrasenplatz am Fischerweg angesetzt/Stand Dienstag, 18. März), tritt Türkspor Heidenheim als Tabellendritter beim Tabellenzwölften SG Hohenmemmingen/Burgberg an (ebenfalls um 15 Uhr).