Herzinfarkt bei Fußballturnier

Wie eine Steinheimerin einem Schiedsrichter das Leben rettete

Die Steinheimerin Bianca Lang und ihre Freundin Nicole Kugler reagierten schnell und genau richtig, als beim Fußballturnier in Sontheim ein Schiedsrichter plötzlich zusammenbrach.

Es gibt sie nicht nur im Film, diese Momente, die über Leben oder Tod entscheiden: Beim Fußball-Hallenturnier der C-Junioren in Sontheim bricht Schiedsrichter Michele Lampariello plötzlich zusammen. Die Steinheimerin Bianca Lang und ihre Freundin Nicole Kugler aus Mutlangen reagieren sofort, führen mit einem Defibrillator eine Reanimation durch und retten dem Mann so das Leben. Als Heldinnen fühlen sich die beiden Krankenschwestern deshalb nicht. „Für uns war das selbstverständlich, aber wir möchten den Menschen sagen: Jeder kann helfen“, sagt Bianca Lang.

Die 38-Jährige arbeitet in der Zentralen Notaufnahme des Heidenheimer Krankenhauses, ihre Freundin ist Kinderkrankenschwester im Stauferklinikum Mutlangen. Kennengelernt haben sie sich über die Söhne, die beide für den VfR Aalen Fußball spielen, Raphael Lang zudem am Stützpunkt in Heidenheim. Bianca Lang spielte selbst lange Zeit Handball, der Sohn ist dagegen von klein auf ein begeisterter Kicker, den die dreifache Mutter oft und gerne zu Spielen begleitet.

„Ich war wie im Tunnel“

Als Lang und Kugler vor zwei Wochen bei der Hallen-Bezirksmeisterschaft in der Sontheimer Hermann-Eberhardt-Halle auf der Tribüne saßen, ging es aber auf einen Schlag nicht mehr um Fußball. „Wir haben gesehen, wie der Schiedsrichter rückwärts gegen eine Wand gelaufen ist, umfiel, bewusstlos wurde“, berichtet Bianca Lang. Sofort rannte sie mit ihrer Freundin aufs Feld, die beiden brachten Michele Lampariello zunächst in die stabile Seitenlage. „Ich war wie in einem Tunnel, als ich festgestellt habe, dass der Schiedsrichter nicht mehr atmet und keinen Puls hatte, habe ich laut nach dem Notarzt und Defi gerufen und dass die Leute Platz machen sollen“, so erinnert sich die junge Frau.

Der Rettungsdienst traf auch schnell ein, etwas später der Notarzt. Doch da wäre es nach dem Herzinfarkt zu spät gewesen. Als die beiden Retterinnen merkten, dass Lampariello nicht mehr atmet, überstreckte Kugler dessen Kopf und Lang begann sofort mit der Reanimation in Form der Herzdruckmassage. Als der Defibrillator da war, setzte Lang ihn gemäß den Anweisungen des Gerätes ein, musste dabei mehrere „Schüsse“ durchführen. Und das war die Rettung. Erst dann kam Lang wieder aus ihrem „Tunnel“ und registrierte, dass die Halle leer, das Turnier abgebrochen war.

Abends schon wieder Sportschau angeschaut

Lampariello geht es inzwischen wieder gut. „Am Abend habe ich schon wieder Sportschau geguckt“, erzählt der 69-Jährige, der nicht nur als Unparteiischer bekannt ist. Lampariello war auch Staffelleiter, Mitarbeiter im Fußballbezirk, engagiert sich im Heidenheimer Migrationsbeirat und ist schon seit 2010 Schiedsrichterbetreuer beim 1. FC Heidenheim. Vom Bundesligisten kamen ebenso Genesungswünsche wie von zahlreichen Bundesligaschiedsrichtern, die dem Herbrechtinger Nachrichten und Videobotschaften schickten.

Michele Lampariello hat sich von dem Infarkt gut erholt. Rudi Penk

Es gibt sogar Erinnerungen an den Moment des Infarkts. „Ich habe einem Spieler die gelbe Karte gezeigt, dem Trainer dann auch, das nächste, an das ich mich erinnere war, dass ich aufstehen wollte und mir eine Frau gesagt hat, ich soll das schön lassen“, berichtet Lampariello der dann den Notarzt erblickte, welcher den beiden Frauen gute Arbeit bestätigte. „Ich verdanke ihnen mein Leben, hab mich auch telefonisch bei ihnen gemeldet, das war das mindeste, das ich bisher tun konnte. Jetzt ist es wirklich so, wie man immer sagt: Ich feiere zweimal im Jahr Geburtstag“, sagt Lampariello, der nun hofft nach der Reha wieder seinen Tätigkeiten nachgehen zu können.

Mit der Klinik nicht zu vergleichen

Natürlich ist Bianca Lang durch ihren Beruf und Fortbildungen geschult, konnte vielleicht etwas besser mit der Situation umgehen. „Mit einem Notfall in der Klinik ist das aber nicht zu vergleichen, dort sind alle Geräte vorhanden, nach einer Minute ist ein Arzt da“, erklärt die Krankenschwester, die auch schon einmal bei einem schweren Verkehrsunfall erste Hilfe geleistet, so etwas wie in Sontheim aber auch noch nie erlebt hatte.

Nach der gelungenen Rettung gab es zahlreiche Reaktionen, unter anderem wurden Kugler und Lang beim Nachholtermin der Hallen-Bezirksmeisterschaft in der Königsbronner Herwartsteinhalle vom Fußballbezirk geehrt. Weitere Würdigungen sind angekündigt, in den sozialen Netzwerken folgte eine ganze Welle von Bekundungen, auch der Südwestrundfunk hat schon angeklopft. „Wir waren von dem ganzen Trubel etwas überfordert, haben aber gesagt, dass wir mitmachen, um vielleicht ein paar Leute wachzurütteln“, erklärt Lang.

„Man muss sich trauen“

Dabei geht es ihr nicht nur darum, die Wichtigkeit von Erste-Hilfe-Kursen und andere Schulungen hervorzuheben. „Wir möchten den Menschen sagen, dass sie sich in so einer Situation trauen sollen. Es ist immer besser, etwas zu tun, als nicht zu tun“, so Langs Appell. Deshalb wollen sie und ihre Freundin auch weiter über den Vorfall berichten. Eines hat die beiden bei all den Reaktionen wirklich gefreut: Lampariellos Anruf.

Zwei junge Frauen, Nicole Kugler (links) und Bianca Lang, haben das Leben eines Schiedsrichters gerettet. Jens-Peter Schuller ehrte die beiden im Rahmen der Aktion „Blieb fair“ des WFV. privat

Bleib-Fair-Ehrung

Die Hallenmeisterschaft war eine Veranstaltung des Fußballbezirks und der reagierte auch schnell auf das mutige Eingreifen von Nicole Kugler und Bianca Lang. Das Turnier wurde nach dem Vorfall abgebrochen und eine Woche später in Königsbronn fortgesetzt. Diese Gelegenheit ergriff der Bezirksvorsitzende Jens-Peter Schuller, um den beiden Lebensretterinnen im Namen des württembergischen Fußballverbandes zu danken. Im Rahmen der Kampagne „BLEIB FAIR“, die nicht nur Fairplay, sondern auch vorbildliches Verhalten rund um das Spielgeschehen fördert, lobte er Lang und Kugler für deren heldenhaften Einsatz und sagte: „Zweifellos haben die beiden Frauen dem Schiedsrichter mit ihrem beherzten Eingreifen das Leben gerettet.“ In der gut gefüllten Herwartsteinhalle hielt es keinen auf den Sitzen, unter tosendem Applaus nahmen Kugler und Lang zwei Adidas-Spielbälle für ihre Nachwuchskicker entgegen.

Aufgrund des Geschehens weist Schuller nochmals auf das bundesweite Kooperationsprojekt der Deutsche Herzstiftung mit dem Deutschen Fußballbund und dessen Landesverbänden hin. In kostenlosen Schulungen geben Experten Ehrenamtlichen theoretische und praktische Hilfen an die Hand, um in Notsituationen schnell und richtig reagieren zu können. Die Serie trägt den Titel „Lebensretter sein“, weitere Informationen sowie die Möglichkeit, seinen Verein für eine Schulung anzumelden, gibt es beim württembergischen Fußballverband.

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