Sommerserie „Ganz nebenbei“

Wursttester Jochen Gerstlauer gibt Nachhilfe bei einer perfekten Stadionwurst

Welch eine Ehre! Jochen Gerstlauer hat sich einen Ruf als Wursttester gemacht. Jetzt gab er einen Einblick, worauf es beim Testen ankommt, und schulte HZ-Redakteur Edgar Deibert. Wie lang eine Wurst lang sein sollte, wieso Schnitte wichtig sind und was Gerstlauer noch ankündigt:

Der Shootingstar der vergangenen Saison war Jochen Gerstlauer, auch für die HZ-Redaktion. So manch ein Mitarbeiter fiebert immer noch den neuen Folgen des Wursttesters entgegen. Ein Kollege, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, ist dann ganz aus dem Häuschen: „Na, hat er schon was geschickt?“, entfährt es ihm montags, wenn Gerstlauer normalerweise seine kulinarischen Beurteilungen einschickt.

Doch wie wird man so ein Gourmet? Und worauf kommt es bei einem Wurst- und Essenstest an? Für Jochen Gerstlauer ist es kein Herrschaftswissen und so nahm er Wurst-Lehrling Edgar Deibert, der normalerweise Gerstlauers eingeschickte Wurst-Beurteilungen am Schreibtisch nur bearbeitet, gerne an die Hand. Bei knapp 32 Grad eine hitzige Angelegenheit, die Gerstlauer locker nahm. „Die Ehrenamtlichen an den Grills beschweren sich ja auch nicht“, sagte der 51-Jährige – und wischte sich dabei den Schweiß von der Stirn.

Jochen Gerstlauer: Erfahrung als Grillmeister

Beim Fotoshooting fiel sofort das Selbstbewusstsein des Wursttesters auf. „Ich habe jahrzehntelange Erfahrung als Grillmeister. Und einen entsprechenden Anspruch an die Würschtle“, sagte Gerstlauer mit einem Augenzwinkern. Stets habe ihn die Neugier umgetrieben: „Wie machen andere ihre Grillwurst?“
Und so überlegte sich der Herbrechtinger zusammen mit der HZ-Sportredaktion, eine kulinarische Serie zu starten. „An Sportplätzen dachte ich immer: Mensch, hier riecht’s aber gut“, räumt Gerstlauer ein. Allerdings ist ihm auch eins wichtig: „So viele Menschen in Vereinen tun und machen. Dieses ehrenamtliche Engagement sollte hervorgehoben werden.“ Beides versucht Gerstlauer als Wursttester zu verbinden.

Zwar nicht für Ihre Majestät, dafür in kulinarischer Mission im Einsatz: Jochen Gerstlauer (links) und Edgar Deibert. Foto: Rudi Penk

Vier Rubriken sind ihm wichtig: Wie sieht die Wurst aus? Wie schmeckt sie? Wie ist das Brötchen? Und: Wie ist die Bedienung, also wie wird die Wurst übergeben? In jeder Kategorie gibt es bis zu zehn Punkte, besser gesagt, bis zu zehn Würstchen. Den ersten Test überhaupt gab’s in der vergangenen Saison bei den Fußballern des FV Sontheim. Die bislang beste Wurst gab’s in Fleinheim. Im Oktober 2023 titelte die HZ: „Wursttester ist aus dem Häuschen“.

Das Urteil konnten sich die Sportfreunde Fleinheim einrahmen lassen: „Herausragende Arbeit auf Fleinheims Sportplatz. So muss die perfekte Stadionwurst im Brötchen sein.“ Der Wursttester vergab die hervorragende Punktzahl von 39 von 40 Würstchen. Jochen Gerstlauer verdreht noch immer bewundernd die Augen, wenn er davon erzählt. Und er geht mehr ins Detail: „Es ist wichtig, dass die Stadionwurst auf einem Holzkohlegrill zubereitet wird. Zudem sollte sie schön eingeschnitten sein.“

Es kommt auf das richtige Timing an: Wann darf endlich in die gegrillte Wurst, hier eines Metzgers aus Brenz, gebissen werden? Foto: Rudi Penk

Können Schnitte wirklich so wichtig sein? Über diese Frage von Wursttest-Neuling und HZ-Redakteur Edgar Deibert schüttelte Jochen Gerstlauer nur den Kopf. „Eine rote Wurst gehört eingeschnitten, damit sich der Geschmack besser entfalten kann“, betonte der freie Mitarbeiter der HZ mit einem erhobenen Zeigefinger und avancierte kurz zum Wurst-Nerd: „Durch das Einschneiden der Bratwurst vergrößert sich ihre Oberfläche. Und das bedeutet, dass es mehr Fläche gibt, auf der sich die Röstaromen entfalten können.“ Und: Möglich sind sowohl Quer- als auch Kreuzschnitte.

Eine perfekte Wurstlänge liege zwischen 13 und 15 Zentimetern. Und was vielleicht viele wohl nicht auf dem Schirm haben: Das Brötchen sollte frisch sein oder zumindest auch kurz auf den Grill kommen. „Es sollte auf keinen Fall lätschig sein“, betont der Wursttester. Letztlich komme es auf die perfekte Symbiose zwischen Wurst und Brötchen an.

Mit festem Biss ins kulinarische Vergnügen: Jochen Gerstlauer beobachtet genau, was Edgar Deibert fabriziert. Foto: Rudi Penk

Gleich zwei Bäcker seien nach einem Test auf ihn zugekommen, weil er die Brötchen schlecht bewertet habe. „Es geht nicht unbedingt um den Geschmack des Brötchens, sondern darum, ob es knusprig ist“, versucht Gerstlauer dem Test-Novizen Deibert klarzumachen. Kleiner Tipp: Eine schlecht schmeckende Wurst könne man mit Senf retten. Allerdings wird es schwierig, wenn die Wurst viel zu salzig ist. Und klar: Als Wursttester sollte man sich darauf gefasst machen, dass sich ab und an auch Metzger melden.

Wichtig sei es, auch mit dem zwar nicht unbedingt medialen, aber doch öffentlichen Druck umgehen zu können. „Man wird natürlich von vielen am Sportplatz gleich gefragt: Na, wie fällt deine Beurteilung aus? Da muss man cool bleiben und sagen: Das könnt ihr in der Zeitung lesen“, lautet Gerstlauers Tipp. Bei einem Test bei Türkspor Heidenheim, wo er Köfte unter die kulinarische Lupe nahm, standen gleich 15 Beobachter um ihn herum. Allen fiel ein Stein vom Herzen, nachdem Gerstlauer gleich mal ein zweites Köfte bestellt hatte.

Kulinarisch betrachtet stehe ich noch voll im Saft. Meine Mission ist noch lange nicht beendet.

Wursttester Jochen Gerstlauer

Wichtig zu erwähnen ist, dass Gerstlauer sich nie einladen lässt. „Ich zahle meine Wurst selbst. Schließlich geht es ja um die Vereine, die so etwas Geld verdienen möchten“, so der Wursttester, der mit einem breiten Grinsen betont: „Kulinarisch betrachtet stehe ich noch voll im Saft. Meine Mission ist noch lange nicht beendet.“

Gleichzeitig an die Wurst: Jochen Gerstlauer (rechts) und HZ-Redakteur Edgar Deibert. Foto: Rudi Penk

Den Testneuling möchte Gerstlauer übrigens beobachten und diesem gegebenenfalls höchstpersönlich ein Würschtlestester-Diplom überreichen. Dafür müsste HZ-Redakteur Deibert bei einem Sportevent parallel zu Gerstlauer eine Wurst testen. Diesem Kampf der Futtergiganten dürften Beobachter der kulinarischen Sportplatz-Szene jetzt schon entgegenfiebern …

Die vielen Jobs von Jochen Gerstlauer

In seinem Hauptberuf ist Jochen Gerstlauer als Technischer Angestellter im Bauamt der Gemeinde Sontheim tätig. Bei der Handballabteilung der SHB ist der 51-Jährige Pressewart, Hallensprecher und Teammanager der ersten Herrenmannschaft. Für die HZ berichtet Gerstlauer als freier Mitarbeiter von verschiedenen Sportereignissen im Landkreis Heidenheim. Seinen musikalischen Geschmack beweist er als DJ im „Populär“.

Welches Essen soll Jochen Gerstlauer noch testen? Vorschläge können gerne an die E-Mail-Adresse sport@hz.de geschickt werden.

Der nächste Teil der HZ-Sommerserie „Ganz nebenbei ...“ erscheint am Donnerstag, 15. August. Darin erzählt Redakteurin Catrin Weykopf, wie sie fast schon aus Faulheit ganz nebenbei vom Auto- zur Fahrradfahrerin geworden ist.

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