Handballfamilie im Interview

Riehl hoch drei: So ticken die Handballer Thilo, Tina und Alessa Riehl von der TSG Schnaitheim

Starke Familienbande! Thilo Riehl trainiert bei der TSG Schnaitheim seine Frau Tina und seine Schwester Alessa, die auch Untermieterin bei ihrem Bruder und ihrer Schwägerin ist. Im Interview sprechen sie über Konflikte, Schweigemomente und beste Eigenschaften:

Wer redet bei euch zu viel über Handball?
Tina Riehl: lacht
Alessa Riehl: Puh. Ich würde sagen, ich. Tina verbietet Thilo öfter mal, über Handball zu reden.
Thilo Riehl: Was ja nicht unbedingt in die Zeitung gehört. (lacht)

Warum machst du das, Tina?
Tina: (lacht) Wir sind uns nicht immer einig.
Thilo: Und bevor wir das ausdiskutieren, haben wir gemerkt, dass es manchmal besser ist, wir lassen’s in dem Moment.

Geht es um unterschiedliche Perspektiven Spielerin-Trainer? Oder ist es etwas Allgemeines?
Tina: Allgemeines, oder? (schaut Thilo an)
Thilo: Ich glaube jeder Spieler hat seine eigenen Vorstellungen, wie es laufen sollte. Und du als Trainer hast auch deinen eigenen Blick auf die Mannschaft, auf die Spiele. Dass da nicht alles gleich oder synchron abläuft, ist ja klar. Ich glaube, dass es für Tina einfacher ist, das zu Hause noch einmal anzusprechen, sie sitzt ja quasi an der Quelle. Die anderen Spielerinnen nehmen es mit zu sich nach Hause, denken darüber nach und dann ist es okay. Insgesamt ist es schwierig, nach einem Spiel oder nach einer Trainingseinheit vom Trainer-Spielerin-Modus in den Mann-Frau-Modus zu wechseln.
Tina: Ich bin eher der Typ, der mit sich selbst kämpft. Wenn ich mit mir selbst unzufrieden bin, muss ich das zu Hause rauslassen. Dann ist Thilo als Trainer vielleicht nicht der richtige Ansprechpartner. Deswegen ist es manchmal besser, dass wir es nicht ausdiskutieren, sonst geht es ins Unendliche.

Gerätst du mal zwischen die beiden, Alessa?
Alessa: Nö, das dürfen sie unter sich ausmachen. Thilo und ich haben eine ähnliche Ansicht vom Handball, da gibt’s wenig, worüber man streiten kann. Wir diskutieren über Sachen und lassen sie Revue passieren. Weniger Konfrontation, mehr durchdenken.

In der Brenz auch etwas nass geworden: Tina Riehl. Foto: Rudi Penk

Gibt es denn ein Codewort, wenn es nicht mehr um Handball gehen soll?
Tina: (lacht) Nein, wir schweigen uns dann tatsächlich an. Er kann schon ganz gut abschätzen, wann er mit mir sprechen kann nach einem Spiel oder nach dem Training.

Thilo, wann weißt du: Jetzt lieber kein Handballthema mehr?
Alessa: So wie ich Thilo kenne, hat er ein sehr gutes Gespür für Menschen und merkt so etwas sehr schnell.
Thilo: Man merkt dann schon recht schnell, wie Tina drauf ist (lacht). Wenn’s dann eher nicht so gut ist, warte ich eine halbe Stunde. Das regelt sich schnell wieder.
Tina: Das kommt ja nicht so häufig vor. Einmal im Schaltjahr. In erster Linie bringt Handball viel Positives, weil das Team super ist.
Thilo: Die größte Überschneidungsmenge, was Handball betrifft, haben wir, wie die anderen, eh beim Training.

Wer geht denn von euch dreien am schnellsten an die Decke?
Thilo: (lacht) Ich bin’s nicht.
Tina: Nee, du bist es nicht. Während des Spiels?
Alessa: Während eines Spiels bin glaube ich’s. Manchmal gehen die Emotionen mit mir durch.
Tina: Da würde ich auch auf Alessa tippen.
Alessa: Natürlich nicht bei jedem Spiel. Nur ab und zu, wenn ich mit mir selbst zu kämpfen habe.

Kann man zwischen Trainer und der Privatperson Bruder/Ehemann trennen?
Alessa: In Spielsituationen ist es manchmal schon schwierig, sich auf die Zunge zu beißen. Bis auf eine Situation hatte ich das im Griff.
Tina: Das weiß ich sogar noch.
Alessa: (schaut Thilo an) Da hatte ich mich am Schluss bei dir sogar noch entschuldigt. Da war’s kurz ein bisschen hart.

45 Grad zum Boden: Alessa Riehl in Aktion. Foto: Markus Brandhuber

Was war da los?
Alessa: Das war in einem Spiel nach der Halbzeit. Wir lagen mit einem Tor hinten und haben gerade die Kurve gekriegt und dann holt er mich raus und sagt, dass wir Abwehr-Angriff-Wechsel machen. In dem Moment dachte ich: Wenn du mich jetzt wieder rausholst, dann können wir noch mal bei null anfangen. Und das wollte ich in dem Moment ihm auch mitteilen und habe ihn kurz angeschnauzt. Aber schon, als ich’s ausgesprochen hatte, dachte ich: Okay, das war jetzt nicht der richtige Moment. In dem Moment war es sehr emotional. Wenn es eine ähnliche Situation mit Bine (Sabine Knödler, trainiert das Team mit Thilo Riehl) gewesen wäre, wäre es bei mir wahrscheinlich nicht so rausgekommen wie bei ihm.

Wie ist es bei dir, Tina? Kannst du gut zwischen Trainer und Ehemann trennen?
Tina: Ja, erstaunlicherweise kann ich das ganz gut trennen. In der Halle ist er mein Trainer, zu Hause mein Ehemann. Klar muss man, wie Alessa es auch sagt, im Spiel manchmal wirklich auf die Zähne beißen, weil die Hemmschwelle vielleicht ein bisschen geringer ist. Aber ich glaube, dass ich das ganz gut im Griff habe? (schaut Thilo an)

Wie ist es bei dir, Thilo?
Thilo: Ich hoffe, dass es nicht verschwimmt. Aber ich fürchte, dass ich da schon bei denen zwei andere Maßstäbe ansetze.

Höhere Maßstäbe?
Thilo: Ja, sie schon härter bewerte.

Kommt es vor, dass sich zwei gegen einen verbünden?
Tina: Nein, das kam noch nie vor.
Alessa: (schüttelt mit dem Kopf)

Das bisschen Wasser: Thilo Riehl nahm das Fotoshooting mit der Heidenheimer Zeitung mit Humor. Foto: Rudi Penk

Die beiden Spielerinnen Alessa und Tina auch nie gegen den Trainer?
Alessa: Aus Spaß vielleicht mal. Aber nichts Ernsthaftes. (Tina stimmt zu)
Thilo: Wenn’s drum geht, mich nass zu machen in der Brenz. (lacht)
Alessa und Tina: (lachen mit) Ja.
Alessa: Oder wenn es darum geht, wer das Zeug runtertragen muss.

Was waren eure Gedanken, als es hieß, Thilo wird neu im Trainerteam dabei sein?
Alessa: Als darüber geredet wurde, dass Sabine unsere Trainerin wird, habe ich mich total gefreut. Als ins Gespräch kam, dass Thilo helfen soll, war ich kurz etwas verdutzt, weil ich nicht gedacht habe, dass die beiden als Trainerteam funktionieren. Aber ich fand die Idee total interessant. Thilo und ich haben schon gemeinsam ein Team trainiert und ich weiß, dass er ein gutes Auge hat und dass er viel Input geben kann und uns weiterbringen kann. Deswegen habe ich mich schon gefreut. Der erste Moment war aber schon so: Hä? Wie? Nee? Was?
Tina: Wenn ich ehrlich bin, musste ich zuerst kurz lachen. Weil ich auch null damit gerechnet hätte und den Gedanken auch erst kurz komisch fand. Dann hatte ich schon kurz den Gedanken: Wie klappt das dann, wenn ich in der Mannschaft spiele? Wir sind uns ja teilweise nicht ganz einig, was Handball angeht. Aber das ist ja auch völlig okay. Und: Es hat einen großen Vorteil. Wir sehen uns jetzt viel mehr. Als Thilo Jugendmannschaften trainiert hat, haben wir uns abends fast nie gesehen. Bine und Thilo als Trainerteam, etwas Besseres hätte uns nicht passieren können.
Thilo: Das bezahle ich nicht, was sie da sagt.
Tina: (lacht)
Thilo: Ich habe keine Ahnung, wo das herkommt.

Den Bruder nass machen? Warum nicht! Alessa Riehl hatte gute Laune. Foto: Rudi Penk

Thilo, wie war es bei dir, als du wusstest, du wirst deine Schwester und deine Frau trainieren?
Thilo: Ich habe mal gesagt: Ich trainiere die Mannschaft nicht, solange meine Frau dort mitspielt. Weil wir dem immer aus dem Weg gehen wollten, dass wir uns wegen so etwas in die Haare kriegen könnten. Wir haben aber drüber gesprochen und uns gesagt: Wir versuchen es. Wir haben unseren Weg gefunden, wie wir damit zurechtkommen. Und das klappt jetzt auch ganz gut.
Tina: Das stimmt. Natürlich war es am Anfang schwierig, bis es sich so eingespielt hat. Und meine Hemmschwelle, als Spielerin etwas zu Thilo zu sagen, ist geringer als bei den anderen. Aber das haben wir ganz gut im Griff.

Aber: Trainer können doch auch ganz schön nerven?
Thilo: (fragt in die Runde) Soll ich so lange gehen?

Was ist die nervigste Eigenschaft des Trainers?
Thilo: Jetzt kommt’s, mal ehrlich.
Alessa: Er wiederholt viele Sachen immer wieder. Und ich sage mir: Ich weiß es, ich versuche es schon zu ändern. Aber eigentlich ist es eine gute Eigenschaft, so sollte man als Trainer sein. Für den Spieler halt nervig.
Tina: Mir fällt tatsächlich nichts ein.

Lässig: Fotograf Rudi Penk bei der Arbeit in der Brenz. Foto: Edgar Deibert

Ach, jetzt komm!
Tina: Außer, dass er im Training viel zu leise ist. Da verstehe ich ihn nicht immer.
Alessa: Oh, ja. Da brabbelt er manchmal so vor sich hin und will uns etwas erklären. Und jeder denkt sich: Kannst du das auch lauter sagen?
Tina: Ich sage es ihm auch versteckt, dass er lauter reden soll.

Und wie ist Sabine Knödler als Trainerin?
Alessa: So ruhig wie Thilo ist sie nicht.
Tina: Das sind nicht viele Trainer.

Thilo, wär’s bei einem Männerteam anders?
Thilo: Aus meiner Erfahrung ist es schon so. Da musst du schon vorsichtig sein, was du sagst. Gerade, damit das motivierende nicht in die andere Richtung geht. Ich bin schon ein Stück weit vorsichtiger, vielleicht auch nicht ganz so laut wie bei Jungs. Aber es braucht natürlich auch Schwung und Motivation.

Was ist die beste Eigenschaft eures Trainers?
Alessa: Wiederum die Ruhe, die er mitbringt. Manchmal sind wir schon ein Haufen, den du zusammenholen und zur Ruhe bringen musst. Weil wir uns selbst so puschen, in Situationen, in denen wir es gar nicht brauchen. Und er uns quasi runterholt.
Tina: Dem kann ich total zustimmen.

Fokussiert: Tina Riehl beim Torwurf. Foto: Markus Brandhuber

Und diese ruhige Eigenschaft kann wiederum auch nervig sein? Oder?
Tina: Nur kurz vor dem Spiel. (lacht) Sonst eigentlich nicht.

Warum kurz vor dem Spiel?
Tina: Da sind wir komplett unterschiedlich. Ich bin den ganzen Spieltag komplett aufgeregt und stehe unter Strom. Und ich höre auch ziemlich laut Musik. Thilo ist dagegen jemand, der sich aufs Sofa legt und noch mal runterkommt, er ist nicht so hibbelig. Das heißt nicht, dass er nicht aufgeregt ist, aber er hat seine eigene Art, damit umzugehen.
Thilo: Ja, ich werde immer angeschnauzt: Wie kannst du dich jetzt aufs Sofa legen?
Tina: Genau. (lacht) Ich muss immer etwas tun.
Thilo: Das Spiel ist erst in vier Stunden.
Tina: (lacht)
Alessa: Ich merke dann immer, wie Tina unten anfängt den Boden zu putzen und denke mir: Ooh, jetzt ist sie wieder in dem Modus.

Was hörst du für Musik, wenn du den Boden putzt?
Thilo: Bitte nicht. (lacht)
Tina: Techno. (lacht)

Findest du das nervig, Thilo?
Thilo: Deswegen hat sie ja Kopfhörer auf.
Tina: Das kann ich über eine Box auch nicht gebrauchen.

Das heißt, es wird nicht das ganze Haus beschallt?
Thilo: Das geht nicht. Denn wir haben eine Obermieterin, die ihre Ruhe haben will. (alle lachen)

In der trockenen Ballspielhalle: Thilo Riehl als Trainer. Foto: Markus Brandhuber

Thilo, was ist die beste Eigenschaft von Tina?
Thilo: Sie ist absolutes Gold für die Mannschaft. Ein richtiger Teamplayer, sie hält alles zusammen und schaut, dass es jedem gut geht in der Mannschaft.
Alessa: Sie motiviert uns krass.

Und bei deiner Schwester?
Thilo: Kampfsau.

Okay, bei der Ehefrau waren’s ganze Sätze…
Alessa: Bei mir reicht ein Wort. (lacht)
Thilo: Alessa kann man so ein bisschen anstacheln. Gerade auch wenn’s ums Abwehrspiel geht. Sie beißt sich bei der Gegnerin in die Wade rein. Das finde ich schön. (lacht)

Wir halten fest: Kampfsau und Wadenbeißerin.
Alessa: Zwei Worte. Da sieht man den Unterschied zwischen Mann-Frau und Bruder-Schwester. (lacht)

Haben Tina und Alessa auch nervige Eigenschaften?
Thilo: Abgesehen vom Musikstil? (alle lachen) Mir fällt da nichts ein.

Was hörst du für Musik?
Thilo: Alles, außer Techno. (lacht)
Alessa: Schlager sind auch nicht so dein Ding.

Also gar nichts, was das Team hört?
Thilo: Es ist mittlerweile echt schwierig, da auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Ich habe aber noch nicht aufgegeben. (lacht)

Handballer durch und durch: auch als Dreier-Trainerteam

Tina Riehl kam über eine Kooperation zwischen der Handballspielgemeinschaft Oberkochen/Königsbronn und der TSG Schnaitheim in der B-Jugend zur TSG. Die Kooperation wurde zwar wieder aufgelöst, die Königsbronnerin blieb aber. Bereits damals war Thilo Riehl der Betreuer von Tina und Alessa Riehl. Im Jahr 2021 haben Tina, die Verwaltungsfachangestellte im Landratsamt ist, und Thilo Riehl
geheiratet.

Thilo Riehl ist Ur-Schnaitheimer, beendete aber schon mit 22 Jahren aufgrund von Verletzungen seine aktive Laufbahn. Bereits während seiner aktiven Zeit coachte der Unternehmensberater schon Jugendteams (nicht allein). In der vorletzten Saison kam der Sprung zu den Handballerinnen der TSG Schnaitheim. Nach den ersten sechs verlorenen Spielen übernahmen Thilo Riehl und Sabine Knödler (zusammen mit Birgit Schlichter) das Team.

Alessa Riehl spielte lange Zeit nicht nur Handball, sie kegelte auch bei der TSG. Die Physiotherapeutin hilft auch weiterhin, wenn es die Zeit zulässt, den Fußballern der Sportfreunde Dorfmerkingen mit ihrer Expertise weiter. Zudem ist sie Jugendleiterin bei der TSG Schnaitheim.

In der Dreierkonstellation bildeten Tina, Alessa und Thilo Riehl auch schon das Trainerteam bei der weiblichen B-Jugend der TSG.

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