Vor über 70 Jahren

Wie die Handballer der TSG Schnaitheim den FC Barcelona besiegten

Im Jahr 1953 traten die Handballer der TSG Schnaitheim auf dem Heidenheimer Erchensportplatz gegen die Mannschaft des FC Barcelona an. Wie ein Wimpel die Erinnerung an die Partie am Leben gehalten hat:

Alles begann mit einem Artikel in der Heidenheimer Zeitung. Nun, nicht wirklich alles, aber zumindest die Erinnerung an alles. Um welchen Artikel es sich handelt? Unter dem Titel "In den Farben vereint?", berichtete HZ-Redakteur Edgar Deibert über eine historische Verbindung zwischen dem 1. FC Heidenheim und dem FC Barcelona. Diesen Artikel las auch Wolfgang Köpf, seines Zeichens Archivar bei der TSG Schnaitheim. Und er erinnerte sich an etwas.

Bereits vor vielen Jahren fiel ihm ein Wimpel des FC Barcelona in einem Nebenzimmer des TSG-Clubhauses auf dem Moldenberg auf. "Der hing dort, aber kein Mensch hat sich damals Gedanken gemacht, wie ein Barcelona-Wimpel ins Schnaitheimer Clubhaus kommt. "Der Artikel war dann der Anstoß", erklärt Köpf. Er stellte Nachforschungen an und fand heraus, dass der Wimpel wohl mit den Handballern des FC Barcelona nach Schnaitheim kam, als diese 1953 ein Freundschaftsspiel gegen die TSG bestritten.

Zuschauer auf den Voith-Gebäuden

Köpf befragte ältere Mitglieder der TSG und förderte weitere Details zutage. Zum Beispiel, dass das Spiel auf dem heute nicht mehr existierenden Erchensportplatzes am Fuße des Katzentals ausgetragen wurde. "Ich kenne den Platz selbst nicht mehr, aber es war wohl ein übler Schlackenplatz", sagt Köpf. Einer seiner Freunde könne sich erinnern, dass manche Zuschauer das Spiel von den Dächern der nahen Voith-Gebäude verfolgt hätten, weil der Andrang am Feld so groß gewesen sei.

Der Archivar der TSG Schnaitheim, Wolfgang Köpf, stellte Nachforschungen zu Wimpel und Spiel an. Rudi Penk

Das wäre kaum verwunderlich, denn die Handballer der TSG Schnaitheim waren in den 1950er Jahren sehr erfolgreich in der Verbandsliga - und in ganz Württemberg bekannt. Der FC Barcelona, der heute spanischer Rekordmeister im Handball ist, wurde später im Jahr 1953 zum sechsten Mal spanischer Meister. Wie das Duell dieser starken Mannschaften ausging? Daran kann sich laut Köpf keiner seiner Gesprächspartner erinnern: "Es gibt, einfach vom Alter her, nur noch wenige Leute, die das live erlebt haben."

Spanische Ballkünstler in Heidenheim

Aber dort, wo das Gedächtnis aufhört, kann ein Archiv weiterhelfen. Am 8. April 1953 berichtete die Heidenheimer Zeitung zum ersten Mal über das geplante Spiel: "Wie wir erfahren, werden die als Ballkünstler bekannten Spanier zunächst in Göppingen und dann in Heidenheim gegen die Verbandsligamannschaft der TSG Schnaitheim antreten. Es ist geplant, das Spiel am 5. Juni, also an einem Freitagabend, auszutragen."

Daraus sollte nichts werden, die Heidenheimer Zeitung musste zwei Verschiebungen vermelden, bevor das Spiel endgültig auf Freitag, 3. Juli 1953, terminiert wurde. In der Freitagsausgabe berichtete die HZ von der Ankunft der Spanier: Nachdem diese nachmittags das Schloss Hellenstein besucht hatten, seien sie abends von Vertretern der Stadtverwaltung und der TSG "herzlichst empfangen" worden. Ein Mitglied des Heidenheimer Fremdsprachenclubs fungierte als Übersetzer.

TSG Schnaitheim war dem FC Barcelona klar überlegen

In der Samstagsausgabe folgte dann der Spielbericht, unter dem Titel "Schnaitheims Kombinationsspiel besiegte Barcelona". Aus dem Bericht geht hervor, dass der FC Barcelona gegen die geübte TSG kaum eine Chance hatte. Die meisten der rund 2.000 Zuschauer hätten sich von der Partie einiges versprochen, "das Spiel ergab jedoch, dass der spanische Handball derzeit bei weitem noch nicht mit dem deutschen Handball verglichen werden kann".

Zwar erhielten der Torwart und der linke Läufer des FC Barcelona viel Lob, ihre Leistung reichte aber nicht aus, um die gut koordinierten Schnaitheimer zu besiegen. Auf der Seite der TSG waren die Vereinslegenden Werner Spahr und Günter Fischer besonders torgefährlich, das Freundschaftsspiel endete schließlich mit 14:6 für die TSG.

Der FC Barcelona reiste am nächsten Tag weiter, aber nicht ohne etwas zurückzulassen: "Der spanische Kapitän übergab den Vorstädtern einen schönen Wimpel", so steht es im Zeitungsbericht. Derselbe Wimpel, der heute noch im Clubhaus der TSG hängt. Und das sicher auch weiterhin tun wird - der schönen Erinnerung wegen.

Elf Spieler für ein großes Feld

Im Jahr 1953 war Großfeldhandball in Deutschland noch die vorherrschende Spielart des Handballs. Partien wurden auf Sportplätzen ausgetragen, die in der Größe Fußballplätzen entsprachen, auch die Tore waren gleich groß wie Fußballtore. Pro Mannschaft waren zehn Feldspieler und ein Torhüter auf dem Platz, zudem stand je ein Auswechselspieler zur Verfügung. Im Gegensatz zum Hallenhandball durfte der Ball zwischen dem Prellen gefangen und dann weiter geprellt werden.

Ab den 1960er Jahren wurde Großfeldhandball immer mehr von Hallenhandball verdrängt. Gründe dafür waren der Wunsch nach mehr Wetterunabhängigkeit, der bessere Untergrund in der Halle, sowie das erheblich höhere Spieltempo, welches durch das kleinere Spielfeld zustande kam. Die Umstellung fiel nicht allen Handballvereinen leicht, auch der FC Barcelona war betroffen: Die Handballer holten in den 1970er Jahren nur ein einziges Mal den spanischen Meistertitel.

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar