Pusten, bis die Luft wegbleibt

Wie die Schützengesellschaft Heidenheim das Blasrohrschießen als Disziplin praktiziert

Blasrohrschießen? Da kommt einem viel in den Sinn, aber nicht unbedingt ein Wettkampfsport. Und doch, bei der Schützengesellschaft Heidenheim wird diese Disziplin angeboten. HZ-Mitarbeiter Amon Maier wagt den Selbstversuch.

Als ich zum ersten Mal hörte, dass ich die Möglichkeit bekomme, Blasrohrschießen bei der Schützengesellschaft Heidenheim auszuprobieren, dachte ich an meine Schulzeit. Denn die einzigen Blasrohre, welche ich benutzt hatte, waren jene Papierblasrohre, mit denen wahrscheinlich auch heute noch Achtklässler ihre Klassenkameraden aus der letzten Reihe beschießen. Je näher der Termin rückte, desto kleiner wurde meine Zuversicht, die auf der Annahme beruhte, diese Erfahrung könnte mir helfen.

Tatsächlich war das Blasrohr vor Ort deutlich imposanter (knapp 1,30 Meter lang – siehe Infokasten) als die Papiermodelle meiner Schulzeit. Dieses halte ich nach einer kurzen Regeleinweisung und einigen Tipps vom 1. Schützenmeister Sven Beer in der Hand.

Tief Luft holen

„Tief Luft holen und Druck aufbauen“, gibt mir Beer mit auf den Weg, während ich das knapp fünf Meter entfernte Ziel anvisiere. Ich hole also tiefst möglich Luft, halte den Arm gerade und fest und schieße den Pfeil in Richtung des Zieles.  Zumindest glaube ich das. Allerdings war es nur Luft, die aus dem Blasrohr entwich.

Da muss er hin: Beim Blasrohrsport gilt es wie bei anderen Schießsportdisziplinen, die Mitte zu treffen. Rudi Penk

Ähnlich sahen meine Versuche zwei und drei aus. Vor dem vierten Anlauf nehme ich mir auf Anraten Beers vor, etwas explosiver zu pusten. Und siehe da, der Pfeil findet nicht nur seinen Weg aus der Waffe, sondern direkt in eines der inneren gelben Felder auf der Zielscheibe.

Im vierten Anlauf bewegt sich der Pfeil

Wobei man sagen muss, dass die Auswahl an gelben Feldern etwas üppiger ist als auf einer klassischen Zielscheibe. „Es gibt beim Blasrohrschießen insgesamt sechs kleine Kreise auf der Zielscheibe, welche man treffen muss“, erklärt Beer. Beflügelt von meinem ersten Erfolg, landen meine folgenden Pfeile zumindest auf der Zielscheibe.

Relativ schnell stellte ich jedoch fest, wie anstrengend eine hohe Schussfrequenz beim Blasrohrsport ist. „Das ist die einzige Sportart, bei der man Muskelkater im Kinnbereich bekommen kann“, ist sich Sven Beer sicher. Aus eigener Erfahrung kann ich das nun bestätigen. Jugendbetreuer Marcel Spaziano ergänzt, dass auch die Ausdauer bei 60 Versuchen innerhalb kürzester Zeit, wie bei Wettbewerben üblich, zum Problem werden könnte.

Wenn das Kinn Muskelkater bekommt

Um mich diesem Szenario zu entziehen, verlagere ich meine Anstrengungen – im Anschluss an einige weitere mehr oder weniger erfolgreiche Versuche – darauf, einem neunjährigen Jungen bei seinen ersten Versuchen am Blasrohr zuzusehen. Nachdem auch bei dem jungen Sportkameraden zunächst nur Luft heraus zischt, führen erste Erfolgserlebnisse zu einer ansteigenden Begeisterung.

Im gleichen Maß, wie die Pfeile immer akkurater ihr Ziel treffen, wird das Flackern in den Augen des Kindes immer größer. Nicht nur ich habe also eine gewisse Begeisterung für den Sport entwickelt. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die Treffsicherheit des jungen Mitstreiters nicht auf das Papierblasrohr in der Schule überträgt oder ihm zumindest die Lehrkraft während des Matheunterrichts nicht den Rücken zuwendet.

Bald auch im Ligabetrieb?

Blasrohre wurden schon vor circa 3000 Jahren von indigenen Völkern eingesetzt, als Sport ist diese Disziplin noch recht jung, in Heidenheim wird sie seit 2018 ausgeübt. Das Blasrohr ist dabei mindestens einen Meter und höchstens 1,70 Meter lang. Als Triebmittel dient die Atemluft, um einen kleinen Pfeil aus fünf bis sieben Metern Entfernung auf eine Zielscheibe zu schießen.

Diese besteht aus jeweils sechs kleineren Zielscheiben, die im Optimalfall alle getroffen werden sollten. Im Blasrohrschießen nennt man eine solche Scheibe „Spot“. Jedes dieser Ziele sollte nur einmal getroffen werden. Eine weitere Disziplin ist Blasrohrschießen auf 3-D-Ziele. Am Ligabetrieb nehmen die Heidenheimer zwar noch nicht teil, in Zukunft ist dies aber durchaus denkbar. „Das ist auch davon abhängig, ob es genug Mannschaften hier in der Nähe gibt“, erklärt Marcel Spaziano.

Der Einstieg ist einfach

Blasrohrschießen ist ein relativ einfach zu erlernender und sehr kostengünstiger Sport, zudem geeignet für Menschen mit Handicap. Jugendbetreuer Marcel Spaziano von der SG Heidenheim betont, dass die Einstiegshürde – auch finanziell – deutlich niedriger als bei anderen Schießsportarten sei. „Man darf gerne freitags zum Training vorbeikommen“, sagt Spaziano und verweist auf die Homepage seines Vereins. Diese findet man unter www.sg-heidenheim.de

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