Perfektes Motocross-Wochenende am Sontberger Weg
Bereits am Samstag zeichnete sich für den MSC Gerstetten ein erster Höhenflug ab: Zu den Rennen im Jugend-Motocross und vor allen Dingen zu den Läufen der Seitenwagen rund um den Veteranen-Cup fanden mehr als doppelt so viele Zuschauer als im Vorjahr den Weg an die Rennstrecke am Vogelsberg. „Die Zuschauer konnten am Samstag Top-Rennen verfolgen und der Veteranen-Cup kam sehr gut an“, freut sich MSC-Pressesprecher Mike Hommel.
2500 Besucher am Sonntag
Noch besser lief es am Sonntag. Mit rund 2500 Zuschauern fand das Motorsportwochenende bei milden Temperaturen mit dem Lauf um den BW-Pokal, der baden-württembergischen Motocross-Meisterschaft und dem Seitenwagenrennen um die deutsche Meisterschaft seinen Höhepunkt. „Die Streckenverhältnisse waren optimal, so dass die Fahrer Top-Rundenzeiten hinlegen konnten. Insgesamt war die Stecke so schnell, wie schon lange nicht mehr“, sagt Hommel.
Die guten Streckenverhältnisse sind nicht zuletzt die Früchte der Arbeit aus dem vergangenen Jahr. Während der Rundkurs bereits im Vorjahr intensiv bearbeitet wurde, legten die Streckenverantwortlichen noch einmal nach und schafften damit perfekte Rahmenbedingungen.
Gerstetter Nachwuchs mischt mit
Auch sportlich gesehen lief es für den MSC Gerstetten gut: Im Finallauf des BW-Cup konnten sich vier Lokalmatadoren unter den Top 20 platzieren. Fabian Strobel kam dabei auf einen guten fünften Platz, Simon Mäder wurde Sechster. Sieger wurde mit großem Vorsprung Moritz Schittenhelm vom MSC Wieslauftal. „Moritz Schittenhelm fährt auch in der Rennserie MX Masters und damit um die Deutsche Meisterschaft“, erklärt Mike Hommel den großen Vorsprung bei der Zieleinfahrt in Gerstetten.
Den Tagessieg im Kampf um die deutsche Seitenwagenmeisterschaft sicherten sich Tim Georg Prümmer und Jarno Stegmans.
Abgesehen von einigen wenigen Stürzen, bei denen sich aber keiner der Fahrer ernsthaft verletzte, war das Rennwochenende für den MSC Gerstetten ein voller Erfolg: „Besser hätte es sowohl für die Zuschauer als auch die Fahrer nicht sein können“, so Hommel.
Zwei Brüder, eine Leidenschaft
Jeremy und Tyler Seibert gingen beim ADAC Jugend-Motocross an den Start. Angst vor hohen Geschwindigkeiten und Sprüngen haben die Brüder, die in Gerstetten leben und für den MSC an den Start gehen, nicht. Das Motocross-Gen liegt Jeremy und Tyler buchstäblich im Blut. „Mein Mann ist früher Super-Moto gefahren und die Jungs wollten selber auch fahren“, sagt Mama Mandy Seibert, die sich über die Jahre hinweg an die Motorsportleidenschaft ihrer Männer gewöhnt hat.
Jeremy, der heute elf Jahre alt ist, saß mit fünf Jahren zum ersten Mal auf einem Motocross-Motorrad, sein zwei Jahre jüngerer Bruder Tyler begann bereits mit vier Jahren mit seinen ersten Fahrversuchen. Die Brüder verbringen so viel Zeit wie möglich auf der Rennstrecke. Zweimal in der Woche begleiten Mandy und Tobias Seibert ihre Söhne zum Training. Die eigenen Motocross-Bikes müssen dabei jedes Mal an die Strecke gefahren werden. Ein zeitintensives Hobby, das zum „Familienhobby“ geworden ist, wie Mandy Seibert sagt.
Zunächst fuhren sie mit einem kleinen, speziell für Kinder konzipierten Motorrad, inzwischen hat aber jeder seine eigene Maschine - eine Husqvarna. Jeremy startet in der Klasse 65 Kubik, sein jüngerer Bruder bis 50 Kubik. Stürze gehören für die beiden zum Sport dazu. „Klar kommt es manchmal vor, dass man stürzt“, sagt Jeremy und ergänzt „Meistens ist es aber nicht schlimm und wir können weiterfahren.“ Auch Tyler kann gut mit kleineren Stürzen umgehen. „Wenn ich hinfalle, steige ich auf und fahre weiter“, sagt der Neunjährige und schmunzelt.
Die Fahrer sind auf der Rennstrecke gut geschützt: Neben Knie und Ellenbogenschützern kommen auch Brust- und Rückenprotektoren zum Einsatz. Zusätzlich zum Helm wird auch ein Nackenschutz übergestreift. Um an Rennen teilnehmen zu können, müssen die Nachwuchsfahrer mindestens sechs Jahre alt sein. Die Brüder zählen demnach schon zu den alten Hasen im Nachwuchsbereich. Während Jeremy beim BW-Cup in der Klasse 65 Schüler B auf Rang 14 fuhr, konnte sich Tyler in der Klasse 50 Schüler A über den zwölften Platz freuen.
Der Mann für alle (Not)fälle
Seit 25 Jahren ist Dr. Frank Christian Koukal als leitender Rennarzt an den Motocross-Stecken in Baden-Württemberg im Einsatz. Er ist zur Stelle, wenn die Fahrer stürzen und sich verletzen. Darüber hinaus entscheidet er über die Renntauglichkeit der verunfallten Teilnehmer und koordiniert den Einsatz der Rettungskräfte.
Besonders bei den Starts ist erhöhte Aufmerksamkeit gefordert. „Gerade bei den Starts kommt es häufiger zu schlimmen Unfällen“, erklärt der Mediziner, der als leitender Oberarzt für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Klinikum in Weißenhorn arbeitet.
Am meisten passiert bei den Amateuren
Der erfahrene Arzt, der früher selbst Motocross gefahren ist, hat in all den Jahren viel erlebt und gesehen. Von Verstauchungen über gebrochene Schlüsselbeine und Sprunggelenksverletzungen bis hin zum offenen Oberschenkelbruch. „Im Verhältnis zur Gefährlichkeit des Sports halten sich die Verletzungen aber in Grenzen“, sagt Dr. Koukal und ergänzt: Je höher die Klasse, desto seltener kommt es zu Unfällen. Am meisten passiert bei den Amateuren.“
Auch in Gerstetten kam Dr. Koukal, der seinen ersten Einsatz als Rennarzt vor einem Vierteljahrhundert beim Motocross in Schnaitheim hatte, einige Male zum Einsatz. „Es handelte sich dabei aber um leichtere Stürze – nicht Lebensbedrohliches“, sagt er.
Der 61-Jährige hat dabei eine enge Beziehung zum Motorsport. Während er früher selbst an den Start ging, betreute er auch seine drei Söhne sowie seine Tochter, die allesamt im Motocross aktiv waren beziehungsweise immer noch sind.
Der Facharzt für Chirurgie, spezielle Unfallchirurgie und Herzchirurgie acht bei seinen Einsätzen sogar auf Kleinigkeiten. „Es muss nicht immer sein, dass beispielsweise die Kleidung der Fahrer zerschnitten wird. Die meisten Teilnehmer fahren im Amateurbereich und verdienen mit den Rennen kein Geld. Daher sparen sich viele die Ausrüstung vom Mund ab“, sagt er. Auch wägt er bei Stürzen genau ab, Fahrerinnen und Fahrer rennuntauglich zu schreiben. „Für die Teilnehmer kann das eine sehr lange Zwangspause bedeuten, weil ein anderer Arzt sie danach wieder für renntauglich erklären muss“, sagt er.