Die neue Saison hat begonnen

Schach und Computer – Problem oder Chance?

Im Schach übertreffen die Computer seit über 25 Jahren die Menschen, heute kann sich nahezu jeder ein Programm leisten, das den Weltmeister besiegen würde. Da ist es nicht verwunderlich, dass im Turnierschach immer wieder Betrugsversuche oder -vorwürfe diskutiert werden. Ist das auch schon bei den Denksportlern im Kreis Heidenheim ein Problem? Oder führen die Möglichkeiten, die die Rechner bieten, letztlich sogar zu einem Aufschwung?

Schach und Computer – Problem oder Chance?

1997 besiegte der IBM-Copmuter "Deep Blue" den damaligen Weltmeister Garri Kasparov, von da an verschoben sich die Kräfteverhältnisse immer mehr in Richtung der Maschinen und bald gab es auch – zum Teil sehr kreative – Betrugsversuche. Vor einigen Monaten war nun die Auseinandersetzung zwischen Magnus Carlson und Hans Niemann in den Schlagzeilen. Der Weltmeister aus Norwegen hatte nach einer Niederlage gegen den deutlich schwächer eingestuften Amerikaner angedeutet, dass sein Gegner Hilfe eines Computer hatte, wobei die Spekulationen über die Art der Übermittlung durch elektronische Geräte in irgendwelchen Körperteilen ziemlich wild wurden. Niemann reichte daraufhin eine Schadensersatzklage über 100 Millionen Dollar ein. Inzwischen haben sich die Parteien geeinigt, die Diskussionen um den jungen US-Boy, der Betrug im Online-Schach zugegeben hatte, dauern dennoch an.

Der Sontheimer Spieler und Schiedsrichter Andreas Klein sieht Gefahren, aber auch Vorteile durch Computertechnik im Schach. privat

Um solche Summen geht es in der heilen Welt des Amateurschachs nicht, ein Thema sind die leistungsstarken Schachprogramme aber auch hier. Führender Klub im Kreis ist seit langem der SK Sontheim, dessen erste Mannschaft am Sonntag in die neue Verbandsligarunde startet. In diesem Team spielt Andreas Klein, der auch als Fide-Schiedsrichter (die Fide ist der Weltschachverband) tätig ist und sich mit der Problematik des verbotenen Einsatzes von technischen Hilfsmitteln im Schach – auch Cheating (Schummeln) genannt – schon länger auseinandersetzt.

Sogar Hörgeräte sind verboten

"Der Deutsche Schachbund hat jetzt ein Schiedsrichterseminar dazu durchgeführt, bei großen Turnieren wird zusätzlich ein Fair-Play-Officer eingesetzt", berichtet der 58-Jährige, der bereits alle Normen für den internationalen Schiedsrichter erfüllt hat und demnächst auf dieser Ebene zum Einsatz kommen könnte. Handys müssen bei Mannschaftskämpfen oder Einzelmeisterschaften schon seit langem ausgeschaltet und abgegeben werden, gleiches gilt mittlerweile für Smartwatches. Auf Bundesebene werden sogar Hörgeräte einkassiert, weil diese ja oft Bluetooth-fähig sind. Einige Schiedsrichter arbeiten mittlerweile sogar mit Metalldetektoren.

Eine totale Kontrolle ist aber unmöglich, die Spieler müssen nicht am Brett sitzen bleiben und könnten theoretisch im Aufenthaltsbereich oder auf der Toilette Tipps von Klubkameraden erhalten, die irgendwo in einem Nebenzimmer am PC sitzen und die aktuelle Stellung analysiert haben. Dazu kommt, dass es erst ab der Oberliga neutrale Schiedsrichter gibt. Bei allen Ligen, in denen die Kreisvereine am Start sind, übernimmt das ein Mitglied der Heimmannschaft.

Kein Grund zur Hysterie

"Wir müssen aber auch überlegen, wie man es verhindert, dass eine Paranoia ausbricht", warnt Klein und ist überzeugt: "Die allermeisten wollen einfach nur eine nette Partie spielen und wer sich wirklich so Vorteile verschafft, würde ohnehin bald weiter oben am Brett sitzen." Konkrete Fälle wurden in den hiesigen Ligen in den vergangen Spielzeiten nicht dokumentiert, manchmal blieb aber bei der Analyse der Partien ein bisschen ein ungutes Gefühl ob der besonderen Genauigkeit der gegnerischen Züge. Es gibt Programme, die ungewöhnliche Übereinstimmungen mit "Computer-Zügen" belegen können, diese kommen aber nur im Profibereich, so wie im Fall Niemann-Carlson, zum Einsatz. Letztlich setzen die Schachfreunde hier im Kreis auf den Sportgeist, Geld zu gewinnen gibt es hier ohnehin nicht.

Ein anderes Thema sind die verbesserten Möglichkeiten im Training und in der Vorbereitung. "Die junge Generation ist ja mit Computern aufgewachsen, hat viel mehr Möglichkeiten, sich zu informieren", sagt Klein, der noch mit Büchern und dem Sammelwerk Schachinformator groß geworden ist. Wer beispielsweise Partien seines nächsten Gegners in einer Datenbank findet, genau weiß, welche Eröffnung dieser Spieler bevorzugt, kann seine Chancen natürlich erhöhen. Auch hier geht's erst ab der Oberliga so richtig los, alle dort gespielten Partien sind zu finden. Beim SK Sontheim pflegt Martin Schauz eine Datenbank mit den Partien der SK-Spieler, dadurch kommt auch schon ein ganz guter Erfahrungsschatz zusammen.

Im Internet boomt das Schach

Dazu gibt es Online-Kurse, Trainingsprogramme und eben die Möglichkeit, jederzeit im Internet gegen Gegner aus der ganzen Welt zu spielen. Dabei wird meistens das sogenannte Schnell- oder Blitzschach mit kurzer Bedenkzeit gespielt. "Das Niveau hat sich schon erhöht, weil heute auch jedem diese Methoden zur Verfügung stehen", sagt Klein. Zudem sorgen die Online-Präsenz und beispielsweise die populäre Serie "The Queen's Gambit" für Aufmerksamkeit. Wie sich diese letztlich in den Mitgliederzahlen niederschlägt, bleibt aber abzuwarten.

In Sontheim kann man sich nicht beklagen, die Gesamtzahl der Mitglieder im Deutschen Schachbund ist 2022 allerdings auf den Tiefstand von knapp 88.000 gefallen. Und das, obwohl gerade während Corona auch viele Ältere durch Online-Schach wieder auf den Geschmack gekommen sind. Klein hofft, dass die ebenso wie die jungen Schachfreunde letztlich wieder in den Klubs landen und weiß: "Nur durch ein bisschen Online-Blitzen wird man nicht besser."

Zum Auftakt geht's nach Feuerbach

Die Verbandsligasaison beginnt für den SK Sontheim am Sonntag (10 Uhr) mit einem Spiel beim SC Feuerbach. "Da sollten wir gewinnen können", sagt Mannschaftsführer Sören Pürckhauer, der eine spannende Saison erwartet. Dies hängt mit der Einführung einer neuen Baden-Württembergliga zusammen, dadurch wird es mehr Aufsteiger von der Verbands- in die Oberliga geben. Die Sontheimer haben mit den Österreichern Milan Novkovic und Benjamin Kienböck zwei Gastspieler, die allerdings nicht immer zum Einsatz kommen werden. Mit dem erst Zwölfjährigen Neil Albrecht hat zudem ein großes Nachwuchstalent die Chance, sich auf diesem hohen Niveau zu beweisen. Pürckhauer rechnet mit einem Platz unter den besten vier, ob es am Ende zum Aufstieg reicht, wird stark davon abhängen, wie die Konkurrenz ihre Legionäre ans Brett bekommt.

Mit Sontheim II und III sowie Aufsteiger Heidenheim treten gleich drei Kreisvertreter in der Landesliga an, die ebenfalls am Sonntag (9 Uhr) startet. Zum Auftakt gibt es das vereinsinterne Duell, bei dem die "Zweite", der auch Titelchancen eingeräumt werden, natürlich Favorit ist. Für Heidenheim wird der Kampf um den Klassenerhalt sicher schwer, am Sonntag geht es zum im Schnitt fast 200 DWZ-Punkte stärkeren Plüderhausen.

Bereits gespielt hat die Bezirksliga, in der Königsbronn ein 5:3-Sieg über Gmünd IV und Aufsteiger Sontheim IV ein 4:4 bei Leinzell gelang.

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