So blicken die Heidenheimer Basketballer auf die Sensation
Der Weltmeistertitel für die Basketballer zählt sicher zu den Sternstunden des deutschen Sports – auch beim Heidenheimer Sportbund wurde das phantastische Turnier samt 83:77-Finalsieg über Serbien von vielen Fans verfolgt. Die Begeisterung ist immer noch groß und Heidenheims Basketballer und Basketballerinnen, die auf eine beachtliche Geschichte zurückblicken können, hoffen auf weiteren Aufschwung für ihre Sportart.
Ein großes Public Viewing der Basketball-Familie gab’s zwar nicht, aber alle schauten irgendwo gemeinsam. HSB-Coach Mike Nahar beispielsweise mit seinen Ü-40-Kollegen. „Wir waren bei Björn Branicki, das Finale lief auf einer großen Leinwand und die Stimmung war großartig“, berichtet der 52-Jährige, der auch im Fit-plus-Sportstudio des Heidenheimer Sportbundes arbeitet und dort derzeit immer wieder von Menschen angesprochen wird, für die Basketball bisher kein großes Thema war.
Mit dem Titel gerechnet hätte der gebürtige Niederländer, der viele Jahre als Profi in ganz Europa gespielt hat und 2005 mit Bamberg deutscher Meister wurde, eher nicht. „Wir haben schon eine gute Mannschaft, viele Jungs die in der amerikanischen NBA oder in europäischen Topligen spielen – aber das haben die anderen Nationen ja auch“, so Nahar. Der Schlüssel war für ihn deshalb die Mannschaftsleistung. Neben Dennis Schröder und den Wagner-Brüdern, die in aller Munde sind, hätten eben auch Spieler wie Andreas Obst oder Isaac Bonga großen Anteil am Titel.
Und was bedeutet dieser Triumph nun fürs deutsche Basketball? „Die Richtung stimmt schon länger und ich denke, dass es durch den Titel nun weiter bergauf geht, Basketball auch noch interessanter für Sponsoren wird“, sagt Nahar und fügt an: „Die deutsche Bundesliga hat sich von meiner Zeit bis heute super entwickelt, es gibt eine viel bessere Nachwuchsarbeit, viel mehr Sponsorengelder.“
Dabei weiß Nahar, wie schwierig es ist, so einen Erfolg zu bestätigen. „Der deutsche Verband macht eine gute Arbeit, aber man muss immer noch besser werden, die Breite verstärken, damit Basketball nicht immer nur im Schatten des Fußballs steht“, betont der 2,10 Meter große Ex-Profi. Der französische Verband habe beispielsweise dreimal so viele Mitglieder wie der deutsche. Und Nahar sagt auch: „Wenn die USA mit allen Topstars aus der NBA antritt, haben die anderen Länder keine Chance.“
Großer Andrang beim HSB
Beim HSB – bei dem Nahar Damen, Herren, U18 und die Shooting Stars betreut – gab es schon vor der Weltmeisterschaft einen großen Andrang. „Wir haben derzeit bei den Jungs sogar einen Aufnahmestopp, bei den Mädchen sieht es anders aus. Das ist schade, aber ich kann mit 25 Kindern kein vernünftiges Training machen“, berichtet Nahar. Die Heidenheimer könnten sogar noch mehr Mannschaften melden, doch dafür fehlt es an Trainern und Hallenzeiten. Vielleicht hilft die durch die WM ausgelöste Begeisterung ja auch in diesem Bereich. Nahar: „Wir brauchen nicht nur Spieler, wir brauchen auch Trainer, Schiedsrichter, Funktionäre, bis hin zu Helfern bei der Altpapiersammlung – jede Hilfe ist wichtig.“
Nahar ist nicht der einzige Ex-Bundesligaspieler beim HSB, auch Konrad Wysocki, der am College in den USA sowie 15 Jahre als Profi in Deutschland und Polen spielte, hat es nach Heidenheim verschlagen. Der Architekt ist im Hochbauamt der Stadt tätig, spielt in der erfolgreichen Ü40 (belegte zuletzt Rang sechs und vier bei der deutschen Meisterschaft) und trainiert die U-12-Jungs.
Der 41-Jährige schaute die WM im Kreise der Familie und hebt ebenfalls die mannschaftliche Geschlossenheit heraus. „Das ist ein Riesenerfolg, es war grandios wie die Jungs zu einer Einheit geworden sind. Die haben mit Lust und Laune gespielt – im Gegensatz zum Team der USA, die waren halt da, weil sie ausgewählt wurden“, sagt der ehemalige Nationalspieler, der auch schon bei den Olympischen Spielen das deutsche Trikot trug.
Mit einer guten Platzierung für die deutsche Nationalmannschaft hat er gerechnet, mit Gold allerdings nicht. „In so einem Turnier ohne Niederlage zu bleiben, ist schon beeindruckend. Nun müssen wir schauen, dass der Hype weitergeht“, sagt Wysocki und freut sich über die vielen Kinder, die auch schon vor der WM, beim HSB ins Training kamen. „Das bestätigt uns in unserer Arbeit, allerdings fehlt es an weiteren Trainern und Hallenzeiten“, fasst er die Situation zusammen.
Es fehlt an Trainern
Eine bekannte Heidenheimer Basketball-Familie trägt den Namen Engelhart. „Wir haben bei meinem Bruder Frank geschaut, es waren viele ehemalige Spielerinnen und Spieler da und es herrschte eine Riesenstimmung“, berichtet Bernd Engelhart, dessen Frau Eva (geborene Ruzikova) in den 1990er-Jahren die HSB-Damen in die Bundesliga geführt hatte.
Nach dem Triumph gab erst einmal den telefonischen Austausch mit den sportlich ebenfalls sehr erfolgreichen Söhnen David, der in Würzburg in der Regionalliga spielt, und Jonas. Letzterer verfolgte das Finale in Israel, denn er ist mittlerweile zu seiner Lebensgefährtin gezogen, der israelischen Volleyball-Nationalspielerin Noga Maor.
Bernd Engelhart hofft nun, dass der WM-Sieg auch in Heidenheim für weiteren Aufschwung sorgt. Dabei soll der derzeitige Aufnahmestopp niemand abhalten: „Bei den Mädchen und Frauen fehlt es noch und bei den Jungs gilt: Viele fangen an, viele hören aber auch wieder auf.“