Ski alpin

Warum bei der Gerstetter Skifahrerin Katharina Haas die wichtigste Entscheidung ihrer Karriere ansteht

Ein Rückschlag ist wohl nicht genug. Nach zwei Kreuzbandrissen gab Katharina Haas ihr Comeback auf Skiern. Allerdings erfüllte die Gerstetterin nicht mehr die Bedingungen für den C-Kader des Deutschen Skiverbandes und musste auch ihren Dienst als Sportsoldatin bei der Bundeswehr quittieren. Wie sich die 22-Jährige jetzt dennoch zurückkämpft und was ihr großes Ziel ist:

Sie steht wieder fest auf den Brettern, die ihr die Welt bedeuten. Dabei muss man wissen, dass Katharina Haas in ihren Sport nicht nur viel Zeit investiert, sondern diesen auch mit einem gehörigen finanziellen Aufwand betreibt. Momentan müssen ihre Familie und sie alles selbst stemmen: Materialkosten, Trainingskosten, Unterkunft, Liftkarten, Fahrtkosten. Bei 130 Skitagen im Jahr kommt da einiges zusammen. Zudem: Haas braucht gleich sechs Paar Skier. „Ich bin sehr dankbar dafür, dass meine Familie und mein Verein, der SC Gerstetten, mich unterstützen“, sagt sie.

Nach zwei überstandenen Kreuzbandrissen (2020 und 2022) hatte es Haas nicht mehr geschafft, die Bedingungen (Punktesystem) für eine Aufnahme in den C-Kader des Deutschen Skiverbandes (DSV), in den sie zur Saison 2020/21 berufen worden war, zu erfüllen und wurde ins Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) des DSV zurückgestuft. Nach einem weiteren Jahr war die Gerstetterin schlichtweg zu alt fürs NLZ (U 21) und wurde für keinen Kader mehr berücksichtigt. Ein großer Nachteil: Bis dahin wurde die Ausrüstung vom DSV gestellt. Zudem schied Haas aus der Bundeswehr aus, wo sie als Sportsoldatin immerhin einen monatlichen Sold erhielt und für die Ausübung ihrer Sportart größtenteils freigestellt worden war.

Katharina Haas Foto: DSV

„Das war schon ein doppelter Schlag“, sagt die 22-Jährige rückblickend. Für sie stellte sich schlichtweg die Frage: Als professionelle Skifahrerin weitermachen oder aufgeben? „Ich war mit meinem Papa bei einigen Rennen und es lief gut. Deshalb wollte ich eine Saison ohne Verletzungen durchfahren und schauen, was geht“, betont Katharina Haas und fügt im Hinblick auf die enormen Herausforderungen, denen sie sich stellt, an: „Man muss den Sport lieben.“

Also startete sie die Suche nach einem Privatteam. „Als Mädchen ist es schwieriger, bei den Jungs gibt es einfach mehr Teams“, sagt sie. Für die laufende Saison (2024/25) fand Haas aber ein Team, in dem aktuell vier Skifahrerinnen dabei sind. „Als Gruppe macht es nicht nur mehr Spaß, man kann sich auch batteln“, erklärt Katharina Haas, die bei Rennen des Internationalen Skiverbandes (FIS) an den Start geht. Zudem fand sie mit „UM30“, einer Softwarefirma aus Beimerstetten, einen Helmsponsor. „Darüber bin ich sehr froh. Es ist schwierig, Firmen zu finden, die einen unterstützen.“

Es war die richtige Entscheidung, weiterzumachen. Es geht vorwärts.

Katharina Haas

Auch nicht ganz unwichtig: Das rechte Knie hält. Nach dem ersten Kreuzbandriss (der Riss eines Kreuzbandes zählt zu den häufigsten Knieverletzungen) war Haas eine Quadrizepssehne aus der vorderen Oberschenkelmuskulatur als Ersatz eingesetzt worden. Nachdem diese 2022 gerissen war, dient eine Patellasehne als Ersatz-Ersatz. Allerdings mit einem Stabilisator. 2024 hatte Haas das betreffende Knie erneut überdehnt. „Ich hatte aber Glück und bin nur sechs Wochen pausieren. Der Stabilisator hat geholfen“, sagt die 22-Jährige, die betont: „Es war die richtige Entscheidung, weiterzumachen. Es geht vorwärts.“

Jetzt freut sich Katharina Haas auf die Uni-Weltmeisterschaft (FISU World University Games) in Turin, bei der sie am 18. Januar im Riesenslalom, am 21. Januar im Slalom und am 20. Januar aller Voraussicht nach im Teamwettbewerb an den Start gehen wird. Bereits der viertägige Vorbereitungslehrgang darauf hat es Haas angetan. Zum ersten Mal starten Parasportler (beeinträchtigte Sportler) und nicht beeinträchtigte Sportler zusammen. „Auf dem Zimmer waren wir zu dritt, mit dabei war eine Parasportlerin, die selbst Ski fährt und nur noch zwei Prozent ihrer Sehkraft besitzt. Ich hätte ihr das nicht angemerkt. Ich war sehr beeindruckt davon, auch wie sie ihren Alltag managt“, sagt Haas.  

In ihrem Element: Skiass Katharina Haas. Foto: Andreas Haas

Bei ihr selbst entscheidet sich im April, wenn die Saison zu Ende geht, ob sie wieder in einen Kader des DSV berufen wird, genauer gesagt in das Europacup-Team (gebräuchlicher ist die Bezeichnung B-Kader). Dann erhält sie den entscheidenden Anruf von ihrem Trainer, Franz Ringsgwandl. Falls ihr die Kader-Rückkehr nicht gelingen wird, möchte Katharina Haas schweren Herzens ihre aktive Karriere beenden. Dann aber mit der Gewissheit, alles versucht zu haben.

Und Alternativplänen in der Hinterhand. An der Internationalen Hochschule München absolviert das Skiass ein Fernstudium in Projektmanagement. Auch einen Plan C oder D hat Haas bereits: Sie hat nicht nur eine Trainerausbildung beim DSV angefangen, sondern hat bereits auch eine Ausbildung zur DSV-Skilehrerin absolviert. Am liebsten wäre ihr aber natürlich, wenn Plan A aufgeht …

Sportlerin des Jahres 2019 im Landkreis Heidenheim

Bereits mit drei oder vier Jahren stand Katharina Haas auf Skiern. Kein Wunder, kommt die Gerstetterin doch aus einer skisportbegeisterten Familie, in der neben Opa und Onkel auch Schwester Franziska und die Eltern Andreas und Beate von dem Wintersport angetan waren. Mit 16 Jahren kam Katharina Haas ins Skiinternat nach Oberstdorf, wo sie ihr Abitur machte. Aktuell lebt sie in einer Wohnung in Oberstdorf. Über Weihnachten kam die 22-Jährige nach Gerstetten und tankte Kraft, wie sie sagt. Von den Leserinnen und Lesern der Heidenheimer Zeitung war Katharina Haas zur Sportlerin des Jahres 2019 gewählt worden.

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