Slackline in 2500 Metern Höhe

Im Höhenrausch: Was den Heidenheimer Kevin Benz am neuen Weltrekord am meisten verblüfft hat

Wow, alle Achtung! Die Profi-Slackliner Friedi Kühne und Lukas Irmler aus Bayern sind zwischen zwei Heißluftballonen über eine Slackline gegangen. Kevin Benz aus Heidenheim und Thomas Grüter aus Hörvelsingen hatten als Ballonpiloten einen großen Anteil daran:

Sie sind gerade in aller Munde: Die bayerischen Profi-Slackliner Friedi Kühne und Lukas Irmler haben zwischen zwei Heißluftballonen den Weltrekord in einer Höhe von 2500 Metern aufgestellt. Doch zwei Protagonisten, ohne die dieser Weltrekord nicht möglich gewesen wäre, kommen in der medialen Berichterstattung oft zu kurz: die beiden Ballonpiloten Thomas Grüter und Kevin Benz. „Man kann schon fragen, wer bekloppter war. Die beiden Jungs, die den Weltrekord aufgestellt haben oder die beiden, die die Ballons hochgebracht haben“, sagt Benz – und lacht.

Der Heidenheimer ist professioneller Pilot bei der Firma Sunshine Ballooning aus Langenau (Grüter hat das Unternehmen 2001 gegründet/lebt in Hörvelsingen). Hier können Ballone gebucht werden, Benz und seine Kollegen sind in ganz Süddeutschland im Einsatz. Freitags bis sonntags werden insgesamt (die Firma besitzt zehn Ballone) 450 Gäste befördert, unter der Woche sind es täglich 45, erzählt Benz.

Vor dem Start: Kevin Benz (rechts) im Gespräch mit den beteiligten Gästen. Foto: Sunchine Ballooning

Seine Firma hat bei Jochen Schweizer wegen einer großen Ballonhülle angefragt – unabhängig von dem Weltrekordversuch. So kam es auch zum Kontakt mit den beiden angehenden Weltrekordlern. „Es war quasi die Jungfernfahrt des Ballons“, sagt Kevin Benz. Einen Probetermin gab es zuvor bei Ulm, da ging es knapp 1600 Meter über den Meeresspiegel. Der zu knackende Weltrekord wurde aber in einer Höhe von 1900 Metern in Brasilien aufgestellt. Für den neuen Weltrekord ging es in die Region Rosenheim. „Bei uns in der Gegend darf man auf bis 3000 Meter steigen, Richtung Alpen ab Rosenheim kann man aber auf bis zu 3700 Meter Höhe gehen“, erklärt Kevin Benz.

„Für uns war es eine Herausforderung, die beiden Ballone, die unterschiedlich groß sind und daher unterschiedlich schnell steigen, zusammen auf 2500 Meter Höhe zu bringen“, erklärt Kevin Benz. Der 34-Jährige fuhr den Heißluftballon der eigenen Firma mit 7000 Kubikmetern Hüllenvolumen, sein Kollege Thomas Grüter den größeren von Jochen Schweizer mit 10.500 Kubikmetern Hüllenvolumen. „Durch die verschiedenen Größen reagieren die Ballone auch unterschiedlich, der größere reagiert träge“, erklärt Benz.

Ein Team: Thomas Grüter (rechts) und Kevin Benz. Foto: Sunshine Ballooning

Am Samstag, 9. November, war es so weit. Ab 6 Uhr morgens ging es darum, die Wetterdaten im Blick zu behalten. „Es gab Hochnebel. Da hieß es, dass er sich auflösen wird. Aber er das nicht muss“, erzählt Kevin Benz. Imposant fand es Benz, wie viele Menschen an diesem Projekt beteiligt waren. Neben den beiden Weltrekordlern und ihren beiden Freundinnen waren auch Journalisten und Kameraleute dabei. „Der Korb war quasi voll mit Kameras, manchmal musste ich Kameraleute zur Seite schieben, weil ich sonst nicht hätte fahren können“, sagt Benz über die herausfordernden Arbeits-Bedingungen. Am Boden waren es 30 Leute, später im großen Ballon 14 oder 15 und im kleinen Ballon neun. Begleitet wurden die beiden Heißluftballone von einem Helikopter.

Die Heißluftballone stiegen dabei etwa drei Meter pro Sekunde. Zwischen den Ballonen war zudem die Slackline gespannt. In 2500 Meter Höhe liefen Friedl Kühne (Rosenheim) und Lukas Irmler (Dachau) vor einer Alpenkulisse über das dünne Band. Bei bestem Wetter und über dem Hochnebel. Dabei waren sie natürlich mehrfach gesichert.

Alles im Griff: Kevin Benz bei der Weltrekordfahrt. Foto: Jochen Schweizer

Und die Ballonpiloten? „Wir sind da auch wie in einem Tunnel“, sagt Benz. „Wir müssen alle Geräte im Blick behalten und auf den anderen Ballon achten und uns untereinander absprechen. Da kickt das Adrenalin schon ordentlich“, so der 34-Jährige, der über sehr viel Erfahrung als Ballonpilot verfügt. „Mein Opa war schon Pilot, mein Vater auch“, sagt Kevin Benz. Mit vier Jahren stand er zum ersten Mal in einem Ballon und begann in Heidenheim mit dem Ballonfahren. „Mit 13 flachte die Begeisterung dafür ab, ich hatte keine Lust mehr“, erinnert er sich. Über eine junge Pilotin kehrte Benz aber zum Ballonfahren zurück. „Nein, nicht speziell wegen ihr“, sagt er – und lacht.

Später entschied er sich, aus seinem Hobby einen Beruf zu machen, und so kam er zur Firma Sunshine Ballooning. „Ich mache 120 Fahrten im Jahr, nächstes Jahr möchte ich meinen Ausbilder machen“, sagt Kevin Benz. Bereits jetzt darf er die größte Klasse fliegen (D), die mit 12.000 Kubikmetern Hüllenvolumen (18 Gäste). Imposant: Seit 2016 hat er 800 bis 850 Stunden in der Luft verbracht. „Jede Fahrt ist anders, ich habe es noch nie geschafft, zweimal auf der gleichen Wiese zu landen“, sagt er. „Und die Entscheidungen, die man als Pilot trifft, müssen sitzen.“

Berichte über den Weltrekord auch in Australien

Verblüfft ist Benz über die mediale Reichweite der Weltrekordaufstellung. „Es geht durch alle Medien, auch international. Es gab einen Beitrag darüber im arabischen Fernsehen oder auch in Australien.“ Er selbst hat auch einen Clip angefertigt, der die Weltrekordfahrt über eine fest installierte Kamera zeigt.

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Auch Töchterchen Maila (4) zeigt bereits großes Interesse an Papas Leidenschaft, die er zum Beruf gemacht hat. „Sie war schon ein paar Mal im Korb mit dabei. Und sie hat gesagt: Papa, ich möchte auch über dieses Seil laufen“, erzählt Kevin Benz im Hinblick auf die Slackline. „Aber sie soll lieber Ballonfahrerin werden“, fügt er an – und lacht.

1600 Gäste in einem Jahr

Bei einem kleineren Heißluftballon merkt man sieben bis acht Sekunden nach einem Brennerstoß eine Wirkung. Bei größeren Ballonen vergehen 20 Sekunden. Durch weniger Heizen sinkt ein Ballon, durch gar kein Heizen kollabiert er aber nicht, sondern hat eine Wirkung wie bei einem Fallschirm, erklärt Kevin Benz, der im vergangenen Jahr 1600 Menschen befördert hat (in diesem sind es bislang 1400).

Der Highline-Weltrekord wurde von der International Slackline Association (ISA) anerkannt.

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