Mitgliederschwund

Freiburger Erzbischof Burger: Kirche ist kein Supermarkt

Viele Christen kehren der Kirche den Rücken, auch im Südwesten. Der Freiburger Erzbischof Burger will wieder mehr Vertrauen schaffen. Ideen dafür gibt es auch.

In der Debatte um den Mitgliederschwund der katholischen Kirche hat der Freiburger Erzbischof Stephan Burger Geduld und Beharrlichkeit angemahnt. «Die Kirche ist kein Supermarkt, in den die Menschen nicht mehr gehen, weil sie bestimmte Ware nicht mehr bekommen», sagte Burger der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe vielmehr darum, Beziehung und Vertrauen wieder aufzubauen und zu stärken.

«Kirche an ungewöhnlichen Orten sichtbar und zugänglich zu machen ist auch ein Versuch, mit kirchenfernen Menschen mehr ins Gespräch zu kommen», sagte der 61-jährige Geistliche. Er nannte dabei die Kirchen im großen Freizeitpark Europa-Park in Rust (Ortenaukreis) und im Nationalpark Schwarzwald.

Mit rund 1,65 Millionen Katholiken gehört das Erzbistum zu den größten der 27 Diözesen in Deutschland. Im vorvergangenen Jahr traten dort laut früheren Angaben rund 41.800 Menschen aus der Kirche aus. Weitere Menschen kehrten der Kirche seitdem den Rücken: Im vergangenen Jahr waren es allein in der Stadt Freiburg zusammen über 3000 evangelische und katholische Christen, wie eine dpa-Umfrage vor Weihnachten ergab.

Der Missbrauchsskandal und seine Folgen erschütterten im zurückliegenden Jahr viele Gläubige. Eine unabhängige Kommission veröffentlichte im April einen Bericht, der mit Burgers Amtsvorgänger Robert Zollitsch abrechnete. Der Vorwürfe der Vertuschung gegen diesen wogen besonders schwer - Zollitsch leitete von Februar 2008 bis März 2014 die Deutsche Bischofskonferenz und war damals das Gesicht und die Stimme der katholischen Kirche.

Laut Burger ist es entscheidend, eine «solide pastorale Arbeit» in Gemeinden zu leisten und damit ein verlässlicher Partner zu sein. «Auf diese Weise hoffen wir, wieder mehr Vertrauen aufzubauen, das durch Finanzskandale und Missbrauchskrise sehr brüchig geworden ist; hier setzen wir auf lückenlose Aufarbeitung, Prävention und Transparenz.» Im großen Vatikan-Finanzprozess um fragwürdige Millionendeals war vor Weihnachten erstmals in der Geschichte der katholischen Kirche ein Kardinal von einem Gericht des Kirchenstaates zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

Im Erzbistum werde zudem überlegt, mehr für die sogenannte kirchliche Biografie zu tun, sagte Burger. Nach Taufe, Kommunion und Firmung komme häufig bis zur Ehe und der Taufe von Kindern nichts. «Hier sehen wir eine Lücke in der Begleitung, so dass Menschen in bestimmten Lebensphasen einfach den Kontakt zur Kirche verlieren», resümierte Burger.