Deutsche Umwelthilfe

Gäubahn aufs Abstellgleis? Umwelthilfe klagt

Im Streit um die Gäubahn-Kappung könnte die Bahn zunehmend unter Zeitdruck geraten. Denn nicht nur die klagefreudige Umwelthilfe zieht vor Gericht, auch Naturschützer deuten weitere rechtliche Schritte an. Das könnte Folgen haben für den Stuttgarter Kopfbahnhof.

Gäubahn aufs Abstellgleis? Umwelthilfe klagt

Die mehrjährige Kappung der Gäubahn nach der Fertigstellung des Bahnprojekts Stuttgart 21 könnte schon bald ein größerer Fall für die Justiz werden und die Bahn unter Zeitdruck setzen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zieht nach eigenen Angaben vor Gericht. Sie hat beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Klage eingereicht gegen das Eisenbahn-Bundesamt. Bei einem Erfolg hofft sie auf einen Weiterbetrieb des alten Stuttgarter Kopfbahnhofs.

Nach den bisherigen Planungen soll die Gäubahn zwischen Stuttgart und Singen/Zürich ab dem Jahr 2025 für mehrere Jahre vom Hauptbahnhof Stuttgart abgetrennt werden. Reisende sowie Pendlerinnen und Pendler müssten dann auf dem Weg dorthin in die Stadt- oder S-Bahn umsteigen.

Aus Sicht der Umwelthilfe verstößt die Kappung gegen den Planfeststellungsbeschluss zu Stuttgart 21. Dieser sieht laut DUH einen «unmittelbaren Ersatz» vor, also eine Alternative zum wegfallenden Gäubahnanschluss zwischen Stuttgart-Vaihingen und dem Hauptbahnhof, wenn der alte Zulauf stillgelegt wird. Eine Unterbrechung für mindestens sieben Jahre und bis zur fertigen Verbindung über den geplanten Pfaffensteigtunnel auf der Gäubahn sei ein Verstoß. «Stuttgart 21 ist als Gesamtkonzept genehmigt», sagte DUH-Anwalt Remo Klinger. «Dieses rechtlich genehmigte Konzept kann man nicht einfach über den Haufen werfen.»

Die Klage richtet sich gegen das Eisenbahn-Bundesamt, weil es die Pläne der Bahn laut DUH nicht fristgerecht abgelehnt hat. «Bund, Land und Bahn brechen hier vorsätzlich das Gesetz und ihr Versprechen, dass es durch Stuttgart 21 zu keiner Verschlechterung des Bahnverkehrs komme», sagte der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Durch die Kappung würden Millionen Menschen beeinträchtigt, viele würden von der Bahn auf das Auto umsteigen. «Es ist ein Armutszeugnis für die Landesregierung, dass aufgrund eines Prestigeprojekts die Menschen im Stich gelassen und Klimaschutz völlig vergessen wird», sagte Resch. Nach Schätzungen der DUH könnte die Kappung bis zu 20 Jahre dauern.

Ein Sprecher des Bundesamtes in Bonn teilte mit, die Anträge und Einwände würden derzeit in fachlicher und juristischer Hinsicht geprüft. «Erst nach Abschluss der Prüfung wird über weitere Schritte entschieden», sagte er. «Prognosen inhaltlicher oder zeitlicher Art sind derzeit nicht möglich.»

Widerstand regt sich seit langem auch bei den Anrainergemeinden der Gäubahn. Die Oberbürgermeister von Böblingen, Singen, Radolfzell und Konstanz fühlen sich durch die Baupläne von der Metropole abgehängt. Auch sie haben – wenngleich erfolglos – geprüft, ob juristisch gegen die Pläne vorgegangen werden kann.

Die DUH-Klage dürfte auch nicht die letzte im Streit um die Gäubahn sein. Denn auch der Landesnaturschutzverband kann sich einen solchen Weg unter Umständen vorstellen, wie sein Vorsitzender Stefan Frey auf Anfrage sagte. Der Verband hatte vor einem Jahr beim Eisenbahn-Bundesamt einen Eilantrag gegen die geplante Unterbrechung gestellt, weil es kein Stilllegungsverfahren gebe. «Bislang haben wir darauf noch keine offiziellen Entscheidung mitgeteilt bekommen», sagte Frey, dessen Dachverband 36 Natur- und Umweltschutzvereine in Baden-Württemberg vereinigt.

Als Gäubahn wird die Eisenbahnstrecke von Stuttgart über Böblingen, Horb und Singen weiter nach Zürich bezeichnet. Die Deutsche Bahn will sie bis zur Fertigstellung des Pfaffensteigtunnels zwischen Böblingen und dem Stuttgarter Flughafen vom Stuttgarter Hauptbahnhof abhängen und auf dem Regionalbahnhof in Stuttgart-Vaihingen enden lassen. Der geplante elf Kilometer lange Tunnel soll von Böblingen die Züge der Gäubahn über den Flughafen direkt an die neue Zulaufstrecke zum Tiefbahnhof in Stuttgart bringen.