Jeder vierte Flüchtling von 2015 wohnt noch in Unterkunft
In Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt lebt ein erheblicher Teil der Flüchtlinge auch mehrere Jahre nach dem Abschluss des Asylverfahrens noch in einer kommunalen Unterkunft. Nach einer Expertise des Mediendienstes Integration, die am Mittwoch vorgestellt wurde, schätzen mehrere Kommunen in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, dass der Anteil von Geflüchteten, die 2015 nach Deutschland eingereist waren, in ihren Gemeinschaftsunterkünften bei rund 25 Prozent liegt.
Da Geflüchtete bei der Wohnungssuche häufig auf Diskriminierung stießen, sei eine Hilfestellung beim Auszug sinnvoll, sagte Boris Kühn, ehemaliger Flüchtlings- und Integrationsberater der Stadt Mössingen in Baden-Württemberg. Das sei auch wichtig, um genügend Plätze für Neuankömmlinge in den Unterkünften bereithalten zu können.
Es sei ein «fataler Irrtum» zu glauben, Zelte oder Behelfsunterkünfte könnten das Problem lösen, sagte Ingo Malter, Geschäftsführer einer Wohnbauten-Gesellschaft der Stadt Berlin. Wenn anerkannte Flüchtlinge in einer ihnen zur Verfügung gestellten Wohnung bleiben wollten, dann sollte dies auch möglich sein.
Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wurde in den ersten fünf Monaten dieses Jahres für 125 556 Menschen erstmals in Deutschland ein Asylantrag gestellt. Das waren fast 77 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die meisten Schutzsuchenden kamen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 haben zudem mehr als eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland Schutz gesucht – vor allem Frauen und Kinder. Sie müssen keinen Asylantrag stellen. Laut Expertise ist es viel einfacher, für sie privaten Wohnraum zu finden als für andere Flüchtlinge.
In einigen Bundesländern wie Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Hessen haben sich der Untersuchung zufolge mehr Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine angesiedelt, als dort nach dem üblichen Verteilschlüssel aufgenommen werden müssten. In Bayern Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein wohnen dagegen weniger Ukraine-Flüchtlinge als nach dem Königsteiner Schlüssel vorgesehen ist. Grund dafür ist, dass die Wohnortwahl anfangs nicht reguliert war. Da gingen die Menschen dorthin, wo sie Anknüpfungspunkte hatten. «Die Ungleichverteilung war sicherlich am Anfang groß», sagte Kühn. Inzwischen sei es aber so, dass kein Land mehr als zehn Prozent über oder unter seiner Quote liege.