Mit dem Eröffnungsfilm «Familie is nich» von Nana Neul startet das Festival des deutschen Films in Ludwigshafen am Mittwoch (21.8.) in sein 20. Jahr. Die bis zum 8. September laufende Filmschau in der zweitgrößten Stadt in Rheinland-Pfalz gilt als Ideenbörse und wichtiger Branchentreff. Insgesamt sind im Jubiläumsjahr 64 Werke zu sehen. Ludwigshafen gilt als besucherstärkstes deutsches Filmfestival nach der Berlinale. Im vergangenen Jahr kamen den Veranstaltern zufolge rund 108.000 Kinofans auf die Parkinsel im Rhein unmittelbar an der Grenze zu Baden-Württemberg.
Juristisch fassbare Kriterien, nach denen das Programm zusammengestellt sei, gäbe es nicht, sagte Intendant Michael Kötz der Deutschen Presse-Agentur. «Aber die Auswahl ist auch keine reine Geschmacksfrage, nicht nach 40 Jahren Berufserfahrung.» Es sei eher ein Einfühlen. «Ein Aufspüren dessen, wohin die Werke erzählen wollen, und die Entscheidung, ob das gelungen ist oder nicht, manchmal halbwegs gelungen, manchmal ganz großartig.»
Ludwigshafens Leinwand-Highlight
Anders gesagt: «Filme, die wir uns deshalb gern auch ein zweites und drittes Mal ansehen würden, nehmen wir. Filme, die nur angeblich wichtig sind oder gerade einem Trend entsprechen, aber nicht gelungen sind, nehmen wir nicht. Da sind wir rücksichtslos unterwegs als Anwälte unseres Publikums.»
Das Festival läuft in einem Freiluftkino sowie in Kinozelten mit mehr als 1.000 Plätzen. An den 19 Tagen werden mehrere Gäste ausgezeichnet. Preise für Schauspielkunst gehen an Liv Lisa Fries («Babylon Berlin»), Christoph Maria Herbst («Contra») und Joachim Król («Preis der Freiheit»). Im Jubiläumsjahr laufen elf Filme im Wettbewerb um den Filmkunstpreis und den Publikumspreis «Rheingold».
Wenn er 20 Festivaljahre mit einem Slogan überschreiben müsste, würde dieser «Und stetig gings bergauf» lauten, sagte Kötz. «Wir haben mit 7.000 Besuchern angefangen und waren schon 2016 bei mehr als 100.000. Wir hatten zu Beginn ein paar wenige Stargäste aus der Film- und Fernsehbranche, heute sind es mehr als 300, und selbst, wenn jemand wirklich sehr berühmt ist, freut er oder sie sich, zu uns zu kommen.» Das Festival habe sich «geradezu traumhaft» entwickelt. «Wir sind trotz Krisen durch Hochwasser oder die Pandemie absolut erfolgsverwöhnt. Besser hätte es nicht laufen können.»
Kino auch als Spiegel der Krisen
Auch die Krisen der Zeit – Ukraine, Naher Osten, Klima, soziale Spaltung – fänden sich thematisch im aktuellen Programm wieder. «Die Zeiten, in denen sich deutsche Filme sehr oft um das Ego drehten, um Selbstverwirklichung im weitesten Sinne, sind ziemlich vorbei», betonte Kötz. Man habe offenbar entdeckt, wie wichtig der gesellschaftliche Zusammenhalt und Gesellschaft überhaupt sei, wenn das Leben des Einzelnen glücken solle.
«Man erinnert sich auch, wie wichtig die Familie ist und wie verhängnisvoll es war, in Deutschland den Heilsversprechen der Nazis zu folgen», meinte der Intendant. «Von all dem erzählen die neuen deutschen Filme, die wir im Programm haben, sehr eindrucksvoll.»