Atomkraft

Stromgigant EDF treibt Pläne für Fessenheim-Projekt voran

Schon seit Jahren ist das elsässische Atomkraftwerk Fessenheim stillgelegt. Ein geplantes Industrievorhaben am Standort sorgt für neue Debatten. Hat die deutsche Seite Einfluss?

Der französische Stromkonzern EDF treibt Pläne für eine Verwertungsanlage für schwach radioaktiv belasteten Schrott am elsässischen Standort Fessenheim voran. Beim mehrstufigen Verfahren zur Genehmigung soll die Öffentlichkeit auch im benachbarten Deutschland eingebunden werden, teilte eine EDF-Sprecherin auf Anfrage mit. In Deutschland gibt es Bedenken gegen das Industrievorhaben.

Das Atomkraftwerk Fessenheim südöstlich von Colmar unweit der Grenze zu Deutschland war 2020 nach 42 Betriebsjahren stillgelegt worden. An der Altanlage hatte es Jahre lang Kritik aus Deutschland gegeben. Der sogenannte Rückbau soll voraussichtlich 2026 beginnen.

Grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung 2027 erwartet

EDF will die Verwertungsanlage («Technocentre») auf einem bisher ungenutzten Areal des Standorts 2031 in Betrieb nehmen. Das Regierungspräsidium Freiburg erwartet die grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung («Enquête publique») für das Jahr 2027, wie eine Sprecherin auf Anfrage berichtete. Bürgerinnen und Bürger sowie Behörden könnten sich dann beteiligen.

«Das Regierungspräsidium Freiburg wird das Genehmigungsverfahren für das Technocentre sehr aufmerksam verfolgen und die Interessen der deutschen Seite im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung in das französische Verfahren einbringen», teilte die Sprecherin mit.

Kritik am «Technocentre»

Das Technocentre wird auf der französischen Rheinseite von Umweltschützern kritisiert, denn sie befürchten Radioaktivität in wiederverwerteten Metallen. Der Schrott soll aus Atomanlagen kommen. Die baden-württembergische Landesregierung machte im zurückliegenden Jahr deutlich, dass sie - wie die Bundesregierung - die Pläne von EDF für ein Technocentre «bedauert». Entschieden über die Anlage wird aber letztlich in Frankreich.

Der große Nachbar im Westen setzt im Gegensatz zu Deutschland auf die Atomkraft - und will damit auch Klimaschutzziele erreichen. Geprüft wird nach früheren Angaben der Bau von 14 neuen Atomkraftwerken bis zum Jahr 2050. Zudem soll die Laufzeit bestehender Kraftwerke von 40 auf 50 Jahre erhöht werden - wenn die Sicherheit dies zulässt.

Deutsche Behörde sieht Lichtblick

Das Freiburger Regierungspräsidium sieht bei dem Projekt immerhin einen Lichtblick. EDF habe bei einem Termin im Dezember mitgeteilt, dass Schiffe mit ausgebauten Dampferzeugern aus anderen Kernkraftwerken am Rheinseitenkanal auf Höhe der elsässischen Kommunen Nambsheim oder Ottmarsheim anlanden werden. Eine Belastung, die mit dem Umladen verbunden ist, sei damit für die deutsche Grenzstadt Breisach vom Tisch.

«Wenn nun der Schrott aller Kernkraftwerke aus Europa oder Frankreich bei ihnen mit großen Containern vorbeitransportiert wird, ist es nicht das, was sich die Region gewünscht hat», hatte Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer bereits zu den Transporten gesagt.

Die Liste des Aachener Vertrags

Fessenheim hat eine Bedeutung, die weit über die Oberrheinregion hinausreicht: Deutschland und Frankreich schrieben sich gemeinsam auf die Fahnen, beim Nutzen des Gebiets rund um das AKW zusammenzuarbeiten. Das Vorhaben gehört zu einer von Berlin und Paris fest vereinbarten Liste, um den Aachener Vertrag für die deutsch-französische Zusammenarbeit umzusetzen. Der neue Vertrag war im Januar 2019 von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unterschrieben worden.

Eine deutsch-französische Firma für einen Gewerbepark beim stillgelegten Atomkraftwerk wurde jedoch wieder aufgelöst - wegen Umweltschutzauflagen stand letztlich nur ein begrenztes Gelände zur Verfügung. Die Landesregierung versicherte aber, sich weiter für den Fessenheim-Zukunftsprozess einzusetzen.