Viele Enkeltrick- und Schockanrufe stammen aus dem Ausland
Die weitaus meisten sogenannten Enkeltrick- und Schockanrufe werden nach Zahlen der Polizei aus dem Ausland erfasst. So seien im vergangenen Jahr von den 3675 als «Enkeltrick» gelisteten Betrugsversuchen nur 478 aus dem Inland gewesen, weitere 3197 aus dem Ausland, zitiert das Innenministerium in einer Antwort auf eine Landtagsanfrage der SPD aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Beim Phänomen «Falscher Polizeibeamter» waren es mit 9194 Anrufen aus dem Ausland vier Mal so viele wie aus dem Inland, bei den «Schockanrufen» war das Verhältnis etwa 1:2 und somit vergleichsweise gering.
Besonders auffallend war die Diskrepanz beim sogenannten WhatsApp-Fraud, also bei betrügerischen Nachrichten oder SMS von angeblichen Familienangehörigen, die auf diese Art und Weise um Geld bitten. Dort wurden 583 Taten aus dem Inland registriert, weitere 8086 und damit 13-mal so viele waren es aus dem Ausland.
Insgesamt wurden im Jahr 2022 genau 18 549 solcher betrügerischen Anrufe in Baden-Württemberg erfasst – das war ein Anstieg von 62 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 95 Prozent dieser Straftaten blieben allerdings im Versuchsstadium. Dennoch stieg auch der entstandene Schaden stark an: im Vergleich zum Vorjahr um 36,1 Prozent auf 20,6 Millionen Euro. Nur 2,1 Prozent der bekannt gewordenen Fälle wurden aufgeklärt, vor allem, weil die Anrufe über generierte Nummern und Call Center unter anderem in der Türkei kommen. Annähernd die Hälfte aller Geschädigten ist laut PKS zwischen 80 und 90 Jahre alt, knapp zwei Drittel der Geschädigten sind weiblich.
Aus Sicht der SPD unternimmt das Innenministerium nicht genug, um die Betrüger zu fassen. «Enkeltricks sind keine Einzeltaten, sondern häufig organisierte Kriminalität», sagte SPD-Innenexperte Sascha Binder. Er fordert spezialisierte Ermittlungsgruppen. Diese dürften nicht nur die einzelnen Taten verfolgen, sondern müssten Banden wirksam zerschlagen.
Beim sogenannten Enkeltrick melden sich angebliche Verwandte wegen eines vorgetäuschten finanziellen Engpasses oder weil sie für den sofortigen Kauf einer Immobilie Geld benötigen. Die Zahl dieser Art von Anrufe sinkt weiter. Bei der deutlich zunehmenden Masche «Schockanruf» rechnen Betrüger hingegen skrupellos mit der Schockstarre erschütterter Opfer. Die Kriminellen – sogenannte Keiler – täuschen als angebliche Kinder, Enkel, vermeintliche Polizeibeamte oder Rechtsanwälte eine Notlage oder gar die Lebensgefahr des Angehörigen vor und treiben ihre Opfer durch eine manipulative Gesprächsführung, den Aufbau eines Drohszenarios und durch Zeitdruck massiv in die Enge.