Tempo-Kontrolle

Warum es so schnell keiner Handy-Blitzer in Baden-Württemberg geben wird

Warum es so schnell keiner Handy-Blitzer in Baden-Württemberg geben wird

Wie eine übergroße Überwachungskamera steht sie da: die sogenannte Monocam, die künftig in Rheinland-Pfalz eingesetzt werden soll, um Handyverstöße im Auto zu ermitteln. Eine Software erkennt mithilfe von künstlicher Intelligenz, ob Autofahrerinnen oder Autofahrer ihr Mobiltelefon benutzen – wenn das Gerät einen Verstoß feststellt, wird geblitzt. Rheinland-Pfalz ist das erste Bundesland, das die neue Technik in Deutschland einführen will. Und Baden-Württemberg?

Das Innenministerium beobachte die Entwicklungen im Nachbar-Bundesland, sagt eine Sprecherin auf Nachfrage: „Wir warten erstmal die Rechtsetzung ab.“ Die rechtlichen Hürden für den Einsatz der sogenannten Handy-Blitzer sind hoch: Nach der Testphase in Rheinland-Pfalz wehrten sich mehrere Autofahrer juristisch gegen ihre Bußgeldbescheide. Das Amtsgericht Trier wies die Einsprüche zwar zurück, stellte aber fest, dass es keine Rechtsgrundlage für den dreimonatigen Monocam-Test im Jahr 2022 gegeben habe. Nun will das dortige Innenministerium einen Vorschlag für eine solche rechtliche Grundlage erarbeiten.

Im baden-württembergischen Ministerium gibt es der Sprecherin zufolge noch keine konkreten Pläne für den Einsatz der Monocam. Stattdessen sagt sie, es sei zu erwarten, dass auch gegen eine neu geschaffene Rechtsgrundlage in Rheinland-Pfalz geklagt werde. Auch diese potenziellen Klagen will man in Stuttgart abwarten. Bereits ohne die Monocam gibt es in Baden-Württemberg Fälle, in denen Handyverstöße mithilfe von Kameras erkannt werden: Wenn ein herkömmlicher Blitzer wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung auslöst und auf dem Foto ersichtlich ist, dass der Fahrer mit dem Handy am Ohr telefoniert, bekommt er auch für diesen Verstoß ein Bußgeld.

Auf den Datenschutz achten

Für den Einsatz von Handy-Blitzern in Baden-Württemberg wäre – wie in Rheinland-Pfalz – eine Gesetzesänderung notwendig: Jede Verarbeitung personenbezogener Daten bedürfe einer Rechtsgrundlage, teilt die Pressestelle des Landesbeauftragten für Datenschutz mit. „Eine solche ist uns zumindest für den Betrieb der Monocam in Baden-Württemberg nicht ersichtlich.“ Zudem sei fraglich, ob der Einsatz der Handy-Blitzer für Bußgelder im Straßenverkehr „überhaupt durch Landesrecht geregelt werden könnte“.

Beim ADAC Württemberg verweist man ebenfalls auf die rechtlichen Voraussetzungen: Aktuell dürften „für Verkehrsverstöße verwertbare Foto- und Videoaufnahmen nur bei konkretem Tatverdacht – also nicht verdachtsunabhängig – erstellt werden“, betont Holger Bach, Abteilungsleiter Verkehr und Umwelt. Man begrüße deshalb die Pläne in Rheinland-Pfalz, eine mit den Datenschutzbehörden abgestimmte Gesetzesänderung auf den Weg zu bringen.

Der ADAC lehnt die Monocam, die in den Niederlanden bereits eingesetzt wird, allerdings nicht grundsätzlich ab. „Sogenannte Handy-Blitzer können ein weiteres Instrument darstellen, um die verbotene Nutzung von Handys am Steuer zu kontrollieren“, sagt Bach. Wer sein Smartphone oder andere elektronische Geräte am Steuer nutze, gefährde damit sich selbst und andere: „Das Telefonieren oder Verschicken von Nachrichten gilt mittlerweile als eine der wesentlichen Unfallursachen.“

Laut ADAC gehen Fachleute davon aus, dass Ablenkung am Steuer – etwa durch Handynutzung, Essen oder Gespräche mit Mitfahrenden – zu ähnlich vielen Unfällen führt wie Alkohol. Bach sagt, bei einem Tempo von 50 Kilometern pro Stunde lege man „fast 30 Meter im totalen Blindflug zurück, wenn man nur zwei Sekunden lang auf das Smartphone oder das Navigationsgerät schaut“.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling geht davon aus, dass der Einsatz der Monocam auch präventiv wirkt. Während der Testphase in Trier und Mainz wiesen Schilder auf die Handy-Blitzer hin. Die Anzahl der Ablenkungsverstöße sei im Testzeitraum „mindestens halbiert“ worden, wurde Ebling im April in einer Pressemitteilung zitiert. Das Pilotprojekt belege, „dass die Monocam eine präventive Wirkung hat und geeignet ist, die Verkehrssicherheit in Rheinland-Pfalz zu erhöhen“.