Russische Invasion

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Russland bekommt die negativen Auswirkungen seines Angriffskriegs gegen die Ukraine zu spüren. Am Tag nach dem gescheiterten Söldner-Aufstand schweigt sich der Kreml aus. Die News im Überblick.

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine richtet nach Meinung der Führung in Kiew inzwischen immer mehr Schaden in Russland selbst an.

Es sei erkennbar, «dass der Krieg in seinen Heimathafen zurückkehrt», sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. Es blieb unklar, ob er damit die wirtschaftlichen Probleme Russlands oder den kurzzeitigen Aufstand der Wagner-Söldner vom Wochenende meinte. «Je länger die russische Aggression anhält, desto mehr Schaden richtet sie in Russland selbst an», sagte Selenskyj.

Russische Angriffe in Region Saporischschja

Russische Truppen haben in der zentralukrainischen Region Saporischschja eine Reihe von Angriffen mit unterschiedlichen Waffensystemen geführt. Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs vom Morgen wurden unter anderem mindestens sechs modifizierte Flugabwehrraketen vom Typ S-300 eingesetzt. Daneben seien seit Sonntag 33 Luftangriffe und 45 Angriffe aus Mehrfachraketenwerfern registriert worden. «Infolge der russischen Terroranschläge wurden Zivilisten verletzt und Wohnhäuser, Geschäfts- und Verwaltungsgebäude sowie Privatfahrzeuge beschädigt», heißt es im neuesten Lagebericht. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Russische Truppen versuchten dem Generalstab zufolge in der Region südlich von Saporischschja den Vorstoß ukrainischer Einheiten zu stoppen und verlorene Stellungen zurückzuerobern. Dabei seien mindestens 30 Siedlungen von russischer Artillerie beschossen worden.

Selenskyj hatte zuvor vor Sicherheitsrisiken rund um das von russischen Kräften kontrollierte Akw Saporischschja gewarnt, das größte Kernkraftwerk in Europa. «Leider ist die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit für die bestehende russische Bedrohung im Kernkraftwerk Saporischschja immer noch unzureichend», klagte Selenskyj. Die westlichen Partner der Ukraine hätten alle verfügbaren Geheimdienstinformationen über die russischen Pläne für das AKW erhalten. «Wir müssen ganz konkrete Maßnahmen ergreifen, und zwar alle gemeinsam in der Welt, um jegliche Strahlungsvorfälle zu verhindern», warnte er mit Blick auf eine mögliche Sabotage der Anlage durch die russischen Besatzer.

London: Ukrainische Gegenoffensive macht Fortschritte

Die ukrainische Gegenoffensive gewinnt nach Einschätzung britischer Militärexperten im Umkreis der Stadt Bachmut an Dynamik. «Ukrainische Kräfte haben sowohl an der nördlichen als auch an der südlichen Flanke Fortschritte gemacht», hieß es im täglichen Geheimdienstbericht zum Krieg in der Ukraine des Verteidigungsministeriums in London.

Insgesamt schätzen die Briten die russischen Kapazitäten, ihre Kräfte entlang der Hunderte Kilometer langen Frontlinie zu verstärken, als gering ein. Es gebe kaum Hinweise, dass Russland über irgendwelche nennenswerten Reserven an einsatzbereiten Bodentruppen verfüge, hieß es in der Mitteilung weiter.

Kiew hofft weiter auf Einladung zu Nato-Mitgliedschaft

Mit Blick auf den Nato-Gipfel in zwei Wochen in Vilnius unternehme die Ukraine «alles, was wir können, um sicherzustellen, dass der Gipfel echte Inhalte hat», fuhr Selenskyj fort. Beschlüsse zugunsten der Ukraine bei dem Treffen seien die einzig möglichen positiven Entscheidungen für die Sicherheit in Europa und für das Bündnis insgesamt. Trotz anderslautender Prognosen hofft Kiew weiterhin auf eine Einladung zur Mitgliedschaft in dem Verteidigungsbündnis.

Luftangriffe auf Hafenstadt Odessa - Alarm in Kiew

Die südukrainische Hafenstadt Odessa wurde in der Nacht mit Raketen und sogenannten Kamikaze-Drohnen angegriffen. In der Stadt seien mehrere Explosionen zu hören gewesen, berichtete die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform. Weitere Angaben wurden nicht gemacht. Auch in der Hauptstadt Kiew und anderen Regionen des Landes wurde Luftalarm ausgelöst. Kurz zuvor hatte die ukrainische Luftwaffe vor möglichen russischen Angriffen mit - von Schiffen im Schwarzen Meer abgeschossenen - Marschflugkörpern gewarnt.

Litauen fordert Stärkung der Nato-Ostflanke

Litauens Präsident Gitanas Nauseda fordert nach dem Aufstand der russischen Privatarmee Wagner gegen die Führung in Moskau eine weitere Stärkung der Nato-Ostflanke. Sollte Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin mit unklaren Absichten im Exil in Belarus landen, müsse die Sicherheit der Ostgrenze erhöht werden, sagte das Staatsoberhaupt des baltischen EU- und Nato-Landes. Litauen grenzt an Belarus und die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad.

Prigoschin war nach seinem gescheiterten Aufstand vom Wochenende zugestanden worden, straffrei nach Belarus zu gehen, wie der Kreml mitteilte. Am Sonntag war indes noch unklar, ob Prigoschin bereits in das eng mit Russland verbündete Nachbarland unterwegs oder schon dort angekommen ist. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin sehen viele Experten trotz seines Erfolgs im Machtkampf geschwächt. Der Kreml schwieg am Sonntag zu den Vorgängen.

China unterstützt Russlands Bemühen um Stabilität

China unterstützt nach eigenen Angaben die russischen Bemühungen zur Aufrechterhaltung der nationalen Stabilität. Nach der Wagner-Revolte hieß es in einer kurzen Mitteilung des Pekinger Außenministeriums: «Das ist Russlands interne Angelegenheit.» Als «freundlicher Nachbar» und strategischer Kooperationspartner «unterstützt China Russland darin, die nationale Stabilität zu wahren und Entwicklung und Wohlstand zu erreichen».

Australien schickt weitere militärische Ausrüstung

Australien unterstützt die ukrainischen Streitkräfte mit weiterer militärischer Ausrüstung und humanitärer Hilfe im Wert von 110 Millionen Australischen Dollar (67 Millionen Euro). Unter anderem würden 70 Militärfahrzeuge geliefert, darunter 28 M113-Panzerfahrzeuge, sagte Premierminister Anthony Albanese.

Das Land habe der Ukraine seit der Invasion Russlands im Februar 2022 bereits Material im Wert von mehr als 650 Millionen australischen Dollar zur Verfügung gestellt, darunter Bushmaster-Panzerfahrzeuge, Haubitzen des britischen Typs M77 und Drohnen, berichtete der australische Sender ABC. Die Ukraine wiederum habe Australien wiederholt aufgefordert, auch ausgemusterte Kampfflugzeuge und Hawkei-Patrouillenfahrzeuge zu schicken - beides sei aber in der Lieferung nicht enthalten, hieß es in dem Bericht. Er habe diese Entscheidung nach Beratungen mit den australischen Verteidigungsstreitkräften getroffen, sagte Albanese.

Was bringt der Tag

Die Außenminister der EU-Staaten wollen sich in Luxemburg zum Machtkampf in Russland und zu möglichen Auswirkungen auf den Krieg in der Ukraine austauschen. Per Video soll auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba zugeschaltet werden.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius reist nach Litauen, um sich eine Übung der Bundeswehr mit der litauischen Armee anzuschauen. Zusammen mit Pistorius werden Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, die Botschafter des Nordatlantikrats, der litauische Präsident Gitanas Nauseda und der litauische Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas das Manöver «Griffin Storm» beobachten.